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Steuerrecht aktuell

Gesetzliche Ungleichbehandlung beteiligungsidentischer Personengesellschaften bei Buchwertübertragungen

§ 6 Abs. 5 S. 3 EStG ist teilweise verfassungswidrig. Der Gesetzgeber muss nachbessern

Mit dem am 12.01.2023 veröffentlichtem Beschluss hat der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts auf eine Vorlage des Bundesfinanzhofs hin entschieden, dass § 6 Abs. 5 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der Fassung des Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes vom 20. Dezember 2001 (UntStFG) mit Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) unvereinbar ist, soweit danach eine Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaften zum Buchwert ausgeschlossen ist.

§ 6 Abs. 5 Satz 3 EStG in der Fassung des UntStFG ermöglicht in bestimmten Fällen die Übertragung von Wirtschaftsgütern zum Buchwert, das heißt ohne Aufdeckung etwaiger stiller Reserven und somit steuerneutral. Die Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen Personengesellschaften, an denen dieselben Gesellschafter im gleichen Verhältnis beteiligt sind (beteiligungsidentische Personengesellschaften), wird in § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG nicht genannt.

§ 6 Abs. 5 EStG in der Fassung des UntStFG kann nicht so ausgelegt werden, dass er auch die Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen den Gesamthandsvermögen beteiligungsidentischer Personengesellschaften erfasst. Solche Übertragungen sind somit nicht zum Buchwert möglich und werden gegenüber den durch § 6 Abs. 5 EStG begünstigten Wirtschaftsguttransfers benachteiligt. Dies verstößt gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG). Es sind keine sachlich einleuchtenden Gründe für diese Ungleichbehandlung ersichtlich.

Der Gesetzgeber hat rückwirkend für Übertragungsvorgänge nach dem 31. Dezember 2000 eine Neuregelung zu treffen. § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG in der Fassung des UntStFG bleibt bis zu deren Inkrafttreten mit der Maßgabe anwendbar, dass die Vorschrift auch für Wirtschaftsguttransfers zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaften nach dem 31. Dezember 2000 gilt (Quelle PM BVerfG  Nr. 5/2024 vom 12. Januar 2024)

Anmerkung:

Das Bundesverfassungsgericht stellt klar, dass der Gesetzgeber bei der Konzipierung von § 6 Abs.5 EStG bewusst auf eine Regelung zu beteiligungsidentischen Personengesellschaften verzichtet hat, obwohl ein Regelungsbedarf besteht. Daher liegt auch keine Regelungslücke vor, die gerichtlich hätte per Analogie ausgefüllt werden können.

Der Gesetzgeber hat nun die Aufgabe, die Ungleichbehandlung beteiligungsidentischer Personengesellschaften durch eine Ergänzung in § 6 Abs. 5 Satz 3 EstG zu schließen. Denn es handelt sich hier bei der Buchwertübertragung um einen Wirtschaftsguttransfer im Kreis der Mitunternehmerschaft, der ähnlich gelagert ist, wie die bereits ausdrücklich geregelten Fallgruppen in § 6 Abs. 5 S. 3 EstG. 

Naheliegend ist es, dass der Gesetzgeber nun beteiligungsidentische Personengesellschaften als weitere Fallgruppe in § 6 Abs. 5 Satz 3 EstG aufnimmt. Dann wäre gesetzlich klargestellt, dass die Übertragung von Wirtschaftsgütern zum Buchwert, das heißt ohne Aufdeckung etwaiger stiller Reserven auch bei beteiligungsidentischen Personengesellschaften möglich ist. Bei einem Wirtschaftsguttransfer zwischen beteiligungsidentischen Schwesterpersonengesellschaften besteht eben kein sachlich gerechtfertigter Grund zur Aufdeckung stiller Reserven, weil es auch kein Bedürfnis für einen sofortigen Steuerzugriff gibt. Stille Reserven bleiben weiter denselben Steuerpflichtigen zugeordnet, nämlich den hinter den Schwesterpersonengesellschaften stehenden Gesellschaftern.

Franco Höfling

franco.hoefling@bfw-bund.de

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