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Reform des Mietspiegelrechts in der Anhörung

Weit auseinander gingen die Ansichten der Sachverständigen von Mieter- und Vermieterverbänden in der öffentlichen Anhörung über einen Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Reform des Mietspiegelrechts (19/26918) am 19. Mai 2020 im Rechtsausschuss. In der vom stellvertretenden Vorsitzenden Heribert Hirte (CDU) geleiteten Sitzung betonten beide Seiten die Notwendigkeit von Mietspiegeln. Die Vertreter der Immobilienwirtschaft lehnten den Gesetzentwurf jedoch im Wesentlichen ab (hib 20.05.2021).  

Zuvor hatte der Bundestag am 16. April 2021 in erster Lesung über das Mietspiegelreformgesetz beraten und den Gesetzentwurf in die Ausschüsse verwiesen. Ausgang offen. Wir halten sie auf dem Laufenden.

Hintergrund: Das Mietspiegelreformgesetz soll nach Angaben der Bundesregierung die Bedingungen für die Erstellung qualifizierter Mietspiegel verbessern und dazu den Behörden Befugnisse zur Datenverarbeitung einräumen. Zudem will die Bundesregierung eine Auskunftspflicht für die Befragungen zum Mietspiegel einführen, um die Datengrundlage zu verbessern. Der Bindungszeitraum von Mietspiegeln soll um ein Jahr auf drei Jahre verlängert werden.

BFW-Standpunkt: Der BFW Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen sieht in dem Gesetz einen weiteren mietpreisrechtlichen Eingriff zu Lasten der Vermieter. Aus Sicht des Verbandes wird durch eine Verringerung der wissenschaftlichen Qualität die Akzeptanz des Mietspiegels aufs Spiel gesetzt. Damit werden Mietspiegel immer mehr zum Kosmetikspiegel einer falschen Wohnungsbaupolitik. Der Gesetzentwurf muss daher aus Sicht des BFW umfassend überarbeitet werden. Ziel muss es sein, die tatsächlichen Marktverhältnisse im Mietspiegel auf zuverlässiger Datengrundlage differenziert darzustellen und zu dokumentieren (siehe Koalitionsvertrag).

Einige wesentliche Kritikpunkte zur Mietspiegelreform im Überblick

Ausgangslage unrichtig dargestellt

Bereits die Bewertung der Ausgangssituation ist in den Entwürfen unrichtig dargestellt. So wird der Verwaltungsaufwand für die Erstellung eines qualifizierten Mietspiegels im Mietspiegelreformgesetz auf lediglich 100.000 Euro geschätzt. Dem steht selbst bei kleinen Kommunen ein Aufwand von erfahrungsgemäß mindestens ca. 250.000 Euro gegenüber.

Erfüllungsaufwand nicht beziffert

Hinzu kommt, dass der voraussichtliche Erfüllungsaufwand für die umfangreich geregelte Umsetzung der Auskunftspflichten und die Datenverwertung (siehe unten) bislang nicht beziffert worden ist. Von dem Ergebnis dieser Bewertung hängt aber ab, in welchem Umfang Kommunen motiviert werden, qualifizierte Mietspiegel zu erstellen.

Bindungszeitraum beibehalten

Die Reform sieht im Übrigen vor, dass die Anpassung einfacher und qualifizierter Mietspiegel von zwei auf drei Jahre verlängert wird. Das reine Kostenargument ist aber nicht interessengrecht. Denn gerade in dynamischen Märkten sind Mietpreissteigerungen höher als die Steigerung der Lebenshaltungskosten. Hierdurch verzerrt bereits jetzt die Anpassung nach zwei Jahren die zuvor ermittelten Werte. Der Abstand zur aktuellen Marktsituation vergrößert sich, so dass dann auch begrifflich von vornherein keine „Anpassung an die Marktentwicklung“ vorliegen kann.

Dies ist ein Widerspruch, der zumindest die Verlängerung der Zweijahresfrist ausschließt.

Vollbeweis für den qualifizierten Mietspiegel erhalten

Die bisherige Vermutungsregelung für qualifizierte Mietspiegel hat sich bewährt. Über die Qualifizierung des Mietspiegels soll aus Sicht des BFW auch weiterhin Vollbeweis erhoben werden können.

Demgegenüber wertet die neue Regelung einen qualifizierten Mietspiegel, der den Voraussetzungen der Mietspiegelverordnung entspricht, prozessual mit einer Vermutung auf, wonach dieser Mietspiegel den wissenschaftlichen Grundsätzen entspricht. Dies ist denklogisch nicht nachvollziehbar, weil nie ganz klar sein kann, ob die jeweils gültige Verordnung tatsächlich dazu führt, dass die anerkannten wissenschaftlichen Grundsätze eingehalten werden. So ist es im ideologisch geprägten Mietpreisrecht durchaus denkbar, dass in der noch zu erlassenden Mietspiegelverordnung nicht nur gegenwärtig, sondern auch zukünftig mathematisch vereinfachende Regelungen getroffen werden, die die Marktverzerrung und nicht die Spiegelung der Marktverhältnisse fördern.

Nach dem Mietspiegelgesetz soll auch eine Mietspiegelverordnung erlassen werden. Hierzu ergänzend nachfolgende Kritikpunkte:

Datenumfang beschränken

Die umfassende Reglung zum Abruf und zur Übermittlung der persönlichen Daten geht zu weit. Dies stellt auch der Bundesrat in seiner Empfehlung vom 12. Februar 2021 fest. Daten dürfen nur in dem Umfang abgerufen und übermittelt werden, wie dies für die Umsetzung des folgenden Auskunftsanspruchs erforderlich ist. Dies ist zu prüfen, um den Datenumfang dann auf das für den Auskunftsanspruch erforderliche Maß zu reduzieren.

Auskunftspflichten gehören nicht in das Zivilrecht

Es handelt sich um einen öffentlich-rechtlichen Auskunftsanspruch, der nicht in das Zivilrecht gehört. Gesetzesvollzug, Sanktionierung und Rechtsmittel sind nicht geregelt. Die Regelungen zu den Auskunftspflichten sind daher nicht nur im falschen Rechtsgebiet verortet, sondern auch unvollständig. Nur wenn diese offenen Fragen geklärt sind, kommen aus Sicht des BFW Auskunftspflichten in Betracht.

Spannenbildung: Vereinfachte Mathematik vermeiden

„Vereinfachte Mathematik“ entwertet Wissenschaftlichkeit. Denn es wird geregelt, dass bei der Erstellung der Mietspiegel die oberen und unteren 1/6 bis 1/8 der erfassten Mietwerte pauschal gekappt werden, ohne einzelfallbezogen zu prüfen, inwieweit es sich hierbei wirklich um Wuchermieten oder Gefälligkeitsmieten handelt. Statistische Fehler werden nicht durch gesetzliche Fixierung oder Fiktion richtig.

Weitere Informationen:

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