Nachzügler Bundestag Bundesadler (Copyright: istock.com/Cineberg)

Vorkaufsrechte in der politischen Diskussion

Ein Referentenentwurf zum Thema gemeindliches Vorkaufsrecht befindet sich derzeit in der Ressortabstimmung. Dieser greift noch weiter in die Eigentumsrechte ein als der Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE, zu dem am 9. Mai 2022 eine Anhörung von Sachverständigen im Bauausschuss des Bundestages durchgeführt wird. Dirk Salewski vertritt als BFW-Sachverständiger in der Anhörung die Interessen der mittelständischen Immobilienwirtschaft.

Während der Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE für die Ausübung des Vorkaufsrechts immerhin noch eine negative Prognose zu den Nutzungsabsichten vorsieht, begründet beim Referentenentwurf faktisch jeder Veräußerungsfall im Erhaltungssatzungsgebiet ein Vorkaufsrecht. Auf gegenwärtige städtebauliche Missstände = bisherige Gesetzeslage) und/oder eine Prognose zu Nutzungsabsichten (=Antrag DIE LINKE) kommt es nach dem Referentenentwurf für Gebiete mit Erhaltungssatzung nicht mehr an.

Da der Entwurf weiter geht als der Antrag der Fraktion DIE LINKE, treffen viele Argumente aus der BFW-Stellungnahme zum Antrag der Fraktion DIE LINKE vom 2. Mai 2022 ebenso zu. Durch den Wegfall der Prognose zu Nutzungsabsichten ist aber wahrscheinlich die mit evtl. Verfassungswidrigkeit erkaufte Praktikabilität einfacher. Die Komplexität verbietet einen gesetzgeberischen „Schnellschuss“.  Ein Prüfauftrag, wie er sich im Koalitionsvertrag wiederfindet, implementiert Gründlichkeit statt Schnelligkeit.

Anmerkungen

Ziele: Der Referentenentwurf ist nicht zielführend und wird abgelehnt. Ein erweiterter Anwendungsbereich für gemeindliche Vorkaufsrechte kann nicht den Erhalt der Wohnbevölkerung im Milieuschutzgebieten fördern.

Die Erhaltungssatzungen selbst schaffen bereits die Voraussetzungen für den gesetzlich intendierten Milieuschutz. Eine Verdrängung der Bevölkerung durch eine schleichende Umstrukturierung wird hierdurch bereits vermieden.

Prämissen: Dem gemeindlichen Vorkaufsrecht kommt bei der Bewältigung des Problems bezahlbaren Wohnraums nicht die Bedeutung zu, die ihm in der politischen und medialen Diskussion vielfach zugeordnet wird.

Die Diskussion wird im Wesentlichen durch politische Ideologie getragen. Das fachliche Fundament ist mehr als brüchig. Dies unterstreicht nicht zuletzt der Umstand, dass zum Beispiel die Stadt Berlin es sich leistet, mit dem ihr gehörenden 355 Hektar großen Areal des ehemaligen Flughafens Berlin Tempelhof „die größte innerstädtische Freifläche der Welt“ von jeder Bebauung frei zu halten.

Man muss sich daher bewusst machen, was das Instrument des Vorkaufsrechts leisten kann und was nicht. Verankert ist es im Städtebaurecht, einer Materie, die nicht der Miethöhenregulierung dient. Zur Baulandmobilisierung taugt das Vorkaufsrecht ebenfalls nicht. In sozialen Erhaltungsgebieten schützt es nur Bestandsmieter, schafft keine einzige neue Wohnung und leistet damit auch keinerlei Beitrag zur ambitionierten Zielsetzung der Bundesregierung von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr.

Das BVerwG verbessert Rechtssicherheit. Gesetzliche Korrektur nicht geboten.

  • Das Bundesverwaltungsgericht schafft mit dem Urteil vom 9. November 2021 (Az. 4 C 1.20) eine längst überfällige Rechtssicherheit für Normadressaten. Gesetzliche Regelungen sind eben kein Spielball für ideologiegesteuerte kreative Gesetzesanwendung. Weil das Bundesverwaltungsgericht genau diese fachliche Selbstverständlichkeit klarstellt, ist eine Korrektur durch den Gesetzgeber nicht geboten.
  • Das BVerwG stellt mit seiner Entscheidung vom 9. November 2021 klar, dass das gemeindliche Vorkaufsrecht bereits dann ausgeschlossen ist, wenn das Grundstück entsprechend den Zielen oder Zwecken der städtebaulichen Maßnahmen bebaut ist und genutzt wird und eine auf ihm errichtete bauliche Anlage keine Missstände oder Mängel im Sinne des § 177 Abs. 2 und 3 Satz 1 BauGB aufweist. Diese faktenbasierten Tatbestandsmerkmale sind bei einer wortlautgemäßen Anwendung auch rechtssicher und praktikabel. Es bestehen keine Regelungslücken.
  • Die Grenzen für die Auslegung der Norm ergeben sich typischerweise aus dem Wortlaut einer Norm. Und § 26 Nr. 4 BauGB ist dahingehend klar und unmissverständlich formuliert. § 26 Nr. 4 BauGB ist eindeutig und daher ohne Spielräume für andere Auslegungen auf die tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung über das Vorkaufsrecht anzuwenden. Es kommt danach also allein auf die gegenwärtige Bebauung und Nutzung des Grundstücks durch den Verkäufer an. Wegen des klaren Wortlauts der Norm ändert sich auch dann nichts, wenn der Käufer Verwendungsabsichten hat, die auf eine Änderung der bisherigen Nutzung gerichtet sind.

Die Stellungnahme des BFW finden Sie unten.

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