Recht Allgemein Plenarsaal Berlin (Copyright: istock.com / dstaerk)

Quo vadis, Baugesetzbuch?

1,5 Millionen neue Wohnungen bis 2021. So lautet das Vorhaben der Bundesregierung im Koalitionsvertrag 2018. Der Bedarf an bezahlbarem Wohnraum sei weiterhin groß und steigende Mieten und Kaufpreise würden die Haushalte mit unteren und mittleren Einkommen zunehmend belasten. Für eine „nachhaltige Baulandmobilisierung und Bodenpolitik“ sollte eine Enquête-Kommission eingesetzt werden.

Der BFW unterstützt alle politischen Bestrebungen, Hemmnisse bei der Baulandbereitstellung abzubauen und ist stets zum Dialog mit der Politik bereit. Nach nunmehr 2,5 Jahren überwiegen aber die Zweifel, an der Effektivität der sich abzeichnenden Maßnahmen.

Arbeit der Baulandkommission

Im September 2018 wurde aus der vereinbarten Enquête-Kommission die lediglich mit Vertretern der Regierungsfraktionen besetzte “Baulandkommission“. Mit weiteren Vertretern von Bund, Ländern und Kommunen, aus Verbänden und Wissenschaft sollten Handlungsempfehlungen für eine schnelle und nachhaltige Baulandmobilisierung die Grundlage für eine Novelle des Baugesetzbuches werden.

Enttäuschende Ergebnisse

Nach 9 Monaten lagen die Empfehlungen vor. Dabei zeigte sich der Webfehler im Meinungsfindungsprozess innerhalb der Kommission. Zwar gehörte der BFW der Kommission offiziell an und wurde von Vizepräsident Frank Vierkötter vertreten. Die Ausarbeitung des Abschlussberichtes war aber den anwesenden Landesbauministern und Bundestagsabgeordneten vorbehalten, eine finale Einflussnahme somit ausgeschlossen. Das entsprechend der heterogen zusammengesetzten Kommission ambivalente Ergebnis war nicht überraschend:  Verzögerung statt Beschleunigung, kommunale Baulandbevorratung statt kommunale Baulandmobilisierung.

Entwurf der BauGB-Novelle

Mittlerweile liegt der Gesetzentwurf zur Mobilisierung von Bauland vor und macht  die Empfehlungen der Baulandkommission zum Gegenstand der Novellierung. An der Länder- und Verbändeanhörung hat sich der BFW mit einer Stellungnahme beteiligt.

Der Name „Baulandmobilisierungsgesetz“ steht im diametralen Gegensatz zu den meisten Regelungsgegenständen des Entwurfes. Dem ursprünglichen Ziel, Bauland zu aktivieren und bezahlbares Wohnen zu sichern, können die vorgelegten Maßnahmen nur teilweise Rechnung tragen. Die Ausweitung kommunaler Handlungsmöglichkeiten schafft keine Anreize für private Investitionen in den Wohnungsbau. Konjunkturelle Impulse vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie werden nicht gesetzt.

Das Problem bleibt zu wenig Bauland und der zu lange Prozess der Baulandschaffung. Die verlängerte, befristete Einbeziehung von Außenbereichsflächen in das beschleunigte Verfahren gemäß § 13b BauGB, Ausnahmen und Befreiungen in §§ 31, 34 BauGB und die Flexibilisierung der Obergrenzen in § 17 BauNVO sind zwar positiv. Eine nachhaltige Beschleunigung wird so aber nicht erreicht.

Neuer „sektoraler B-Plan“ in § 34er-Gebieten

Einen neuen B-Plantyp einzuführen, um „einfacher Bauland mobilisieren zu können“, ist vollends praxisfern. Dem Baugenehmigungsverfahren wird ein zusätzliches Planungsverfahren dort  vorgeschaltet, wo es bisher nicht erforderlich ist. Das bislang schnellste und effektivste Instrument für neuen Wohnraum, das Einfügungsgebot des § 34 BauGB, wird entwertet und Bauen im gegenüber dem Außenbereich bevorzugten Innenbereich erschwert. Zudem ist ohne Obergrenze des Anteils von Sozialwohnungen in sektoralen B-Plänen ein räumliches Übergewicht von sozialer Wohnraumförderung zu befürchten.

Vorkaufsrechte, §§ 24, 25, 28 BauGB

Vorkaufsrechte dienen der Sicherung der gemeindlichen Bauleitplanung und dürfen nicht zur pauschalen Wohnbaulandbeschaffung ausgeübt werden. Die verlängerte Ausübungsfrist von 2 auf 3 Monaten steht einer Verfahrensbeschleunigung und einer schnelleren Bebauung von Grundstücken entgegen.

Ausweitung des Baugebots, § 176 BauGB

In einer Zeit, in der Bauen wegen langer Verfahren, Kapazitätsengpässen in Verwaltung und Bauwirtschaft und Widerständen bei Anwohnern nur erschwert möglich ist, ist kurzfristig realisierter, großvolumiger Neubau durch Baugebote unrealistisch. Statt Zwang sind Anreize für Bauwillige zeitlich und fiskalisch vorzugswürdig, quantitativ wirkungsvoller und wahren den Rechtsfrieden. Um ein Baugebot durchzusetzen, können Kommunen nur Verwaltungszwang ausüben und müssen in einem Enteignungsverfahren den Eigentümer ggf. nach dem Verkehrswert entschädigen. Angesichts der Grundstückspreise in Gebieten mit Wohnraummangel bedeutet dies eine Belastung der kommunalen Haushalte, die angesichts der fiskalischen Auswirkungen der Corona-Pandemie nicht im öffentlichen Interesse steht. Mit Sorge muss insbesondere auch die denkbare Möglichkeit der Kommunen bewertet werden, einen sektoralen B-Plan mit einem Baugebot durchzusetzen.

Umwandlungsverbot, § 250 BauGB

Es ist befremdlich, dass der Verkauf von modernisierten, umgewandelten Wohnungen an Einzelerwerber in der Gesetzesbegründung explizit als „Problem“ gesehen wird. Konsens sollte sein, die Mischung verschiedener Eigentümergruppen und Nutzungen ist für eine lebendige Stadt sinnvoll. Weder der Erhalt von unaufgeteilten Gebäuden noch eine bestimmte Mietwohnungsquote ist ein ausdrückliches städtebauliches Ziel. Im Gegenteil: Ausdrückliches städtebauliches Ziel im Baugesetzbuch und der effektivste „Mieterschutz“ überhaupt ist die „Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung“. Nur so kann selbstbestimmtes Wohnen gefördert, die Möglichkeit zur Altersvorsorge durch Teilhabe an Wertentwicklungen ermöglicht und eine identitätsstiftende Verbundenheit mit dem Quartier hergestellt werden. Das Argument, Mieter könnten sich den Kauf ihrer Wohnungen ohnehin nicht leisten, ist zynisch und in dieser Pauschalität fragwürdig. Selbst wenn dem so wäre, ist es an der Politik, Eigentum finanziell zu ermöglichen und nicht rechtlich zu erschweren. Bei limitiertem Wohnungsangebot führen Umwandlungsverbote zur weiteren Verknappung des Angebotes und damit zu steigenden Preisen. Weitere Einkommensgruppen, die gern Wohneigentum – sei es zur Selbstnutzung oder Altersvorsorge – erwerben möchten, werden somit benachteiligt.

Es bleibt dabei: Bester Garant für bezahlbares Wohnen ist ein Angebot, das die Nachfrage übersteigt. Voraussetzung für den hierfür nötigen Neubau ist die umfangreiche Ausweisung neuen bzw. die bessere Ausnutzung vorhandenen Baulands, welches nur durch die Schaffung von entsprechendem Baurecht durch die Gemeinden aktiviert werden kann.

Der Einfluss der Anhörung und unserer Stellungnahme, die unten abrufbar ist, bleibt abzuwarten. Wir werden unseren Einfluss geltend machen, dass dieser Entwurf in dieser Form nicht Gesetz wird.

© 2020 BFW Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen e.V.