Der BFW Bundesverband legt ein Sofortprogramm für den Wohnungsbau in Deutschland vor. Insgesamt zwölf Maßnahmen können innerhalb der ersten 100 Tage der neuen Bundesregierung auf den Weg gebracht werden.
1. Eigenständiges Bauministerium erhalten und stärken.
Die Gründung des eigenständigen Bundesbauministeriums war richtig. Jedoch sind viele Zuständigkeiten in anderen Ressorts verblieben. Das Gebäudeenergiegesetz (GEG) und die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) sind beim Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK). Das Mietrecht ist im Bundesministerium der Justiz (BMJ) und die degressive AfA und die Sonder-AfA im Bundesministerium der Finanzen (BMF). Das Bauressort muss eigenständig bleiben und benötigt mehr Kompetenzen, um Bau- und Wohnungspolitik zielgerichteter ausüben zu können. GEG und BEG gehören unbedingt zu Bauen und Wohnen.
2. Paradigmenwechsel von Energieeffizienz zu Emissionseffizienz.
Das aktuelle Gebäudeenergiegesetz (GEG) ist auf Energieeffizienz ausgerichtet. Der BFW Bundesverband fordert einen Paradigmenwechsel hin zu Emissionseffizienz. Die Anforderungssystematik für den Bau von Gebäuden muss grundlegend überarbeitet werden. Nur mit einer Ausrichtung auf Emissionseffizienz können die Klimaziele erreicht werden.
Siehe hierzu auch:
BFW-Positionspapier: Das neue GEG: Dekarbonisierung durch Technologieoffenheit, 1. September 2023. (Link)
3. Gesetzlichen Neubaustandard wirtschaftlich tragfähig gestalten.
Damit es möglich ist, Projekte frei zu finanzieren und keine staatlichen Gelder in Anspruch zu nehmen, muss der gesetzliche Neubaustandard betriebswirtschaftlich tragfähig ausgestaltet sein, sodass genügend bedarfsgerechter und klimaschonender Wohnungsneubau durch den freien Markt erstellt werden kann. Die freie Finanzierung von Wohnungen muss die Regel sein. Für den zukünftigen Neubaustandard muss daher im Vorfeld die Wirtschaftlichkeit geprüft und nachgewiesen werden.
4. Förderprogramme neu ausrichten.
Förderungen sind lediglich ein Impuls für neue, sich selbst tragende Geschäftsmodelle. In der aktuellen Wohnungsbaukrise ist eine auskömmliche Förderung, die sich am ordnungsrechtlichen Grundstandard EH 55 orientiert zwar nötig, um die Baukonjunktur zu beleben, jedoch soll diese nur zeitlich begrenzt sein, bis die Wirtschaftlichkeit des freien Wohnungsbaus wiederhergestellt und die Umstellung des GEG auf Emissionseffizienz vollzogen ist.
5. Sonder-AfA für EH 55 (bisher EH 40 QNG).
Die Sonder-AfA für den Mietwohnungsbau war in der Vergangenheit ein großer Erfolg. Die Neuauflage aus dem Jahr 2022 leidet jedoch an zu hohen Hürden. Gefordert wird der höchste mögliche Baustandard EH 40 mit QNG-Siegel. So ist keine Entlastung auf dem Mietmarkt zu erwarten. Die Sonder-AfA muss wieder für den gesetzlichen Neubaustandard EH 55 zur Verfügung gestellt werden.
6. Verlängerung der KfW-Förderfristen für bereits erteilte Förderzusagen.
Der BFW setzt sich dafür ein, dass für bereits erteilte Förderzusagen eine Verlängerung der Realisierungsfristen für die Erstellung von Gebäuden im KfW-55/40-Standard auf mindestens 60 Monate ermöglicht wird. Eine derartige Fristverlängerung erhöht das Realisierungspotenzial zur Umsetzung der Wohnungsbauprojekte – zwar etwas später, aber mit mehr Planungs- und Kostensicherheit für Unternehmen, Käufer und Mieter. Die Projekte können dann insbesondere umgesetzt werden, wenn sich die Rahmenbedingungen wieder normalisiert haben.
7. Absenkung der Mehrwertsteuer für Wohnungsbau.
Neben der Grunderwerbsteuer zählt die Mehrwertsteuer zu den Kostentreibern beim Bauen. Hier kann der Staat durch eine Absenkung der Mehrwertsteuer direkt eingreifen. Wohnen ist ein Grundbedürfnis. Daher ist es Verantwortung des Staates, in einer Krisensituation einzugreifen und die Kosten durch Steuerentlastung abzusenken.
8. Absetzbarkeit von Finanzierungs- und Herstellungskosten für Selbstnutzer.
Bei der Herstellung von Wohnungen und Häusern sollen die Finanzierungs- und Erwerbsnebenkosten für Selbstnutzer steuerlich absetzbar gemacht werden. Dies stellt ein Anreizinstrument dar, um Wohneigentum zu bilden. Bisher erfolgt eine Förderung lediglich mit Einkommensgrenzen und für den EH-40-Standard mit Lebenszyklusanalyse. Wenn Finanzierungs- und Erwerbsnebenkosten absetzbar sind, können die Kosten gesenkt und die wirtschaftliche Attraktivität erhöht werden.
9. Einfaches und bezahlbares Bauen im Bauvertragsrecht ermöglichen.
Der BFW Bundesverband fordert ein Gebäudetyp-E-Gesetz, das seinen Namen verdient und tatsächlich einfaches und bezahlbares Bauen voranbringt. Die Mindeststandards und Standards zur Gefahrenabwehr aus dem Bauordnungsrecht sind auch im Bauvertrags- und Bauträgervertragsrecht ausreichend, sofern die Parteien nichts anderes vereinbaren. Dies muss gesetzlich im BGB klargestellt werden. Überhöhte baukostensteigernde Standards aus der Normung werden so in vielen Fällen vermieden. Das bezahlbare Bauen in Deutschland wird erheblich vereinfacht und beschleunigt. Die gesetzliche Klarstellung im BGB stellt sicher, dass die Gefahrenabwehr wie z.B. Statik und Brandschutz stets gewährleistet ist, während gleichzeitig Baukosten und bürokratischer Aufwand erheblich reduziert werden. Im Übrigen muss sichergestellt werden, dass auch Verträge mit Verbrauchern (B2C-Verträge) in den Anwendungsbereich des Gebäudetyp-E-Gesetzes einbezogen werden. Das kann das bezahlbare Bauen und Wohnen für alle Eigentümer und Mieter voranbringen, weil es dann für alle zur Kostensenkung beiträgt.
Siehe hierzu auch:
Rechtsgutachten zu neuen Regelungskonzepten für die kostengünstige und nachhaltige Durchführung von Bauvorhaben im Bereich des Wohnungsbaus, Prof. Stefan Leupertz, 13. November 2023. (Link)
BID-Memorandum Rechtsgutachten zu neuen Regelungskonzepten für die kostengünstige und nachhaltige Durchführung von Bauvorhaben im Bereich des Wohnungsbaus, 12. Dezember 2023. (Link)
BFW-Argumentationspapier zum Gebäudetyp-E-Gesetz, 20. Dezember 2024. (Link)
10. Eigentumserwerb durch eigenkapitalmindernde Bundesbürgschaften stärken.
Um den Eigentumserwerb zu erleichtern, sollte der Bund Bürgschaften stellen, die eigenkapitalmindernd für den Eigentumserwerb sind. Damit wird sichergestellt, dass auch im europäischen Vergleich Rahmenbedingungen geschaffen werden, die in anderen Ländern längst üblich sind. Die zusätzlichen Steuereinnahmen überkompensieren den für die Bürgschaften erforderlichen Aufwand.
11. Länderöffnungsklausel für Grunderwerbsteuer.
Das Bundesfinanzministerium hat im Jahr 2022 einen sogenannten Diskussionsentwurf für die Ermöglichung einer Länderöffnungsklausel für die Grunderwerbsteuer vorgelegt. Dieser wurde im Bundesrat nicht beschlossen. Jedoch liegt ein Gesetzentwurf vor, der in der nächsten Legislaturperiode sofort aufgegriffen und beschlossen werden kann. Da das Grunderwerbsteuergesetz ein Bundesgesetz ist, muss eine Änderung durch Bundestag und Bundesrat erfolgen. Die Steuersätze jedoch werden von den Ländern eigenständig festgesetzt. Eine Öffnungsklausel für Ersterwerber kann somit schnell geschaffen werden, jedoch entbindet dies die Länder nicht von der Verantwortung diese auch zu nutzen und die Grunderwerbsteuer grundsätzlich für alle zu senken.
Siehe hierzu auch:
Diskussionsentwurf des Bundesministeriums der Finanzen: Entwurf eines Gesetzes zur Novellierung des Grunderwerbsteuergesetzes, 16. Juni 2023. (Link)
BFW-Anschreiben: Generelle Absenkung der Grunderwerbsteuer kurbelt Wohnungsbau an, 27. Juli 2023. (Link)
12. Sonderregelung für den Wohnungsbau (§ 246e BauGB).
Mit einer befristeten Sonderregel für den § 246e BauGB, dem sogenannten Bauturbo, kann der Wohnungsbau deutlich vorangebracht werden. Auch hier liegt ein Gesetzentwurf vor, der in der nächsten Legislaturperiode aufgegriffen werden kann. Der BFW Bundesverband fordert darüber hinaus die Entfristung oder zumindest die Anpassung der Frist an den Planungsvorlauf bis 2035 sowie die Beibehaltung des pflichtgemäßen Ermessens ohne Länderverordnung und des bedarfsgerechten Wohnungsbaus ohne Mindestanzahl an Wohnungen.
Siehe hierzu auch:
Entwurf eines Gesetzes für mehr Steuerung und Akzeptanz beim Windenergieausbau und zur Beschleunigung des Wohnungsbaus, 17. Dezember 2024. (Link)
BFW-Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes für mehr Steuerung und Akzeptanz beim Windenergieausbau und zur Beschleunigung des Wohnungsbaus, 13. Januar 2025. (Link)
- Lukas Behrendt, Senior Referent für Politik und Europa
- E-Mail Kontakt
- 100-Tage-Sofortprogramm