TA Lärm in der Anhörung- Beitrag für den Wohnungsbau?

Das Umweltministerium hat den Entwurf für eine geänderte TA Lärm vorgelegt. An der schriftlichen Anhörung hat sich auch der BFW mit einer Stellungnahme beteiligt. Es geht u.a. um die Erhöhung nächtlicher Immissionsrichtwerte, wenn Wohnbebauung an Gewerbe heranrückt.

Der Entwurf wird derzeit innerhalb der Bundesregierung diskutiert. Die Ressortabstimmung ist noch nicht abgeschlossen ist. Die Verwaltungsvorschrift bedarf der Zustimmung des Bundesrates.

Die einzelnen tatbestandliche Voraussetzungen im Kurzüberblick:

  • Die Neuregelung gilt für Vorhaben im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, dessen Satzungsbeschluss bis zum Ablauf des 31. Dezember 2032 gefasst worden ist.
  • Der Bebauungsplan muss der Wiedernutzbarmachung von Flächen, der Nachverdichtung oder anderen Maßnahmen der Innenentwicklung dienen.
  • Durch Festsetzungen im Bebauungsplan müssen Fensterkonstruktionen mit Luftzufuhr (passiver Lärmschutz, z.B. Hamburger Fenster) festgelegt werden.
  • Der Bebauungsplan muss Bereiche im Freien vorsehen, die zum Aufenthalt für die Bewohner bestimmt sind und auf denen die Immissionsrichtwerte am Tag eingehalten werden. Messpunkt ist der am stärksten betroffenen Rand der Fläche.
  • In der Abwägung des Bebauungsplans müssen vorrangige Maßnahmen des Lärmschutzes wie Nutzungszuordnung, aktiver Schallschutz, Baukörperstellung und Grundrissgestaltung berücksichtigt und dokumentiert worden sein.
  • Erhöhung der nächtlichen Immissionsrichtwerte: Nur wenn alle Tatbestandsvoraussetzungen in Nr. 7.5 TA Lärm- E erfüllt sind, betragen die erhöhten Immissionsrichtwerte nachts außerhalb von Gebäuden in urbanen Gebieten 50 dB(A) = Erhöhung von 45 dB um 5 dB, in Kern- und Mischgebieten 48 dB(A) = Erhöhung von 45 dB um 3 dB sowie in allgemeinen Wohngebieten 43 dB(A) = Erhöhung von 40 dB um 3 dB.
  • Deckelung für Geräuschspitzen: Hinzukommt eine generelle Obergrenze für Geräuschspitzen. Einzelne kurzzeitige Geräuschspitzen nachts dürfen danach in urbanen Gebieten, Kern- und Mischgebieten 65 dB(A) sowie in allgemeinen Wohngebieten 60 dB(A) nicht überschreiten.

Anmerkungen des BFW

Flächenpotentiale für ein Mehr an Wohnungsbau werden kaum mobilisiert. Bereits die Grundkonzeption von Nr. 7.5 TA Lärm-E muss grundlegend überarbeitet werden.

Zwar können die Spielräume für den Wohnungsbau zumindest im Einzelfall erweitert werden.

Die Grundkonzeption mit einer Vielzahl tatbestandlicher Voraussetzungen ist jedoch ein rechtlicher und technischer Hindernislauf sowie Kostentreiber. Bezahlbares Wohnen rückt damit in weite Ferne. Das ist das Gegenteil dessen, was mit der Klausel gewollt war. Die detailtiefe Regulierung verhindert die gewünschte Flexibilisierung für den Wohnungsbau. 

Ursache für die Zielverfehlung ist, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen in Nr. 7.5 Nr. 1 bis Nr. 4 TA Lärm-E sehr umfassend sind und kumulativ erfüllt sein müssen. Die Beschränkung auf Bebauungspläne und auf erhöhte nächtliche Immissionsrichtwerte reduziert den Anwendungsbereich weiter.

Baukosten laufen aus dem Ruder. Im Spannungsfeld von Lebensqualität und Gesundheitsschutz der Wohnungsnutzer ist die Erhöhung nächtlicher Immissionsrichtwerte lediglich ultima ratio, wenn ansonsten nicht gebaut werden könnte. In diesem bauplanungsrechtlichen Stadium wird sich jedoch in den meisten Fällen die Frage der Erhöhung von Immissionsrichtwerten nicht mehr stellen, weil schlichtweg die Kosten zu hoch sind, um zielgruppengerecht bauen zu können.

Eine einfache ganztägige Erhöhung der Immissionsrichtwerte und eine Klarstellung zur Zulässigkeit passiver Lärmschutzmaßnahmen als Handlungsoption im Rahmen der Ermessenausübung sind stattdessen zielführend. Lärmschutzmaßnahmen, wie z.B. lärmberücksichtigende Grundrisslayouts, Staffelung von Fassaden, besondere Fensterkonstruktionen wie u.a. auch das Hamburger Fenster aber auch andere weniger aufwendige Fensterkonstruktionen sollten neben der Anpassung von Immissionsrichtwerten die Ermessensspielräume erweitern.  

 BFW- Forderungen

  • Gemengelagen auch auf zukünftige Wohnungsbauprojekte anwenden.
  • Gleichstellung des gewerblichen und öffentlichen Verkehrslärms.
  • Immissionsrichtwerte ganztägig erhöhen. 
  • Bauvorhaben ohne Bebauungsplan einbeziehen. 
  • Technologieoffenheit gewährleisten. Vorgaben für Fenster streichen.
  • Valide Vorprüfung zum Erfüllungsaufwand, insbesondere für Fenster mit passivem Lärmschutz nachholen.
  • Baulichen Schallschutz auf geschlossene Außenbauteile begrenzen. Luftzufuhr ist im energieeffizienten Neubau bereits durch Lüftungstechnik gewährleistet.
  • Keine Änderung des maßgeblichen Immissionsortes für Freibereiche.
  • Bauliche Maßnahmen des Lärmschutzes verhältnismäßig gestalten.

© 2020 BFW Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen e.V.