Technik Allgemein Network Abstraktes 3D Konzept Grafik (Copyright: istock.com/Vertigo3d)

TKG-Novelle aktuell: Chancen zur Korrektur

Der Bundesrat hat in seinem Beschluss zur Novelle des Telekommunikationsgesetzes (TKG) vom 12. Februar 2021 grundsätzlich das Ziel der Bundesregierung begrüßt, Hindernisse eines vielfältigen, offenen und diskriminierungsfreien Wettbewerbs für Telekommunikationsdienste abzubauen. Der Paragraph 2 Nr. 15 der Betriebskostenverordnung (BetrKV) ist daher aus Sicht des Bundesrates in der jetzigen Fassung nicht uneingeschränkt mit diesem Ziel vereinbar.

Der Bundesrat stellt jedoch klar, dass gleichwohl mit der ersatzlosen Streichung von § 2 Nr. 15 BetrKV ein etabliertes Finanzierungsinstrument zur Schaffung von Netzinfrastrukturen mit sehr hoher Kapazität entfällt. Dies betrifft insbesondere hochwertige Glasfaseranschlüsse für Privathaushalte und gilt besonders für kleine und mittlere Unternehmen, die bislang einen wesentlichen Anteil an der Glasfaseranschlussversorgung in Deutschland erbringen. Der Bundesrat bittet deshalb die Bundesregierung, die vorgesehene Streichung von § 2 Nummer 15 BetrKV nicht ersatzlos vorzunehmen.

Stattdessen sollte aus Sicht des Bundesrates geprüft werden, wie durch eine Änderung der bislang geltenden Regelung größtmögliche Investitionsanreize in Netze mit sehr hoher Kapazität, insbesondere in Gebäuden, geschaffen und gleichzeitig Wettbewerbshindernisse beseitigt werden können. Zudem müssen bereits getätigte Investitionen in gigabitfähige Telekommunikationsnetze vor einer Entwertung durch die Streichung von § 2 Nr. 15 BetrKV geschützt und künftige Investitionen abgesichert werden. Mögliche Ansätze sind aus Sicht des Bundesrates unter anderem längere Übergangsfristen, ein rückwirkender Bestandsschutz oder eine stärkere Transparenz bei den zugrundeliegenden Vereinbarungen zwischen Eigentümern und Anbietern.

Anmerkung: Der Beschluss des Bundesrates schafft Orientierungspunkte für eine mögliche Korrektur des aktuellen Gesetzentwurfes, der nach der ersten Lesung im Bundestag am 29.01.2021 in die Ausschüsse verwiesen wurde. Neben der vorgesehenen Streichung der Umlagefähigkeit gem. § 2 Nr. 15 BetrKV ist in dem Entwurf auch ein verkürzter Bestandsschutz für bestehende Anlagen auf maximal zwei Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes vorgesehen. 

Die Hauptkritikpunkte des BFW zum Gesetzentwurf im Einzelnen:

  • Vor dem Hintergrund, dass Marktzugangsbeschränkungen in der EU vermieden werden sollen, soll die mietrechtliche Umlagefähigkeit der laufenden monatlichen TV-Grundgebühren für Breitbandanschlüsse gem. § 2 Nr. 15 BetrKV abgeschafft werden (vgl. S. 208, 456f Gesetzentwurf).
  • Übergangsregelung: § 2 Nr. 15  BetrKV findet nur noch für eine Übergangszeit bis zum Beginn des zweiten auf das Inkrafttreten folgenden Jahres Anwendung, und zwar nur auf Anlagen die vor dem Inkrafttreten der gesetzlichen Neuregelung in Betrieb gesetzt worden sind (S. 208, 456f Gesetzentwurf).
  • Kündigungsrecht: Gem. § 69 Abs. 2 i. V. m. § 54 Abs. 1 S.1 TKG-E können Mieter und Pächter die Beendigung der Inanspruchnahme von Telekommunikationsdiensten gegenüber dem Vermieter / Verpächter erklären, wenn das Miet- oder Pachtverhältnis  mindestens 24 Monate besteht. Mieter können damit die TV-Dienste separat im laufenden Miet- oder Pachtvertrag kündigen (S. 79, 342 f Gesetzentwurf). Begründet wird dies u.a. damit, dass Verbraucher nicht durch vertragliche Hindernisse vom Anbieterwechsel oder einer Vertragsbeendigung abgehalten werden sollen.

BFW-Positionen:

  • Der BFW setzt sich für den Erhalt der Nebenkostenposition gem. § 2 Nr. 15  BetrKV ein, weil hierauf Geschäftsmodelle mit Rahmenverträgen zwischen Immobilienunternehmen und Netzbetreibern basieren, die sowohl für Mieter als auch Vermieter und Netzbetreiber zu einer Win-Win-Win-Situation führen.
  • Der Bestandsschutz für laufende Verträge muss umfassend gewährleistet werden. Aus diesen Gründen darf es auch kein Kündigungsrecht des Mieters / Pächters im laufenden Miet- oder Pachtvertrag geben. Die Langfristigkeit der Rahmenverträge zwischen Immobilienunternehmen und Netzbetreibern müssen neben dem Erhalt der Nebenkostenposition gem. § 2 Nr. 15 BetrKV zumindest auch längere Übergangsfristen von mindestens 10 Jahren enthalten. Grund sind die hohen Investitionssummen für den Breitband- und Glasfaserausbau, die sich nur im Rahmen langfristiger Verträge wirtschaftlich tragfähig refinanzieren lassen. Hinzukommt, dass sich ein gesetzlicher Eingriff in laufende Verträge essentiell auf die Kalkulations- und Geschäftsgrundlage auswirkt, ohne das klar ist, ob und inwieweit Verträge an die neue Gesetzeslage angepasst werden können.
  • Der Beschluss des Bundesrates bietet eine Chance zu einer sachgerechten Korrektur des Gesetzentwurfes. Denn einer der Hauptgründe für die Diskussionen zur TKG-Novelle sind die offenen Fragen zum Mietrecht. Die Sache ist also noch nicht entschieden.
  • Auch in Anbetracht des sehr komplexen TKG- Gesetzentwurfes (465 Seiten!) macht es Sinn, dass politische Streitpotential zu vereinfachen und das Mietrecht aus dem Entwurf herauszunehmen und später ggf. noch einmal separat zu diskutieren („Gründlichkeit vor Schnelligkeit“). Der Weg für einen zeitnahen Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens noch vor der Bundestagswahl würde geebnet. Die nationale Umsetzungsfrist der europäischen Vorgaben (21.12.2020) bleibt im Blick. Ein EU-Vertragsverletzungsverfahren wird vermieden.

Weitere Informationen zum Thema TKG-Novelle finden Sie im BFW-Newsroom hier und unter diesem Link.

Weitere Informationen:

© 2020 BFW Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen e.V.