Verantwortung Klimaschutz Klepmner Warmwasser (Copyright: istock.com / Minerva Studio)

Teilung der CO2-Bepreisung im Mietrecht

Vermieter sollen künftig die Hälfte der Kosten für den seit Jahresbeginn geltenden CO2-Preis auf Öl und Gas tragen. Das geht aus einem Beschluss hervor, den die Bundesregierung begleitend zur Novelle des Klimaschutzgesetzes am 12. Mai gefasst hat. Ein veröffentlichter Gesetzentwurf liegt bislang noch nicht vor. Nun scheint es so, dass die Neuregelungen zur CO2-Bepreisung per Omnibusverfahren in einem sogenannten Trägergesetz eingefügt werden. Das Trägergesetz könnte nach vergleichsweiser kurzer Beratung den Bundestag und anschließend den Bundesrat noch im Juni passieren. So streben es jedenfalls Befürworter der Gesetzesinitiative an.

Überblick der politisch diskutierten Regelungsinhalte

  • Hälftige Teilung der CO2-Kosten für Wärmeversorgung mit Öl und Gas.
  • Keine Anwendung auf Strom.
  • Keine Anwendung auf Fernwärme.
  • Anwendung auf alle Wohnraum- und Gewerbemietverträge.
  • Anwendung auch auf dezentrale Heizungsanlagen: Separate Verträge für dezentrale Heizungsanlagen, wie bei Gasetagenheizungen oder bei Direct- oder Full-Contracting sollen Erstattungsansprüche des Mieters gegen den Vermieter begründen.
  • Härteregelung für verschwenderisches Verbrauchsverhalten der Mieter.
  • Erstattungsansprüche des Mieters wegen des Sanierungszustands der Mietsache.

Die mittelständische Immobilienwirtschaft lehnt die Neuregelungen ab. Die Kritikpunkte und Vorschläge des BFW im Einzelnen:

Die Neuregelung ist ein Investitionshemmnis

Entgegen der Zielsetzung werden keine Impulse zur energetischen Sanierung und zum Austausch von Heizungsanlagen gesetzt. Höhere Kosten durch die CO2-Bepreisung reduzieren vielmehr die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit von Immobilieneigentümern und wirken sich so in vielen Fällen als Investitionshemmnis aus. Insbesondere leistungsfähige Immobilieneigentümer haben bereits umfassend in Energieeffizienz investiert. Diese benötigen keinen Anreiz mehr. Begrenzt leistungsfähige Immobilieneigentümer konnten nicht oder nicht in einem für die Klimaschutzziele relevanten Umfang investieren. Höhere Kosten durch die CO2-Bepreisung verstärken diese Situation und verringern damit tendenziell die Investitionsbereitschaft weiter.

Kein Regelungsbedarf: Verstetigung und laufende Anpassung des Förderrechts

Es besteht kein Regelungsbedarf, Vermieter mit dem CO2-Preis zu belasten. Denn insbesondere mit der neuen „Bundes­förderung für effiziente Gebäude (BEG)“ und den landesförderrechtlichen Regelungen werden bereits umfassende Investitionsanreize gesetzt, die insbesondere vor dem Hintergrund der Klimaschutzziele verstetigt und laufend angepasst werden müssen. 

Entlastung der Mieter durch die Grundmiete bei niedrigerem energetischen Sanierungsstand

Sanierungszustand und Ausstattung von Mietwohnungen werden bereits in der Höhe der Grundmiete abgebildet. Bei einem niedrigeren energetischen Sanierungsstand werden hierdurch Mieter bereits vielfach entlastet.

Praxiskonformität gewährleisten: Folgenbetrachtung durchführen

Entgegen der Zielsetzung ist sehr fraglich, ob die Regelung einfach und praktikabel von Vermietern und Mietern angewandt werden kann. Zweifel ergeben sich insbesondere aus dem Umstand, dass der parlamentarische Willensbildungsprozess in diesem Omnibusverfahren ohne Anhörung der Fachverbände durchgeführt werden soll. Insbesondere der entstehende Verwaltungsaufwand für Vermieter ist in einer Folgenbetrachtung und per Aufwand/Nutzen-Analyse vorab zu prüfen. 

Vorprüfung zur pauschalen Kostenteilung methodisch sachgerecht durchführen

Es ist derzeit nicht nachgewiesen, in welchem Verhältnis Sanierungszustand und Verbrauchsverhalten Einfluss auf den CO2-Verbrauch haben. Dies ist zunächst anhand von Fallgruppen zu evaluieren, um dann in einem zweiten Schritt zu prüfen, inwieweit Pauschalierungen zur Praktikabilität der Nebenkostenabrechnung beitragen können.

Diskrepanz zwischen energetischem Zustand des Gebäudes und Verbrauchseinsparung angemessen berücksichtigen

Es besteht insbesondere eine erhebliche Diskrepanz zwischen der Wärmebedarfsberechnung, die den energetischen Zustand des Gebäudes beschreibt, und dem individuellen Verbrauch der Nutzer. Ein hoher energetischer Standard führt nur teilweise zu relevanten Verbrauchseinsparungen. Ursache ist der überdurchschnittliche individuelle Einfluss des Nutzers auf die Verbräuche, der sich u.a. durch Prebound- und Rebound-Effekte sowie das individuelle Lüftungsverhalten verstärkt. Demgegenüber ist die pauschale Kostenverteilung ohne fachliches Fundament reine Willkür, die im Übrigen auch die gesamtgesellschaftliche Akzeptanz der CO2-Bepreisung aufs Spiel setzt. 

Einige Beispiele:

  • Single, duscht immer in seinem Fitnesscenter. Er ist viel unterwegs und hat daher kaum Heizkosten.
  • Vielköpfige Familie mit Kleinkindern hat regelmäßig einen hohen Heiz- und Warmwasserbedarf.
  • Nutzerverhalten: Heterogener Einfluss des individuellen Lüftungsverhaltens auf die Verbräuche.

Härteregelungen praxiskonform gestalten

Angedachte Ausnahmeregelungen, um verschwenderisches Verbrauchsverhalten der Mieter zu sanktionieren, lassen sich rechtssicher nicht umsetzen. Denn auf Grund der Individualität der Verbräuche lässt sich sozialadäquates zumeist nicht rechtssicher vom verschwenderischen Nutzerverhalten abgrenzen.

Trennung zwischen öffentlichem Recht und Zivilrecht beachten

Etwaige Erstattungsansprüche des Mieters wegen des Sanierungszustands der Mietsache sind zivilrechtlich nicht vorgesehen. Denn der bloße Sanierungszustand des Gebäudes begründet noch keinen individuellen mietvertraglichen Anspruch des Mieters auf Modernisierung. Dies gilt selbst dann, wenn der Vermieter ordnungswidrig Sanierungen unterlässt. Ursache ist die rechtliche Trennung zwischen dem Sanierungszustand als öffentlich-rechtliche Kategorie und dem (zivilrechtlichen) Mietvertrag, bei dem der Anfangszustand der Mietsache Vertragsgegenstand wird.

Umfang der relevanten Brennstoffe rechtssicher bestimmen

Brennstoffe, die insbesondere von Gewerbemietern nicht für Wärme und Warmwasser verwendet werden, sind nicht Teil der CO2-Bepreisung und müssen herausgerechnet werden. Die hierfür erforderliche Abgrenzung ist sehr individuell und lässt sich nicht rechtssicher gesetzlich regeln.

Wohngeld wegen Heizkostensteigerungen anpassen

Das Wohngeld ist anlässlich des Klimaschutzprogramms 2030 zur Vermeidung sozialer Härten um 10 Prozent erhöht worden. Um soziale Verwerfungen für ambitioniertere Klimaschutzziele zukünftig zu vermeiden, ist die Heizkostenkomponente für Mieter entsprechend anzupassen. Anderenfalls erhöht sich das Risiko für Mietschulden und Wohnungsverlust.

Dezentrale Heizungsanlagen nicht mietvertraglich einbeziehen

Verbraucherverträge über Gasetagenheizungen sind nicht Vertragsbestandteil des Mietvertrages. Es ist daher sachgerecht, diese nicht in die mietrechtliche Teilung der CO2-Bepreisung einzubeziehen. Das Gleiche gilt für Wärmeversorgung durch Dritte (sog. Direct- oder Full-Contracting), bei dem die Wärmelieferung aufgrund eines Wärmelieferungsvertrages zwischen dem Contractor und dem Mieter erfolgt. Daneben muss auch der Verwaltungskostenaufwand für die Abwicklung vertragsfremder Erstattungsansprüche des Mieters in einer Folgenabschätzung gesondert evaluiert und in die gesetzliche Vorprüfung einbezogen werden.

Zielkonflikt in Milieuschutzgebieten lösen

Der Genehmigungsvorbehalt in Milieuschutzgebieten, verhindert energetische Modernisierungsmaßnahmen. Die vom Gesetzgeber avisierte Anreizwirkung durch CO2-Bepreisung wird damit in Milieuschutzgebieten konterkariert. Dieser Zielkonflikt muss gelöst werden. Energetische Modernisierungsmaßnahmen müssen zukünftig auch in Milieuschutzgebieten genehmigungsfrei möglich sein.

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