Am 9. April 2025 haben die Spitzen von CDU, CSU und SPD in Berlin den Koalitionsvertrag für die nächste Regierungskoalition vorgestellt. Dieser enthält die Ankündigung eines Investitionsfonds für den Wohnungsbau, die Ausrichtung des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) auf CO₂-Einsparung, die gesetzliche Verknüpfung des Bauvertragsrechts auf die technischen Baubestimmungen der Länder, die Möglichkeit, von den anerkannten Regeln der Technik abzuweichen, sowie die Verlängerung der Mietpreisbremse um vier Jahre.
Hier finden Sie die Maßnahmen für den Themenbereich Bauen und Wohnen im Überblick:
I. Wohnungsbau
1. Novelle des Baugesetzbuchs
Erster Schritt:
- Gesetzentwurf zur Einführung eines Wohnungsbau-Turbos,
- Vorschriften über den Umwandlungsschutz (§250 BauGB) und die Bestimmung der Gebiete mit angespanntem Wohnungsmarkt um fünf Jahre verlängert. (Zeile 713 bis 717)
Zweiter Schritt:
- grundlegende Reform zur Beschleunigung des Bauens,
- Vorkaufsrecht für Kommunen in Milieuschutzgebieten und für Schrottimmobilien werden gestärkt,
- Umgehung von kommunalen Vorkaufsrechten bei Share Deals verhindert,
- selbstnutzende Eigentümer werden wir von den Regelungen des Milieuschutzes ausnehmen,
- TA Lärm, das Bauplanungsrecht und die TA Luft werden weiterentwickelt. (Zeile 717 bis 727)
Bewertung:
- Der Beschluss des sogenannten Wohnungsbau-Turbos ist sehr zu begrüßen.
- Umwandlungsverbote sind Eingriffe in den freien Markt, die die Eigentumsbildung verhindern, ohne dass neue Wohnungen gebaut werden.
- Kommunale Vorkaufsrechte schaffen keine neuen Wohnungen und kosten Steuergelder.
2. Investitions-, Steuerentlastungs- und Entbürokratisierungsoffensive
- Wir kurbeln den Wohnungsbau und die Eigentumsbildung durch eine Investitions-, Steuerentlastungs- und Entbürokratisierungsoffensive an. (Zeile 706 bis 707)
Bewertung:
- Dies ist grundsätzlich zu begrüßen.
3. Gebäudetyp-E-Gesetz und Bauvertragsrecht
- Baustandards werden vereinfacht. (Zeile 728),
- [Es erfolgt] eine gesetzliche Verknüpfung mit den technischen Baubestimmungen der Länder. (Zeile 730 bis 731)
- Das Abweichen von den anerkannten Regeln der Technik stellt künftig keinen Mangel mehr dar. (Zeile 731 bis 732)
Bewertung:
- Die Verknüpfung mit den technischen Baubestimmungen der Länder geht grundsätzlich in die richtige Richtung.
- Die Festsetzung, dass die Abweichung von Anerkannten Regeln der Technik kein Mangel mehr darstellt, ist grundsätzlich sehr zu begrüßen.
- Der Gesetzentwurf aus der letzten Legislaturperiode hat die entscheidenden Punkte nicht beinhaltet.
4. Kostenfolgeprüfung von DIN-Normen
- [Eine] unabhängige Stelle zur Kostenfolgeprüfung von DIN-Normen wird eingesetzt. (Zeile 732 bis 733)
Bewertung:
- Dies ist sehr zu begrüßen.
5. Neubauförderung und Wohneigentum für Familien
- (…) werden steuerliche Maßnahmen verbessert, eigenkapitalersetzende Maßnahmen geschaffen und die Übernahme von staatlichen Bürgschaften für Hypotheken geprüft. (Zeile 735 bis 738)
Bewertung:
- Die Förderung des Neubaus ist grundsätzlich sehr zu begrüßen.
6. Vereinfachung der KfW-Förderprogramme
- Die KfW-Förderprogramme werden zu zwei zentralen Programmen zusammengeführt und vereinfacht: ein Programm für den Neubau und eines für die Modernisierung. (Zeile 738 bis 739)
Bewertung:
- Eine Vereinfachung der Förderprogramme ist grundsätzlich sehr zu begrüßen.
7. Investitionsfonds für den Wohnungsbau
- Zur Vergabe von Eigen- und Fremdkapital soll im Zusammenspiel von öffentlichen Garantien (z.B. KfW) und privatem Kapital ein Investitionsfonds für den Wohnungsbau aufgelegt (…) werden. (Zeile 740 bis 743)
Bewertung:
- Die Aktivierung von privatem Kapital und ein Investmentfonds sind grundsätzlich sehr zu begrüßen.
8. Gebäudeenergiegesetz
- Wir werden das Heizungsgesetz abschaffen. Das neue GEG machen wir technologieoffener, flexibler und einfacher. Die erreichbare CO2-Vermeidung soll zur zentralen Steuerungsgröße werden. Den Quartiersansatz werden wir stärken. Die Sanierungs- und Heizungsförderung werden wir fortsetzen. (Zeile 754 bis 757)
Bewertung:
- Die Umstellung des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) ist grundsätzlich sehr zu begrüßen (siehe BFW-Position).
9. Förderfähigkeit des EH-55-Standards
- Die Förderfähigkeit des EH55-Standards wollen wir zeitlich befristet zur Aktivierung des Bauüberhangs wiederherstellen. (Zeile 758 bis 759)
Bewertung:
- Den EH55-Standard wieder förderfähig zu machen, ist sehr zu begrüßen.
10. Umsetzung der EU-Gebäuderichtlinie (EPBD)
- Die nationalen Gebäudeeffizienzklassen im GEG werden mit unseren Nachbarländern harmonisiert. Spielräume bei der Umsetzung der EPBD schöpfen wir aus. Für eine Verlängerung der Umsetzungsfristen setzen wir uns ein. (Zeile 760 bis 763)
Bewertung:
- Eine Harmonisierung ist abzulehnen.
- Die Ausschöpfung der Spielräume ist zu begrüßen.
11. Sozialer Wohnungsbau
- Investitionen in den sozialen Wohnungsbau werden schrittweise deutlich erhöht. (Zeile 767)
Bewertung:
- Dies ist zu begrüßen.
12. EU-Beihilfevorschriften
- Der Wohnungsbau soll aus den Beihilfevorschriften der EU ausgenommen werden. (Zeile 776)
Bewertung:
- Dies ist zu begrüßen.
Bewertung:
- Dies ist grundsätzlich zu begrüßen.
- Die Steuersätze werden von den Ländern eigenständig festgesetzt. Eine Öffnungsklausel für Ersterwerber kann somit schnell geschaffen werden, jedoch entbindet dies die Länder nicht von der Verantwortung diese auch zu nutzen. Ein fertiger, beschlussfähiger Gesetzentwurf liegt vor.
II. Mietrecht
1. Mietpreisbremse
- Die Mietpreisbremse in angespannten Wohnungsmärkten wird für vier Jahre verlängert. (Zeile 779)
Bewertung:
- Eine Verlängerung der Mietpreisbremse wird abgelehnt.
2. Expertengruppe mit Mieter- und Vermieterorganisationen/ Vorschläge bis 31.12.2026
- Harmonisierung von mietrechtlichen Vorschriften
- Reform zur Präzisierung der Mietwucher-Vorschrift im Wirtschaftsstrafgesetzbuch
- und eine Bußgeldbewehrung bei Nichteinhaltung der Mietpreisbremse. (Zeile 779 bis 783)
Bewertung:
- Strafrechtliche Eingriffe zu Lasten der Vermieter werden abgelehnt.
- Die Diskussion auf fachlicher Ebene ist grundlegend für interessengerechte Regelungsvorschläge. Die Einberufung einer Expertengruppe schafft die Voraussetzungen für eine transparente und fachlich fundierte Diskussion von Regelungsvorschlägen zur Harmonisierung mietrechtlicher Vorschriften.
3. Erweiterte Regulierung in angespannten Wohnungsmärkten
- Indexmieten bei der Wohnraumvermietung,
- Möblierte Wohnungen,
- Kurzzeitvermietungen. (Zeile 783 bis 784)
Bewertung:
- Eine erweiterte Regulierung in angespannten Wohnungsmärkten wird abgelehnt. Es besteht kein nachgewiesenes Regulierungsbedürfnis.
4. Mieterhöhung nach Modernisierung
- Über eine Änderung der Modernisierungsumlage werden wir dafür Sorge tragen, dass
- zum einen wirtschaftliche Investitionen in die Wohnungsbestände angereizt werden
- und zum anderen die Bezahlbarkeit der Miete künftig besser als jetzt gewährleistet bleiben kann.
- So lösen wir das Vermieter-Mieter-Dilemma auf.
- Die Wertgrenze bei Kleinmodernisierungen wird bis Ende 2025 auf 20.000 Euro angehoben. (Zeile 784 bis 788)
Bewertung:
- Eine Reduzierung der Mieterhöhung nach Modernisierung verhindert Investitionen im Bestand und wird daher abgelehnt. Die wirtschaftlichen Spielräume für eine wirtschaftlich tragfähige Bewirtschaftung reduzieren sich. Weniger Rücklagen bedeuten auch weniger Investitionen in einen zeitgemäßen Standard. Insbesondere auch Investitionen in den Klimaschutz werden erschwert oder verhindert.
5. Nebenkosten
- Die Nebenkosten für Mieterinnen und Mieter sollen transparenter und einfacher nachvollziehbar sein. (Zeile 788 bis 789)
Bewertung:
- Der Vorschlag sollte auch in der genannten Expertengruppe diskutiert werden.
6. Steuerliche Förderung für „günstige“ Vermietung
- Damit Vermieten wieder attraktiver wird, gilt: Wer günstig vermietet, wird steuerlich belohnt. (Zeile 788)
Bewertung:
- Sollte die Vermietung von Wohnraum unterhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete gemeint sein, dann ist trotz steuerlicher Belohnung die wirtschaftlich tragfähige Bewirtschaftung gefährdet. Hauptgrund ist, dass sich die ortsübliche Vergleichsmiete durch staatliche Eingriffe ohnehin bereits immer weiter von der Marktmiete entfernt hat. Die Wirtschaftlichkeitslücke würde voraussichtlich nicht durch die Steuervorteile kompensiert werden.
7. Schonfristzahlung
- Um Obdachlosigkeit zu verhindern, soll die Schonfristzahlung einmalig eine ordentliche Kündigung abwenden können (Härtefallregelung). (Zeile 792 bis 793)
Bewertung:
- Es besteht kein Regelungsbedürfnis. In der Regel wird der Zahlungsausgleich oder die Mietschuldübernahme durch einen Dritten, wie das Jobcenter, vom Erhalt der Wohnung abhängig gemacht. Zahlungsausgleich oder Mietschuldübernahme führen dann auch zum Erhalt der Wohnung, weil der Vermieter mit seinem Einverständnis mit Zahlungsausgleich oder Mietschuldübernahme auf die Durchsetzung eines zumeist kostenintensiven Räumungsanspruchs verzichtet.
8. Contracting und Wärmelieferverordnung
- Um sichere Investitionsbedingungen zu schaffen, werden wir die AVB-Fernwärme-Verordnung und die Wärmelieferverordnung zügig überarbeiten und modernisieren und dabei die Interessen des Verbraucherschutzes und der Versorgungsunternehmen ausgewogen berücksichtigen. (Zeile 1.140 bis 1.143)
Bewertung
- Die gesetzlich geforderte Kostenneutralität gem. § 556c BGB verhindert in der Praxis eine flächendeckende Umstellung auf gewerbliche Wärmelieferung mit erneuerbaren Energien. Soll die Wärmewende im vermieten Wohnungsbestand gelingen, muss mietrechtlich nachgebessert werden. Der Umstieg auf gewerbliche Wärmelieferung erfolgt lediglich dann, wenn dieser wirtschaftlich tragfähig ist und Planungssicherheit für bezahlbare Wärmepreisen besteht.
III. Verbraucherschutz
1. Elementarschadensversicherung
- Wir führen ein, dass im Neugeschäft die Wohngebäudeversicherung nur noch mit Elementarschadenabsicherung angeboten wird, und im Bestandsgeschäft sämtliche Wohngebäudeversicherungen zu einem Stichtag um eine Elementarschadenversicherung erweitert werden. (Zeile 2.764 bis 2.767)
Bewertung:
- Die Anbietpflicht ist positiv zu bewerten. Die Versicherungswirtschaft wird verpflichtet, die Elementarversicherung stärker als bisher aktiv bei Versicherungsnehmern anzubieten. Die Absicherung vor Elementarschäden kann hierfür in den Antrag zum Abschluss einer Gebäudeversicherung integriert werden. Es obliegt dann der freiwilligen Entscheidung des jeweiligen Versicherungsnehmers, die Versicherung abzuschließen oder sich dagegen zu entscheiden. Die damit einhergehende Sensibilisierung der Versicherungsnehmer schafft gute Voraussetzungen für eine höhere Versicherungsdichte.
- Daneben könnte mit einer breit angelegten Informationskampagne der Versicherungswirtschaft sowie auch durch Informationen von Bund und Ländern das Bewusstsein für die Gefährdung durch Elementargefahren gefördert werden.
- Es geht darum, die Nachfrageseite stärker zum Abschluss von Elementarschadenversicherungen zu motivieren. Die Eigenverantwortung der Wohngebäudeeigentümer wird gestärkt.
2. Bauträgervertragsrecht
- Wir prüfen, wie wir Verbraucher beim Immobilienkauf besser vor Insolvenz des Bauträgers schützen. (Zeile 2.789)
Bewertung
- Der vorhandene Schutz der Verbraucher reicht, möglicherweise abgesehen von seltenen Einzelfällen, nach dem heutigen Rechtsstand völlig aus.
- Erweiterte Sicherungsverpflichtungen für Bauträger würden lediglich zu einer signifikanten Erhöhung des Insolvenzrisikos und im Übrigen zwingend auch zu einem regelrechten „Abwürgen“ des ohnehin beispiellos angespannten Marktes für Wohnneubauten sorgen.
BFW-Position: Die für den Neubau geplanten Maßnahmen sind positiv zu bewerten. Vom Bauvertragsrecht über die Neugestaltung des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) bis hin zum Investitionsfonds für den Wohnungsbau sind viele BFW-Forderungen im Papier zu finden. Vom BFW-100-Tage-Sofort-Programm (hier) finden sich sieben von zwölf Punkten im Koalitionsvertrag wieder. Scharf kritisiert der BFW hingegen die Mietpreisbremse sowie weitere mietrechtliche Eingriffe. Die Reduzierung der Mieterhöhung nach Modernisierung verhindert Investitionen im Bestand.
Co-Autor: Franco Höfling
- Lukas Behrendt Senior, Referent für Politik und Europa
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