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Mietspiegelverordnung passiert den Bundesrat

Nach dem Mietspiegelgesetz hat der Bundesrat am 17.09.2021 auch der Mietspiegelverordnung (MsV) zugestimmt. Sie tritt ebenso wie das zugrundeliegende Mietspiegelgesetz am 01.07.2022 in Kraft. Die Mietspiegelverordnung regelt Methodik, Verfahren, Dokumentation und Veröffentlichung von Mietspiegeln. Der Regelungsumfang richtet sich nach der Ermächtigungsgrundlage gemäß § 558c Abs. 5 BGB.

Auswirkungen und Handlungsempfehlungen für die Immobilienpraxis

Die Mietspiegelverordnung verbessert sicherlich die Orientierung bei der Erstellung von Mietspiegeln. Andererseits handelt es sich um einen Türöffner für das Bundesjustizministerium, um zukünftig Kriterien für einfache und qualifizierte Mietspiegel am Bundestag vorbei zu definieren. Die politische Instrumentalisierung des Mietspiegels als verkappte Mietpreisbremse wäre dann mehr als nur ein theoretisches Risiko.  Ein signifikantes Beispiel ist die sogenannte Spannenbildung gem. § 15 Abs. 3 MsV. Hier besteht das Risiko, das vereinfachte Mathemantik die Qualität des qualifizierten Mietspiegels als „Spiegel des Marktes“ entwertet. § 15 Absatz 3 MsV regelt, dass bei der Erstellung der Mietspiegel, die oberen und unteren 1/6 bis 1/8 der erfassten Mietwerte pauschal gekappt werden, ohne einzelfallbezogen zu prüfen, inwieweit es sich hierbei wirklich um Wuchermieten oder Gefälligkeitsmieten handelt. Viele reguläre Mieten, die sich insbesondere im oberen Bereich befinden und die Marktdynamik sehr gut abbilden würden, fallen hierdurch pauschal aus der statistischen Betrachtung.  

Praktische Relevanz für das operative Tagesgeschäft bekommt die Mietspiegelverordnung in Verbindung mit § § 5558d Abs. 1 Satz 2 BGB. Entspricht danach ein qualifizierter Mietspiegel den Anforderungen für qualifizierte Mietspiegel in der Mietspiegelverordnung, so wird widerleglich vermutet, dass er nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt worden ist. Dies führt auf den ersten Blick zu mehr Transparenz und Sicherheit bei der Rechtsanwendung. Liegt eine Rechtsverordnung vor, kann nach der gesetzlichen Intention einfacher als bisher beurteilt werden, ob ein Mietspiegel nach wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt wurde. Aber das ist nur auf den ersten Blick richtig.

Mietspiegelverordnung: „Rechtssicherheit sieht anders aus“

Bisher musste der Mietspiegel die „anerkannten wissenschaftlichen Grundsätze“ einhalten, jetzt muss es die Mietspiegelverordnung sein. Bei Einhaltung der Mietspiegelverordnung wird per Fiktion vermutet, dass die wissenschaftlichen Grundsätze eingehalten wurden. Es ist am Ende kein Vorteil, sondern ein Problem, dass jetzt zumindest teilweise konkrete Anforderungen in der zukünftigen Mietspiegelverordnung aufgestellt werden. Während bisher ein gewisser Beurteilungsspielraum für Gerichte und ggf. auch für Sachverständige bestand, um die Einhaltung der Grundsätze zu überprüfen, liegen jetzt zahlreiche Vorgaben vor, bei deren kleinster Nichteinhaltung die Qualifikation entfällt.  Mit jedem weiteren Begriff in der Mietspiegelverordnung wird die Angriffsfläche vervielfacht. Hieraus eröffnen sich für Vermieter einige Chancen, wenn sich die Mietspiegelwerte zu weit von den Marktverhältnissen entfernen und Vermieter die Mieterhöhung in Abweichung vom Mietspiegel mit drei Vergleichswohnungen oder einem Sachverständigengutachten erfolgreich begründen möchten. Mit jedem Begriff in der Mietspiegelverordnung steigt im Übrigen auch das Risiko divergierender Gerichtsentscheidungen. Klar ist nur, Rechtssicherheit sieht anders aus.

Pragmatischer Umgang mit „Chancen der Reform“ empfehlenswert

Prozessual erforderlich ist zunächst, dass der Vermieter substanziiert bestreitet, dass der Mietspiegel qualifiziert ist.  Dass die Verordnung eingehalten wurde, muss dann der Mieter beweisen, der sich auf die Qualifikation beruft. Sollte dies dem Mieter gelingen, obliegt dem Vermieter der Gegenbeweis, dass die anerkannten wissenschaftlicher Grundsätze nicht eingehalten worden sind.Das ist alles durchaus kompliziert und konfliktträchtig. Vermietern kann daher nur empfohlen werden, pragmatisch mit den „Chancen der Reform“ umzugehen. Soweit wie möglich sollten Vermieter wie bisher einvernehmliche Lösungen mit den Mietern ohne Rechtsstreit anstreben. Wirtschaftlich tragfähige und interessengerechte Lösungen sind hierbei das Ziel.

Weitere Informationen zum Thema Mietspiegel-Reform haben BFW-Mitglieder im Rahmen einer ausführlichen Mitgliederinformation erhalten. Auf Wunsch übersenden wir diese gern auch noch einmal per Mail.

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