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Mietrechtsanpassungsgesetz – Auswirkungen für die Praxis

Am 1. Januar 2019 ist das Mietrechtsanpassungsgesetz (MietAnpG) in Kraft getreten. Im folgenden Beitrag geben wir Ihnen einen ersten Überblick über die praktischen Auswirkungen für Immobilienunternehmen:

Mieterhöhung nach Modernisierung gem. § 559 BGB

Reduzierung und Kappung der Mieterhöhung nach Modernisierung

Regelungsinhalt

  • Reduzierung der Mieterhöhung von 11 auf 8 Prozent
  • Kappungsgrenze
  • Ausgangsmiete ab 7 Euro/qm: Erhöhung um höchstens 3 Euro/qm  innerhalb von sechs Jahren.
  • Ausgangsmiete unter 7 Euro/qm: Erhöhung um höchstens 2 Euro/qm innerhalb von sechs Jahren.

Zeitlicher Anwendungsbereich

Das bisherige Recht gilt noch für alle Modernisierungsmaßnahmen, die bis zum 31. Dezember 2018 ordnungsgemäßangekündigt worden sind. Anderenfalls ist erst der Zeitpunkt der Mieterhöhungserklärung maßgeblich.

Empfehlungen

Nachhaltig agierende Vermieter versuchen, pragmatisch mit diesen investitionsfeindlichen Neuregelungen umzugehen. Daher kann es bei einer Ausgangsmiete unter 7 Euro/qm zunächst sinnvoll sein, die Grundmiete mit der ortsüblichen Vergleichsmiete abzugleichen, um zunächst dahingehende Erhöhungspotentiale mit einer Mieterhöhung gem. §§ 558 ff. BGB auszuschöpfen. Soweit die Anpassung an die ortübliche Vergleichsmiete zu einer Grundmiete von mindestens 7 Euro/qm führt, besteht sodann für Modernisierungsmaßnahmen immerhin ein Erhöhungspotential von 3 Euro/qm.

Soweit Modernisierungsmaßnahmen im bewohnten Zustand wirtschaftlich nicht darstellbar sind, müssen diese Maßnahmen begrenzt oder auf Instandsetzungsmaßnahmen reduziert werden.

Denkbar ist jedoch auch, dass Vermieter stärker als bisher auf die Leerstandssanierung einzelner Wohnungen bei Mieterwechsel setzen, weil die Reglementierung des Mietpreises bei Wiedervermietung weniger restriktiv erscheint. Insbesondere in Gebieten mit Mietpreisbremse kann es sinnvoll sein, im Leerstand umfassend zu modernisieren, weil sodann zumindest die Erstvermietung von der Mietpreisbremse befreit ist.

Eine Leerstandssanierung ganzer Gebäude ist vielfach wohl eher nur ein theoretischer Denkansatz. Denn dies setzt zunächst ausreichend leerstehende Einheiten in den eigenen Beständen voraus, um einen einvernehmlichen Leerzug des sanierungsbedürftigen Gebäudes in die freien Einheiten mit einem sozialen Umzugsmanagement zu organisieren.

Vereinfachtes alternatives Modernisierungsverfahren gem. § 559c BGB

Insbesondere Kleinvermieter verzichten oftmals auf die Durchführung von Modernisierungen, weil sie sich von den Anforderungen, die an die Modernisierungsankündigung sowie insbesondere an ein anschließendes Mieterhöhungsverfahren gestellt werden, überfordert fühlen. Um hier Abhilfe zu schaffen, wird ein vereinfachtes Verfahren eingeführt.

Anwendungsbereich

Das vereinfachte Modernisierungsverfahren kann nur für Maßnahmen angewendet werden, die ab dem 1. Januar 2019 angekündigt werden und ein Investitionsvolumen von 10.000 Euro pro Wohnung nicht übersteigen. Weitere Einzelheiten zu den Voraussetzungen enthält die BFW-Mitgliederinformation, die im Mitgliederbereich der BFW-Website zur Verfügung steht.

Pflichtverletzung gem. § 559d BGB

Die in § 559d BGB genannten Fallgruppen betreffen Verhaltensweisen des Vermieters, die nach dem gesetzgeberischen Willen ein sogenanntes „bewusstes Herausmodernisieren“ nahelegen und bei denen eine Pflichtverletzung des Vermieters widerleglich vermutet wird.

Zeitlicher Anwendungsbereich

§ 559d BGB ist nur auf ein Vermieterverhalten ab dem 1. Januar 2019 anzuwenden.

Regelungsinhalt und Handlungsempfehlungen

Politischer Populismus ignoriert fehlende Nachweise für ein Regelungsbedürfnis.

Dennoch müssen Vermieter nach vorn blicken und auch mit dieser rein ideologisch geprägten Regelung klarkommen, die die Geltendmachung allgemeiner Schadenersatzansprüche gem. §§ 280 ff BGB für den Mieter erleichtern soll. Auch wenn es aus dem Gesetzestext nicht ausdrücklich hervorgeht, so sollen dennoch Verhaltensweisen des Vermieters sanktioniert werden, die zu einem Herausmodernisieren führen können.

Danach wird widerleglich vermutet, dass der Vermieter seine Pflichten aus dem Schuldverhältnis verletzt hat, wenn

  • mit der baulichen Veränderung nicht innerhalb von zwölf Monaten nach deren angekündigtem Beginn oder, wenn Angaben hierzu nicht erfolgt sind, nach Zugang der Ankündigung der baulichen Veränderung begonnen wird (§ 559d Nr. 1 BGB),
  • in der Modernisierungsankündigung ein Betrag für die zu erwartende Mieterhöhung angegeben wird, durch den die monatliche Miete mindestens verdoppelt würde (§ 559d Nr. 2 BGB,
  • die bauliche Veränderung in einer Weise durchgeführt wird, die geeignet ist, zu erheblichen, objektiv nicht notwendigen Belastungen des Mieters zu führen (§ 559d Nr. 3 BGB) oder
  • die Arbeiten nach Beginn der baulichen Veränderung mehr als zwölf Monate ruhen (§ 559d Nr. 4 BGB).

Die o. g. Vermutung gilt nicht, wenn der Vermieter darlegt, dass für das Verhalten im Einzelfall ein nachvollziehbarer objektiver Grund vorliegt. Es kommt also darauf an, dass es für die Verhaltensweisen einen oder mehrere äußere objektive Gründe gibt, die das Verhalten des Vermieters relativieren. Dass dennoch die Neuregelung Rechtsstreitigkeiten fördert, liegt auf der Hand. Denn selbst widerlegliche Vermutungen schaffen erhebliche Verdachtsmomente gegenüber seriös agierenden Unternehmen bereits dann, wenn ein Vermieter größere Modernisierungsmaßnahmen plant.

Hinzu kommt, dass Vermieter für Bauverzögerungen oder Bauunterbrechungen häufig  Mitverantwortung tragen. Wo bei dem Umfang der Mitverantwortung jedoch die Grenzen zu Gunsten des Vermieters zu ziehen sind, ist ebenfalls nicht klar bestimmbar, so dass wohl erst die Rechtsprechung Orientierung geben wird.

Weitere Ausführungen mit Beispielen in der bereits genannten BFW-Mitgliederinformation.

Herausmodernisieren: Durchführung einer baulichen Veränderung in missbräuchlicher Weise gem. § 6 WiStG

Ordnungswidrig handelt, wer in der Absicht, einen Mieter von Wohnraum hierdurch zur Kündigung oder zur Mitwirkung an der Aufhebung des Mietverhältnisses zu veranlassen, eine bauliche Veränderung in einer Weise durchführt oder durchführen lässt, die geeignet ist, zu erheblichen, objektiv nicht notwendigen Belastungen des Mieters zu führen. Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu hunderttausend Euro geahndet werden.

Die Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe, aber auch der Umstand, dass eine finale Absicht des Vermieters nachgewiesen werden muss, dürfte die Praxisrelevanz erheblich begrenzen.

Bloßes billigendes Inkaufnehmen einer etwaigen Beendigung des Mietverhältnisses durch den Mieter ist jedenfalls nicht ausreichend. Ebenfalls nicht ausreichend ist es, wenn es sich bei der Beendigung des Mietverhältnisses um einen sehr erwünschten Nebeneffekt einer unabhängig hiervon geplanten baulichen Veränderung handelt. Will man eine finale Absicht des Vermieters tatsächlich nachweisen, ist genau auch zu derartigen Fällen abzugrenzen.

Mietpreisbremse

Vorvertragliche Auskunftspflicht gem. § 556g Abs. 1a BGB

Die Mietpreisbremse ist um vorvertragliche Auskunftspflichten des Vermieters erweitert worden. Die Textform ist ausreichend. Bislang war der Vermieter erst auf Verlangen des Mieters verpflichtet, umfassend Auskunft über die mietpreisrelevanten Tatsachen zu geben. Dieser Auskunftsanspruch des Mieters bleibt neben der vorvertraglichen Auskunftspflicht bestehen.

Zeitlicher Anwendungsbereich

Die neue gesetzliche Regelung gilt für alle Vertragsabschlüsse ab dem 1. Januar 2019

Sachlicher Anwendungsbereich

Der vorvertraglicher Auskunftsanspruch betrifft alle privilegierenden Tatbestände. Das sind…

  • bestandsgeschützte Vormiete ein Jahr vor Beendigung des Mietverhältnisses,
  • Durchführung von Modernisierungsmaßnahmen in den letzten drei Jahren vor Beginn des Mietverhältnisses,
  • erste Vermietung nach umfassender Modernisierung,
  • Neubau: Zeitpunkt der erstmalige Nutzung und Vermietung nach dem 1. Oktober 2014.

Empfehlungen

Ausreichend ist es nach der Gesetzesbegründung, die Auskunftspflicht gleichzeitig mit der in der Praxis ganz überwiegend stattfindenden Zuleitung eines Mietvertragsentwurfs bzw. des Angebots zum Abschluss eines Mietvertrags zu erfüllen. Nach der Gesetzesbegründung kann die Information in das Mietvertragsdokument aufgenommen werden. Der überarbeitete BFW-Mustermietvertrag enthält entsprechende Formulierungen.

Rechtsfolge bei Verstoß gegen die vorvertragliche Auskunftspflicht gem. § 556g Abs. 1a BGB

Bei Verstoß gegen die vorvertragliche Auskunftspflicht sieht das Gesetz eine rückwirkende Teilnichtigkeit ab Vertragsbeginn in Bezug auf die Privilegierung vor. Die zulässige Miete errechnet sich dann ab Vertragsbeginn lediglich aus der ortsüblichen Vergleichsmiete zzgl. 10 Prozent.

Der Vermieter kann diesen Verstoß jedoch für die Zukunft korrigieren, indem er die vorvertragliche Auskunft nachholt. Für diesen Fall kann er sich dann zumindest zwei Jahre nach der Korrektur auf die Miete unter Einrechnung des Privilegs berufen. Es besteht dann also im Ergebnis Teilnichtigkeit ab Vertragsbeginn bis zwei Jahre nach der Korrektur.

Damit handelt es sich lediglich um eine Teilnichtigkeit auf Zeit. Auch wenn die Heilungswirkung nach dem politischen Kompromiss erst zwei Jahre nach der Korrektur eintritt, so wird doch das mietrechtliche Konfliktpotential zumindest zeitlich und betragsmäßig begrenzt und ist damit tendenziell auch eher einer außergerichtlichen Lösung zugänglich.

Vereinfachte Rüge gem. § 556g Abs. 2 BGB

Soweit eine vorvertragliche Auskunft über privilegierende Tatbestände (s. o.) durch den Vermieter erteilt wurde, hat sich die Rüge des Mieters auf diese Tatsachen zu beziehen. Im Übrigen entfällt die qualifizierte Rüge. Es ist also kein Tatsachenvortrag mehr erforderlich.

Zeitlicher Anwendungsbereich

Die Neureglung betrifft alle Mietverhältnisse, die ab dem 1. Januar 2019 abgeschlossen werden.

Regelungsumfang, Konsequenzen

Der politische Populismus war wiederum stärker als die fachliche Argumentation. Daher ist es in Anbetracht dieser Gesamtumstände tatsächlich ein kleiner Teilerfolg für Vermieter, dass die qualifizierte Rüge in begrenztem Umfang zumindest für die Fälle fortbesteht, in denen der Vermieter einen vorvertraglichen Auskunftsanspruch erfüllt.

Empfehlung

Zur Vermeidung unnötiger Konflikte mit dem Mieter wird Vermietern auch weiterhin empfohlen, die Berechnung der zulässigen Wiedervermietungsmiete stets und für alle Fallkonstellationen umfassend und nachvollziehbar zu dokumentieren und in geeigneter Form zu archivieren. Vermieter sollten stets in der Lage sein, die ermittelte Miete gegenüber dem Mieter nachvollziehbar zu begründen. Das mietvertragliche Vertrauensverhältnis bleibt so erhalten. Rechtsstreitigkeiten werden in vielen Fällen vermieden.

Weitere Informationen:

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