Justiziar/Referent Recht, Energie, Bautechnik
Die coronabedingten Beschränkungen für Hotelbetriebe begründen keinen zur Minderung berechtigten Mangel der Mietsache, führen aber zu einer Störung der Geschäftsgrundlage mit einem Anspruch auf Vertragsanpassung. Das hat das Landgericht München I in einem Urteil vom 25. Januar 2021 entschieden (31 O 7743/20).
Die Entscheidung, ob und in welchem Umfang die Höhe der zu zahlenden Miete im Rahmen der Vertragsanpassung nach § 313 Abs. 1 BGB herabzusetzen ist, bedarf neben dem Rückgriff auf allgemeine Wertungen zur Risikoverteilung zusätzlich einer konkreten Begründung anhand der Umstände des Einzelfalls.
Sachverhalt:
Im konkreten Fall geht es um ein Hotel in Bayern, das während des ersten Lockdowns von April bis Juni 2020 von einer zumindest teilweisen Betriebsschließung betroffen war, weil in dieser Zeit der Hotelbetrieb nur für Geschäftsreisende gestattet war. Der Vermieter (Verpächter) klagt gegen den Mieter (Pächter) die ausstehenden Mieten für April bis Juni 2020 ein.
Berechnung der Vertragsanpassung:
Das Landgericht nimmt in diesem Einzelfall eine vertragliche Teilung des Pandemie-Risikos zwischen Vermieter und Mieter im Verhältnis 50:50 vor, jedoch mit nachfolgenden Einschränkungen:
Es wird nur der Teil der Miete in die Teilung einbezogen, der auf den Wegfall der privaten Hotelgäste entfällt, hier 77,8 Prozent. Davon wird noch ein Abschlag von 5 Prozent vorgenommen, weil der Mieter nach wie vor Besitz am Hotel hatte und noch Modernisierungsmaßnahmen oder Ähnliches vornehmen konnte.
Der coronabedingte Umsatzausfall beträgt danach 72,8 Prozent.
Dem Mieter ist es aus Sicht des Gerichtes zuzumuten, Rücklagen in Höhe von 20 Prozent des EBITDA (=Gewinn/Betriebsergebnis vor Steuern) der letzten drei Jahre zu bilden, also 60 Prozent des Gewinns eines Jahres. Insoweit ist hierfür aus Sicht des Gerichtes ein weiterer Abzug vorzunehmen.
Anmerkung:
Das Landgericht München stellt klar, dass die Grundsätze über die Störung der Geschäftsgrundlage aus § 313 Abs. 1 BGB bereits vor der Neuregelung des Art. 240 § 7 EGBGB anwendbar waren. § 313 Abs. 1 BGB setzt keine Existenzgefährdung des Mieters voraus.
Die ab dem 01.01.2021 geltende Neuregelung des Art. 240 § 7 EGBGB enthält lediglich eine gesetzliche Klarstellung, dass sich die Grundlagen des Gewerbemietvertrages durch Corona schwerwiegend verändert haben (=Vermutungsregelung zum realen Element). Mehr nicht. Weitere Einzelheiten in der BFW-Mitgliederinfo vom 18.12.2020, die wir auf Anforderung gern noch einmal übersenden.
Diese Einzelfallentscheidung liefert methodische Ansätze, wie ggf. eine coronabedingte Vertragsanpassung gem. § 313 BGB berechnet werden kann.
Sicherlich, das Gericht hat sich bemüht, diesen Einzelfall mit Pauschalierungen pragmatisch zu lösen. Vor dem Hintergrund, dass bei einer Vertragsanpassung jedoch die Besonderheiten des Einzelfalles zu beachten sind, ist nur schwer nachvollziehbar, wie das Gericht zu der pauschalen Vertragsanpassungsquote (50:50) und der „Rücklagenpauschale“ von 20 Prozent des EBITDA kommt. Bei konsequenter Anwendung von § 313 BGB verbieten sich aus Sicht des BFW jedoch jegliche Pauschalierungen. Relevant für die Immobilienpraxis ist immerhin, dass eine Rückstellungsposition in die Berechnung einbezogen werden kann. Die Höhe richtet sich dann nach dem jeweiligen Einzelfall.
- RA Franco Höfling
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