
Justiziar/Leiter Recht
Das Bundeskabinett hat den Entwurf eines Gesetzes zur Beschleunigung des Wohnungsbaus und zur Wohnraumsicherung beschlossen. Ziel ist es, Planungsprozesse zu vereinfachen und schneller bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Der Entwurf enthält wichtige Ansätze, bleibt aber in zentralen Punkten hinter den Erwartungen der Immobilienpraxis zurück.
Soll das Gesetz tatsächlich zur Beschleunigung des Wohnungsbaus beitragen, muss erheblich nachgebessert werden. Wir freuen uns über Ihre Hinweise und Vorschläge. Das hilft uns Ihre Interessen noch besser zu vertreten.
Die Ressortabstimmung läuft. Wir halten Sie auf dem Laufenden.
Im Folgenden geben wir Ihnen einen Überblick zu den Regelungen, die zur Baubeschleunigung beitragen sollen und zum Umwandlungsverbot:
Wohnungsbau vereinfachen und beschleunigen (§ 246e BauGB-E).
In Anbetracht der erheblichen Wohnungsnachfrage bei gleichzeitiger Baukrise ist die Einführung einer Sonderregelung für den Wohnungsbau sehr zielführend. Der BFW setzt sich hierfür seit Jahren ein. Die Neuregelung erlaubt Kommunen, vom Baugesetzbuch abzuweichen, wenn dies zur Wohnraumschaffung erforderlich ist. Doch unbestimmte Rechtsbegriffe und eine zu kurze Befristung bis 2030 gefährden die Wirksamkeit. Die Mindestanzahl von sechs Wohnungen reduziert den Anwendungsbereich. Hinzukommen die neu geregelten Spielräume und Anforderungen für die kommunale Zustimmung gem. § 36a BauGB-E, die den Wohnungsbau tendenziell nicht erleichtern (siehe unten).
Zwischenfazit: Für § 246e BauGB-E wären eine Entfristung oder die Anpassung an den Planungsvorlauf bis 2035 sowie konkrete Regelbeispiele für die Abweichung vom Bauplanungsrecht notwendig, um die breite Anwendung rechtssicher zu ermöglichen.
BFW- Kernforderungen zu § 246e BauGB
- Regelung entfristen.
- Abweichungsmöglichkeiten durch Regelbeispiele konkretisieren.
- Bedarfsgerechten Wohnungsbau ohne Mindestzahl von 6 Wohnungen ermöglichen.
Befreiung von Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus (§ 31 Abs. 3 BauGB-E).
Das Einzelfallerfordernis wird gelockert und die Befreiung vom B-Plan ist bundesweit ohne Verordnung gem. § 201a BauGB möglich. Neben dem Neubau sollen Erweiterungen, Änderungen und Nutzungsänderungen im Bestand erleichtert werden.
Zur Wahrheit gehört jedoch auch, dass sich lediglich die Ermessensspielräume für die Kommunen erweitern. Es öffnet sich faktisch ein etwas größeres Ermessensfenster für ein mögliches Abweichen vom Bebauungsplan. Der bisherige tatbestandliche Hindernislauf bleibt im Wesentlichen erhalten und wird wohl weniger als erhofft dazu führen, dass die Gemeinde von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus abweichen. Das in § 36a BauGB-E neu geregelte Zustimmungserfordernis der Gemeinde (siehe unten) ist Ausfluss der gemeindlichen Planungshoheit, baut jedoch weitere Hürden für den Wohnungsbau auf.
Eine verbindliche Regelung („Ist-Vorschrift“) unter Wahrung der kommunalen Planungshoheit wäre aus Sicht des BFW erforderlich, um Investitionen planbarer zu machen.
Nachverdichtung im unbeplanten Innenbereich erleichtern (§ 34 Abs. 3a BauGB-E).
Für die im Zusammenhang bebauten Ortsteile gestattet § 34 Absatz 3a BauGB Abweichungen vom Erfordernis des Einfügens. Dies gilt nun auch für den Neubau. Damit soll eine Regelungslücke bei Erweiterungen geschlossen werden, wie zum Beispiel für Erweiterungen eines Nicht-Wohngebäudes durch entsprechende Aufstockung von Supermärkten mit Wohnraum. Diese Erweiterung ist bundesweit ohne Verordnung gem. § 201a BauGB möglich. Die Ergänzungen ermöglichen auch, dass bei Errichtung einer baulichen Anlage zu Wohnzwecken vom Erfordernis des Einfügens abgesehen werden kann. Voraussetzung dafür ist, dass sich das Vorhaben nach seiner Art in die nähere Umgebung einfügt. Da sich somit das Maß der baulichen Nutzung nicht mehr einfügen muss, wird u.a. die Möglichkeit erweitert, hinter liegende Grundstücke oder Grundstücksteile „in zweiter Reihe“ oder Freiflächen („Höfe“) innerhalb von Wohnblöcken zu bebauen. Die Umsetzung ist jedoch abhängig von der neu in § 36a BauGB-E geregelten Zustimmung der Gemeinde (siehe unten). Hierdurch entstehen, wie auch bei § 31 Abs. 3a BauGB- E und § 246e BauGB-E neue Hürden für den Wohnungsbau.
Zustimmung der Gemeinde muss Bauen praxisgerecht ermöglichen (§ 36a BauGB-E).
Die Zustimmung der Gemeinde wird zum zentralen Hebel für die Vereinfachungen in §§ 31, 34, 246e BauGB-E, aber auch zur potenziellen Hürde. Die Eingriffsintensität ist sehr hoch. Die Zustimmung soll das rechtliche Pendant zum Bebauungsplan sein und ist dementsprechend komplex. Es besteht das Risiko, dass Abweichungen vom Bauplanungsrecht durch zusätzliche Auflagen und Bedingungen für den Vorhabenträger im Rahmen der Zustimmung der Gemeinde erkauft werden. Im Ergebnis bleibt es in vielen Fällen bei der bauplanungsrechtlichen Komplexität.
Auf die Erteilung der Zustimmung der Gemeinde besteht auch kein Rechtsanspruch. Die Gemeinde hat eine sehr weitgehende Gestaltungsfreiheit im Rahmen der gemeindlichen Planungshoheit.
Insbesondere die Zustimmung unter einer oder unter mehreren Bedingungen kann das Bauen erschweren, weil komplexe Vorbedingungen, zum Beispiel zur Umweltverträglichkeit, auf den Investor übertragen werden könnten.
Um das Bauen zu erleichtern, muss aus Sicht des BFW die Pflicht bestehen, die Zustimmung ohne Auflagen oder Bedingungen zu erteilen.
Um dieses Ziel zu erreichen kann ggf. auch die Zustimmungsfrist nach § 36 Abs. 2 S.2 BauGB gesetzlich verlängert werden. Wichtig ist, dass die Zustimmung der Gemeinde innerhalb der gesetzlichen Zustimmungsfrist abschließend, also ohne Bedingungen und Auflagen erteilt wird. Nur dann besteht die Aussicht, dass die bauplanungsrechtlichen Vereinfachungen in §§ 31, 34, 246e BauGB-E zu einer echten Baubeschleunigung beitragen.
Umwandlungsverbot nicht verlängern (§ 250 Abs. 1 S.3 BauGB-E).
Das Umwandlungsverbot ist bislang befristet bis 2025 und soll nun bis 2030 verlängert werden. Der BFW lehnt das ab.
Unter Berücksichtigung von Art. 14 GG ist das Umwandlungsverbot nur eine befristete Übergangslösung, die zwingend das von einer Wohnungsbauoffensive flankiert werden muss. In Zeiten der Wohnungsbaukrise kann diese verfassungsrechtliche Prämisse nicht erfüllt werden.
Der Anwendungsbereich des BauGB umfasst städtebauliche Aspekte. Dazu kann auch die Zusammensetzung des Wohnungsmarktes gehören. Eine allgemeine Definition, welche Zusammensetzung angestrebt wird, gibt es aber nicht. Anerkannt ist lediglich, dass die Mischung verschiedener Eigentümergruppen und Nutzungen für eine lebendige Stadt sinnvoll ist.
Der Erhalt von unaufgeteilten Wohngebäuden ist jedenfalls kein ausdrückliches städtebauliches Ziel. Auch kennt das BauGB den Erhalt einer bestimmten Mietwohnungsquote nicht.
Da vielfach auch aufgeteiltes Wohneigentum vermietet wird, ist dies auch sachgerecht. Vielmehr ist die „Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung“ ausdrückliches städtebauliches Ziel gem. § 1 Abs. 6 Nr. 2 BauGB und der effektivste Mieterschutz überhaupt.
Dies ist auch richtig, weil nur so selbstbestimmtes Wohnen gefördert, die Möglichkeit zur sicheren Altersvorsorge gegeben, die Teilhabe an Wertentwicklungen ermöglicht und ein besonderes Engagement/Verbundenheit mit der Kommune/dem Quartier gefördert wird.
Die erschwerte Aufteilung und damit die Verhinderung des Verkaufs von einzelnen Wohnungen an private Einzelerwerber bedeuten gleichzeitig eine Privilegierung von Investoren, die bei unbedingten Verkaufsabsichten des Eigentümers das gesamte Objekt erwerben. Dies ist umso relevanter, da gerade auch private Einzelerwerber sicherlich nicht den geschäftsmäßigen Antrieb haben dürften, ihre vertragstreuen und zufriedenen Mieter zum Auszug zu bewegen.
Für das soziale Gleichgewicht sorgt bereits das Mietrecht, insbesondere mit den Preisregulierungen.
Schließlich ist zu bedenken, dass zu einem Zeitpunkt eines limitierten Wohnungsangebotes Umwandlungsverbote zur weiteren Verknappung des Angebotes und damit zu einem weiteren Anstieg der Kaufpreise führen. Weitere Einkommensgruppen, die sich gern Wohneigentum – sei es zur Selbstnutzung oder als redlicher Vermieter zur Altersvorsorge – erwerben möchten, werden somit benachteiligt.
- Franco Höfling
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