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Bilanz: Wohnungspolitische Fördermaßnahmen der GroKo

„Große Koalitionen müssen Großes leisten!“  – diesen Spruch hört man zum Anfang einer Legislaturperiode noch des Öfteren. Am Ende der zweiten Legislaturperiode scheint dies ein viel zu großer Maßstab. Für die Immobilien- und die immobilienrechtliche Steuerpolitik ist er es mit Sicherheit.

Dabei hätte es viel zu tun gegeben. Niedrigzinspolitik und die starken Schwankungen an den Aktienmärkten haben nicht nur nationales, sondern auch internationales Kapital auf den starken europäischen Player Deutschland und seinen Stabilitätsanker Immobilienmarkt blicken lassen. Doch statt die Finanzströme durch kluge steuer- und finanzpolitische Entscheidungen zu lenken, waren die Parteien viel zu sehr damit beschäftigt, die vermeintliche eigene Wählerklientel zu bedenken, bzw. Machtverhältnisse zu sichern. Man kann den Eindruck gewinnen, die Union will ihre Wähler auf dem Land halten und die SPD keine neuen Wählerschichten in die großen Städte lassen.

Anders kann wohl kaum interpretiert werden, dass die Union sich vehement für das Baukindergeld und die Sozialdemokraten für sozialen Wohnungsbau eingesetzt haben und gemeinsam die Sonderabschreibung für den Mietwohnungsbau verkompliziert und verzögert wurde.

Angesichts der durch staatliche Auflagen getriebenen Neubaukosten, welche inzwischen zu Kaufpreisen über 2.500 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche selbst ohne Grundstückskostenanteil führen, ist das Baukindergeld eher ein Anreiz, bestehende Gebäude außerhalb der Ballungsgebiete zu erwerben, als Neubauten in den sieben A-Städten. Es verwundert daher kaum, dass die KfW zur Jahresbilanz des Baukindergeldes berichtete, dass nur 16 Prozent der Förderung in Großstädte, aber 84 Prozent in Mittel-, Kleinstädte oder den ländlichen Raum flossen. Das Baukindergeld ist damit wohl eher eine Halteprämie für die vorhandenen Wählerstimmen, als eine Unterstützung für den Neustart junger Familien in Ballungszentren. Mit 20 Prozent sind sogar vier Prozentpunkte mehr Förderung in dünn besiedelten Kreisen, als in Großstädten angekommen. Insgesamt wurde ein Viertel des Geldes für Neubauten genutzt, drei Viertel für den Kauf von Bestandsimmobilien. Als Ersatz für die Eigenheimzulage kann das Baukindergeld damit nicht ansatzweise gelten und der Beitrag für mehr Wohnraum in den Ballungszentren ist zu vernachlässigen. Dass dennoch ein Großteil der BFW Mitglieder dem Baukindergeld gute Noten ausgestellt hat, dürfte daran liegen, dass sich auch die Bautätigkeit infolge des schwerfälligen Verwaltungs- und Politikhandelns immer mehr in das Umland verlagert.

Bei der sozialen Wohnraumförderung haben die Länder hoch gepokert. Im Rahmen der Neuordnung des Länderfinanzausgleiches haben sie sich zunächst zusätzliche Punkte aus dem Mehrwertsteueraufkommen für die soziale Wohnraumförderung geben lassen. Als dies durch war, wurde sofort auf den Bund gezeigt und gesagt, er ziehe sich aus der Verantwortung für den sozialen Wohnungsbau zurück. Mit dem Wiedereinstieg bzw. der Verlängerung der Förderung des Bundes war jedoch kein besonderer Schub für neue Sozialwohnungen verbunden. Zu weit klaffen inzwischen Neubaukosten und Sozialwohnungsmieten auseinander. Oftmals wird der Bau von Sozialwohnungen nur im Rahmen von neuen Bebauungsplänen erreicht. Auch, weil die Förderung nicht auskömmlich ist und eine Quersubventionierung aus den anderen Segmenten erfolgt. Immer deutlicher werden die Folgen sichtbar: gebaut wird für die Inhaber von Wohnungsberechtigungsscheinen und im oberen Preissegment. Für die Masse der Leistungsträger der Gesellschaft, den Mittelstand, wird aus dem Wohnungsproblem langsam ein Wohnungsnotstand, insbesondere, wenn sie für eine neue Arbeitsstelle eine Mietwohnung in Ballungszentren suchen. Denn eines ist auch klar, Sozialwohnungen sind wichtig, stehen aber eher der schon in den Städten vorhanden Bevölkerung zur Verfügung. Irgendwie also auch Sicherung der vorhandenen Klientel.

Die Sonderabschreibung für den Mietwohnungsbau hätte dies aufbrechen und auch die privaten Kleinvermieter stärken können. Doch anstatt das Gesetz schnell umzusetzen, ist dieses zunächst im Bundesrat verschollen und wurde überraschend durch den Freistaat Bayern wiederbelebt und zur großen Überraschung verabschiedet. Die im Juni 2019 gegebene Bundesratszustimmung bezog sich damit auf Mietwohnungen, für welche der Bauantrag zwischen dem 31.08.2018 und dem 1.1.2022 gestellt wurde bzw. wird. Das erste Jahr der Wirkung der Sonderabschreibung für ein Mehr an Wohnungsbau war damit schon verspielt.

Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten dürfen 3.000 Euro pro Quadratmeter nicht überschreiten. Angesichts der oben genannten Baukosten eine Grenze, deren Einhaltung schwer zu kalkulieren ist. Zumal die Anschaffungskosten schon durch die hinzukommenden Erwerbsnebenkosten leicht bis zu 115 Prozent der Herstellungskosten ausmachen können. Von entscheidender Bedeutung war daher das Anwendungsschreiben zur Sonderabschreibung und die darin enthaltenen Grundsätze zur steuerrechtlichen Ermittlung der Herstellungskosten und der Wohnfläche. Auch für die Erstellung dieses Anwendungsschreibens ging aber noch einmal ein Jahr ins Land. Erst im Juni 2020 konnten sich die Bauträger sicher sein, dass die Wohnflächenberechnung gerade nicht nach Wohnflächenverordnung erfolgte, sondern eher in Abgrenzung zwischen Wohn- und Gewerberäume. 3.000 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche nach steuerlichen Ansätzen konnten somit durchaus 4.000 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche im notariellen Kaufvertrag entsprechen.

So gut, richtig und wichtig diese Grundsätze waren, keiner der bis dahin gestellten Bauanträge dürfte darauf spekuliert haben und damit wegen der Sonderabschreibung gestellt worden sein. Ein eventueller Effekt für den Mietwohnungsbau durch die Sonderabschreibung ist damit allein auf den Zeitraum August 2020 bis Dezember 2021 begrenzt. Da seit August 2018 die Baukosten weiter gestiegen sind, die Baukostenobergrenze aber nicht dynamisch ist, werden die Effekte zum Auslaufen der Sonderabschreibung ohnehin geringer. Also auch hier eher eine vertane Chance.

Vor diesen Hintergründen überrascht es dann nicht, dass die BFW Mitglieder in einer Umfrage das Baukindergeld überwiegend als wichtiges Mittel für mehr Wohnungsbau und als in der Umsetzung gelungen angesehen haben – die Umsetzung der ebenso wichtigen Sonderabschreibung aber mehrheitlich kritisieren.

Dieser Artikel erschien im Fachmagazin Immobilien Finanzierung in der Ausgabe vom 04.01.2021. Der Autor, RA Christian Bruch, war bis Ende des Jahres 2020 Bundesgeschäftsführer des BFW.

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