Die schwarz-rote Koalition plant kurzfristige Strompreissenkungen für alle Verbraucher und Unternehmen von mindestens 5 Cent je Kilowattstunde. Für den Großteil der Stromverbraucher reicht dafür bereits eine Absenkung von Steuern und Umlagen.
Für die stromintensiven Industrien sind darüber hinaus weitere Entlastungen angekündigt, deren Ausgestaltung ist allerdings noch vage und zudem beihilferelevant. Langfristig braucht es vor allem eine effiziente Stromversorgung, um die Kosten zu begrenzen.
Um nicht nur die Verbraucher mit den Einnahmen des Emissionshandels zu entlasten, sondern auch den Wirtschaftsstandort Deutschland zu stärken und die Elektrifizierung in allen Sektoren voranzutreiben, plant die neue Bundesregierung aus Union und SPD eine kurzfristige Stromkostenentlastung für alle Verbraucher und Unternehmen von mindestens 5 Cent je Kilowattstunde (kWh). Mit einer „Sofortmaßnahme“ will die neue Bundesregierung die Stromsteuer für alle auf das europäische Minimum senken, die Netzentgelte reduzieren und weitere Umlagen verringern (CDU et al., 2025b).
Diese Absenkung einzelner Stromkostenbestandteile knüpft an die Maßnahmen der vergangenen Jahre an: 2022 schaffte die damalige Regierung die EEG-Umlage zugunsten einer Finanzierung der Förderung Erneuerbarer Energien aus dem Haushalt ab und Ende 2023 beschloss sie eine vorübergehende Absenkung der Stromsteuer für das produzierende Gewerbe. Der darüberhinausgehende Zuschuss zu den Netzentgelten fiel im letzten Jahr aufgrund der angespannten Haushaltslage allerdings geringer aus als ursprünglich geplant.
Entlastungen im Koalitionsvertrag
Im neuen Koalitionsvertrag wird die Absenkung der Stromsteuer auf das europäische Minimum für alle Verbraucher versprochen. Diese liegt bei 2,05 Cent pro kWh für Haushalte und 1,54 Cent für Industrieunternehmen. Bei einem vorgegebenen Minimum von 0,1 beziehungsweise 0,05 Cent würden die jährlichen Einnahmen aus der Stromsteuer bei einer Abschaffung nahezu gänzlich wegbrechen. 2023 lagen die Einnahmen bei 6,8 Milliarden Euro (BMF, 2024). Eine Entlastung der Stromverbraucher durch die Abschaffung der Offshore-Netzumlage, KWK-Umlage sowie § 19 StromNEV-Umlage führt Schätzungen zufolge für 2025 zu einem zusätzlichen Finanzierungsbedarf aus dem Haushalt in Höhe von insgesamt 8,8 Milliarden Euro (ÜNB, 2025). Entsprechend würden eine Absenkung der Stromsteuer und Abschaffung der drei genannten Umlagen bereits jährliche Mehrkosten von mehr als 15 Milliarden Euro für die öffentliche Hand bedeuten.
Viele Verbrauchergruppen würden diese Maßnahmen bereits deutlich entlasten (siehe Abbildung). Einschließlich der damit verbundenen geringeren Mehrwertsteuerbelastung würden die Haushalte bereits um mehr als die angepeilten 5 Cent pro kWh entlastet. Für einen 4-köpfigen Haushalt im Einfamilienhaus mit einem Jahresverbrauch von 4000 kWh bedeutet dies eine jährliche Einsparung von knapp 220 Euro. Im Gewerbesektor und bei kleineren anderweitig nicht entlasteten Industrieunternehmen läge die Entlastung zwischen 4 und 5 Cent.
Zusätzlich möchte die Bundesregierung die Netzentgelte reduzieren und langfristig deckeln (CDU et al., 2025b). Wie und in welchem Umfang dies umgesetzt werden soll, ist jedoch noch offen. Im Sondierungspapier war noch von einer Halbierung der Übertragungsnetzentgelte die Rede (CDU et al., 2025a). Ausgehend von einer Verteilung von 35 zu 65 Prozent von Übertragungs- und Verteilnetzentgelten müssten für eine Halbierung der Entgelte auf Übertragungsnetzebene etwa 17,5 Prozent der Netzkosten zukünftig von der öffentlichen Hand bezahlt werden. In Anbetracht steigender zu refinanzierender Netzkosten ergäben sich durch diese Entlastung Mehrkosten für die öffentliche Hand von über 6 Milliarden Euro jährlich (Schaefer et al., 2024). Diese würden in den kommenden Jahren weiter ansteigen und addieren sich mit den Entlastungen bei Umlagen und Stromsteuer bereits auf 21,6 Milliarden Euro.
Allerdings variiert die Kostenbelastung durch Netzentgelte regional deutlich. Welche Rolle die Entgelte für Übertragungsnetze für einzelne Verbraucher spielen hängt zudem davon ab, welche Netzebenen für die eigene Versorgung in Anspruch genommen werden. Daher ist bei einer vielfach diskutierten Bezuschussung der Übertragungsnetzentgelte zwar von einer entlastenden Wirkung für die Verbraucher auszugehen. Diese variiert allerdings deutlich zwischen einzelnen Verbrauchern.
Sonderfall stromintensive Industrie
Für energieintensive Industrieprozesse gelten bereits verschiedene Ausnahmeregelungen bei Steuern, Umlagen und Netzentgelten. Daher können sie durch die zuvor beschriebenen Maßnahmen nur sehr begrenzt weiter entlastet werden. Zusätzlich wird der Strombezug besonders stromintensiver Prozesse durch die Strompreiskompensation (SPK) entlastet. Dadurch wird die indirekte Belastung durch den europäischen Emissionshandel (ETS) in der Stromerzeugung ausgeglichen, denen internationale Konkurrenten nicht ausgesetzt sind. Die Höhe der SPK richtet sich nach dem Preis einer Tonne CO2 im ETS sowie der CO2-Intensität des Strommix. In 2023 fielen 55,5 TWh und damit in etwa ein Viertel des industriellen Strombedarfs unter diese Regelung (DEHST, 2025).
Um diese energieintensiven Industrien langfristig und in der Breite zu entlasten, plant die schwarz-rote Koalition eine Ausweitung der Strompreiskompensation auf weitere Branchen und zudem die Einführung eines Industriestrompreises. Die Ausweitung der Strompreiskompensation auf weitere und vor allem auch zukunftsträchtige Branchen, wie Batteriefertigungen oder Rechenzentren, ermöglicht die Entlastung im Rahmen bestehender Strukturen (Schaefer et al., 2024).
Wie ein Industriestrompreis ausgestaltet werden soll, ist bislang noch nicht geklärt. Er soll laut Koalitionsvertrag „anderweitig nicht weiter zu entlastende energieintensive Unternehmen“ adressieren (CDU et al., 2025b). Bei derartigen Maßnahmen wie auch bei einer Anpassung der SPK wird die Zustimmung aus Brüssel erforderlich werden. Die Einführung eines zusätzlichen Industriestrompreises sollte mit den bestehenden Entlastungsregelungen abgestimmt werden. Zudem ist es wichtig, die Auswirkungen auf den Strommarkt zu analysieren – insbesondere, ob die Maßnahme flexible Verbrauchsmuster fördert, die zur Netzstabilität beitragen können. Die Kosten für derartige Entlastungen der Industrie werden maßgeblich vom Umfang der berechtigten Stromverbräuche abhängen.
Maßnahmen abstimmen
Die neue Bundesregierung hat den Strompreis als entscheidenden Hebel identifiziert, um die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken und gleichzeitig die Energiewende voranzubringen: Ein wettbewerbsfähiger Strompreis ist ein starkes Signal sowohl für den Industriestandort Deutschland als auch für die Elektrifizierung in allen Sektoren, durch die Treibhausgasemissionen gesenkt werden können. Die geplante kurzfristige Entlastung durch die Absenkung von Stromsteuer und Umlagen verspricht eine spürbare Entlastung der Verbraucher, ohne wichtige Preissignale für flexiblere Stromverbräuche zu reduzieren. Allerdings ist die finanzielle Belastung für die Finanzierung dieser Maßnahmen hoch und soll zukünftig vor allem durch die Einnahmen des Emissionshandels gedeckt werden.
Für die energieintensive Industrie sind andere Maßnahmen erforderlich, um eine wirklich spürbare Entlastung zu erreichen. Diese müssen mit bestehenden Entlastungsregeln als auch beihilferechtlich abgestimmt und auf ihre Auswirkungen auf den Strommarkt geprüft werden. Letzteres gilt auch für die Anpassung der Netzentgelte, die als wichtiges Preissignal für einen netzdienlichen Betrieb genutzt werden können.
Alle genannten Maßnahmen stellen zunächst ein kurzfristiges Pflaster für ein größeres Problem dar: Die geplanten Maßnahmen verschieben die Kosten lediglich von einzelnen Verbrauchern in den Bundeshaushalt. Deshalb ist ein effizienter Umbau des Stromsystem erforderlich. Dies umfasst den bedarfsorientierten Ausbau der erneuerbaren Energien, der Netze, Speicher und regelbarer Kraftwerke sowie geeignete regionale Preissignale, die eine netzdienliche Einspeisung und Verbräuche fördern. Das Kostensenkungspotenzial beginnt bereits bei der Errichtung des Stromsystems, beispielsweise durch die geplante Fokussierung auf Freileitungen beim Netzausbau oder die Optimierung des Ertrags beim Offshore-Windausbau.