Markt Wohnungsmakrt Berlin Prenzlauer Berg Altbaustraße(Copyright: istock.com/Nikada)

Bundesrat will kommunales Vorkaufsrecht ändern

Der Bundesrat setzt sich dafür ein, das kommunale Vorkaufsrecht zum Erhalt bezahlbaren Wohnraums zu stärken. Am 8. April 2022 fasste er auf Initiative der Länder Berlin, Hamburg und Bremen eine Entschließung, die sich an die Bundesregierung richtet. Das kommunale Vorkaufsrecht darf danach u. a. angewendet werden, wenn zu befürchten steht, dass die künftige Bebauung oder Nutzung des Grundstücks den Zielen und Zwecken der Erhaltungssatzung widersprechen wird.

Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, schnellstmöglich einen Gesetzentwurf in den Bundestag einzubringen, um das Baugesetzbuch anzupassen. Die Entschließung wurde der Bundesregierung zugeleitet. Sie entscheidet, wann sie sich mit dem Appell der Länder befasst. Feste Fristen gibt es hierfür nicht.

Hintergrund:

Einen ähnlichen Antrag der Fraktion Die Linke hat der Deutsche Bundestag bereits am 17. Februar 2022 beraten. Die Vorlage wurde nach der Aussprache an den Ausschuss für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen zur federführenden Beratung überwiesen. Der BFW hat hierzu im BFW Newsroom berichtet.

Der BFW ist als Sachverständiger für die am 9. Mai 2022 terminierte öffentliche Anhörung eingeladen.

Eine Neuregelung zum Vorkaufsrecht sieht auch der Koalitionsvertrag vor. Mit der Neuregelung möchte die Koalition die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 9. November 2021 (4 C 1.20) korrigieren (Urteilsbesprechung im BFW Newsroom).

Anmerkungen

Das Bundesverwaltungsgericht stellt mit seiner Entscheidung vom 9. November 2021 klar, dass das gemeindliche Vorkaufsrecht bereits dann ausgeschlossen ist, wenn das Grundstück entsprechend den Zielen oder Zwecken der städtebaulichen Maßnahmen bebaut ist und genutzt wird und eine auf ihm errichtete bauliche Anlage keine Missstände oder Mängel im Sinne des § 177 Abs. 2 und 3 Satz 1 BauGB aufweist.

Die Grenzen für die Auslegung der Norm ergeben sich typischerweise aus dem Wortlaut einer Norm. Und § 26 Nr. 4 BauGB ist dahingehend klar und unmissverständlich formuliert. § 26 Nr. 4 BauGB ist eindeutig und daher ohne Spielräume für andere Auslegungen auf die tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung über das Vorkaufsrecht anzuwenden. Es kommt danach also allein auf die gegenwärtige Bebauung und Nutzung des Grundstücks durch den Verkäufer an. Wegen des klaren Wortlauts der Norm ändert sich auch dann nichts, wenn der Käufer Verwendungsabsichten hat, die auf eine Änderung der bisherigen Nutzung gerichtet sind.

Eine derartige Auslegung, die auf zukünftige Verwendungsabsichten abstellt, lässt der gesetzliche Wortlaut in § 26 Nr. 4 BauGB schlichtweg nicht zu. Die Entscheidungen der Vorinstanzen (VG Berlin, 13 K 724.17, Urteil vom 17.05.2018 und OVG Berlin-Brandenburg, 10 B 9.18, Urteil vom 22.10.2019), die auf eine Prognose zu möglichen Verwendungsabsichten abgestellt haben, waren daher konsequenterweise durch das BVerwG zu korrigieren.

Sollte die politische Diskussion wie in den aktuell diskutierten Anträgen dazu führen, dass eine Prognoseentscheidung zu den Verwendungsabsichten die Ausübung des gesetzlichen Vorkaufsrechts legitimiert, so wird dies kaum rechtssicher gelingen. Eine Prognose ist eben kein faktenbasiertes Tatbestandsmerkmal. Eine bloße Prognose als Tatbestandsvoraussetzung wäre in Anbetracht der weitreichenden Rechtsfolgen und Eingriffstiefe auch unverhältnismäßig.

Fazit: Keine Reform ohne faktenbasierte Tatbestandsmerkmale. Ausgang offen. Wir halten Sie auf dem Laufenden.

Weitere Informationen:

© 2020 BFW Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen e.V.