
Justiziar/Leiter Recht
Die Mietpreisbremse soll nach dem Koalitionsvertrag bis Ende 2029 verlängert werden. Daneben wird nunmehr auch politisch diskutiert, den Stichtag der Befreiung für den Neubau vom 01.10.2014 auf 2019 zu datieren. Die Mietpreisbremse würde danach auch für alle Gebäude gelten, die bis zu dem neuen Stichtag im Jahr 2019 entstanden sind und erstmals genutzt und vermietet worden.
BFW-Position: Der BFW lehnt die Verlängerung der Mietpreisbremse und die Beschränkung für den Neubau ab. Statt einer Mietpreisbremse müssen primär investitionsfreundliche Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche Wohnungsbauoffensive geschaffen werden müssen. Die Potentiale zur Erhöhung des Wohnungsangebots sind vorrangig auszuschöpfen. Die Änderung des Stichtages für die Neubauausnahme vom 01.10.2014 auf 2019 verstärkt verfassungsrechtliche Zweifel und negative Effekte für Wohnungsbau und Bestandsentwicklung.
Hintergrund: Die Ermächtigungsgrundlage für die Länderverordnungen gem. § 556d Abs. 2 S.4 BGB läuft ohne gesetzliche Änderung am 31.12.2025 aus. Das heißt, ohne bundesgesetzliche Verlängerung der Ermächtigungsrundlage enden alle Länderverordnungen zur Mietpreisbremse spätestens zum 31.12.2025.
Warum lehnt der BFW die Verlängerung der Mietpreisbremse ab?
Es handelt sich um einen weiteren mietrechtlichen Eingriff in die Eigentumsrechte. Erhebliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit verstärken sich.
Insbesondere um die verfassungsrechtlich geforderte Übergangslösung handelt es sich bei der mittlerweile seit 2015 geltenden Mietpreisbremse nicht mehr.
Es ist unmöglich, dass mit der Mietpreisbremse erschwinglicher, angemessener Wohnraum für breite Bevölkerungsschichten gesichert werden kann. Um dieses Ziel zu erreichen, braucht es adäquate Investitionen in den Wohnungsbau. Davon sind wir aktuell weit entfernt. Wir haben bekanntermaßen eine Wohnungsbaukrise. Dementsprechend weit sind wir von der verfassungsrechtlichen Vorgabe entfernt, dass eine Mietpreisbremse als vorübergehendes Schmerzmittel zur Abmilderung von Symptomen durch eine wirksame Wohnungsbauoffensive flankiert wird.
Während einer Wohnungsbaukrise die Mietpreisbremse zu verlängern oder gar zu verschärfen ist wie ein Brandbeschleuniger für die Verhinderung von Wohnungsbau. Eine der Ursachen für die Auswirkungen ist, dass massive staatliche Eingriffe in den Markt die Marktteilnehmer verunsichern. Die Marktteilnehmer wissen schlichtweg nicht, was zukünftig noch alles an Regulierung auf Sie zukommt. Planungssicherheit und valide Wirtschaftlichkeitsberechnungen werden beeinträchtigt oder gar verhindert. Verringern sich Mietanpassungspotenziale bei der Weitervermietung, sinkt auch die Investitionsbereitschaft der Vermieter.
Das Gleiche gilt auch für die Bestandsbewirtschaftung. Staatliche Eingriffe in den Markt verunsichern die Marktteilnehmer. Die Investitionsbereitschaft sinkt. Sanierungen werden aufgeschoben. Bestände werden teilweise aufgegeben.
Wenn Investitionen im Bestand ausbleiben, nähert sich die Wohnqualität schrittweise dem staatlich regulierten Mietpreis an. Der Standard der Wohnungen sinkt. Auch energetische Sanierungen können dann aus wirtschaftlicher Sicht unattraktiv für den Vermieter werden. Das verhindert wirksamen Klimaschutz im Gebäudesektor.
Verdrängungsprozesse werden bei Neu- und Wiedervermietung auch durch mietpreisrechtliche Eingriffe im Übrigen nicht verhindert. Bei 50 Bewerbern für eine Wohnung gehen auch weiterhin 49 leer aus. Damit bleiben die Vermögensverhältnisse das entscheidende Kriterium bei der Wiedervermietung. Der Mieter mit der besten Bonität bekommt die Wohnung.
Zwischenfazit
Es ist folgerichtig, dass statt einer Mietpreisbremse investitionsfreundliche Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche Wohnungsbauoffensive geschaffen werden müssen. Die Potentiale zur Erhöhung des Wohnungsangebots sind vorrangig auszuschöpfen.
Eckpunkte der BFW-Stellungnahmen zu den bisher diskutierten Entwürfen
- Wohnungsbauoffensive starten.
- Vorrangige Ausschöpfung von Potentialen zur Erhöhung des Wohnungsangebots nachweisen. Gesetzgebungsbedürfnis auf valider statistischer Grundlage nachweisen.
- Angebotsmieten begründen kein Gesetzgebungsbedürfnis.
- Keine nachweisbaren Erkenntnisse über die sozialen Effekte. Vorprüfung nachholen.
- Vorprüfung zur Wechselwirkung zwischen Mietpreisbremse und Verstetigung des Wohnungsmangels nachholen.
- Vorprüfung zu den Auswirkungen auf die ortsübliche Vergleichsmiete nachholen.
- Teilmarktbezug herstellen.
- Gesetzliche Kopplung an einen Maßnahmenplan für Mietwohnungsbau neben dem Begründungserfordernis ergänzen.
- Befristung der Rechtsverordnung für maximal 5 Jahren beibehalten
Warum lehnt der BFW die Änderung des Stichtages für die Neubauausnahme ab?
BFW-Position
Die Änderung des Stichtages für die Neubauausnahme vom 01.10.2014 auf 2019 verstärkt die grundlegenden verfassungsrechtlichen Zweifel sowie die negativen Effekte für Wohnungsbau und Bestandsentwicklung. Viele Vorfragen sind bislang nicht beantwortet. Die Vorprüfung zu diesen Vorfragen ist nachzuholen.
Im Einzelnen:
Ziele werden nicht erreicht. Einkommensschwächere Haushalte werden nicht geschützt.
Die Mietpreisbremse zielt darauf ab, einkommensschwächere Haushalte zu schützen. Die Neubauausnahme in der bisherigen Form hat damit jedoch nichts zu tun. Denn in den Neubauten der letzten 10 Jahre wohnen in der Regel die einkommensstärkeren Mieter. Eine Regulierung schützt damit nicht die einkommensschwächeren Haushalte, sondern tendenziell Mieter mit höherer Bonität.
Verzerrung des Wohnungsmarktes.
Es müssen Anreize für eine Wohnungsbauoffensive geschaffen werden. Der Eingriff in die Neubauausnahme beeinträchtigt nachträglich die Planungssicherheit und wirtschaftliche Tragfähigkeit von Investitionen in den Wohnungsbau. Das ist widersprüchlich. Die Folgenbetrachtung ist nachzuholen.
Verfassungsrechtlich zweifelhaft.
Jeder weitere mietpreisrechtliche Eingriff verstärkt die verfassungsrechtliche Fragwürdigkeit. Die Eigentumsrechte der Vermieter werden zusätzlich zur Verlängerung der Mietpreisbremse eingeschränkt. Das verstärkt die verfassungsrechtlichen Zweifel, gerade auch in der Summe der mietpreisrechtlichen Eingriffe der letzten Jahre. Die verfassungsrechtliche Vorprüfung ist nachzuholen.
Vorprüfung zum Bestandsschutz nachholen.
Es handelt sich um einen rückwirkenden Eingriff in bereits getätigte Investitionen. Bestandsschutz ist nicht mehr gewährleistet. Fragen zum verfassungskonformen Bestandsschutz müssen vorab geklärt werden.
Finanzierung durch rückwirkenden Eingriff beeinträchtigt.
Wenn ein Immobilienunternehmen 2015 einen Neubau errichtet/erworben hat, realisiert sich jetzt ein Zinserhöhungsrisiko (10 Jahre Zinsbindung i.d.R.), was wenigstens zum Teil durch höhere Neuvermietungsmieten finanziert werden muss. Das wird durch mietpreisrechtliche Eingriffe beeinträchtigt und führt zu Verlusten, was sich wiederum auch negativ auf die Neubaubereitschaft auswirkt. Gleiches gilt für Finanzierung durch Anleihen.
Bestandsentwicklung der Neubaubestände beeinträchtigt.
Die Neubaubestände seit 2014 kommen nun nach 10 Jahren in einen Sanierungszyklus. Vor dem Hintergrund reduzierter Einnahmen verschieben Vermieter Sanierungen oder geben Bestände auf, weil sich Investitionen in die weitere Bestandsentwicklung nicht mehr lohnen. Die Folgenbetrachtung ist nachzuholen.
Verunsicherung verhindert Investitionen.
Es besteht Unsicherheit für Investoren. Prognosen für zukünftige Investitionen sind vor dem Hintergrund ständiger staatlicher Regulierung nicht mehr planungssicher möglich.
Wohnqualität sinkt.
Wenn Investitionen im Bestand ausbleiben, nähert sich die Wohnqualität schrittweise dem staatlich regulierten Mietpreis an. Die Wohnqualität auch der neueren Bestände sinkt. Die Folgenbetrachtung ist nachzuholen.
Wirtschaftliche Tragfähigkeit der Gesamtbestände gefährdet.
Neubauten generieren oft höhere Mieteinnahmen und gleichen niedrigere Renditen aus älteren Beständen aus. Wenn der Staat Mietpreisbremse oder/und Mietpreisbegrenzungen auf Neubauten ausweitet, wird diese Balance gestört. Neue Wohngebäude, die in den letzten 10 Jahren gebaut wurden, spielen damit eine entscheidende Rolle in der strategischen Wirtschaftlichkeitsberechnung von Immobilienunternehmen. Sie sind oft wertstabiler, energieeffizienter und attraktiver für Mieter, was sie zu einem wichtigen Bestandteil der Mischkalkulation macht. Die rückwirkende Einbeziehung von Neubaubeständen hat damit erhebliche negative Auswirkungen auf diese Mischkalkulation.
Nachhaltige Bestandsentwicklung im Gesamtbestand beeinträchtigt.
Mit den Einnahmen aus dem Neubau der letzten Jahre werden Investitionen (Modernisierungen und Instandhaltungsmaßnahmen) in die Gebäude mit geringerem Standard gegenfinanziert. Die Einnahmen gewährleisten damit auch, dass Investitionen zum Beispiel in die weniger energieeffizienten Altbestände getätigt werden. Der Neubau ohne mietpreisrechtliche Regulierung trägt damit auch dazu bei, dass gerade auch die Bestände mit niedrigerem Standard, u.a. auf dem Weg zur Klimaneutralität weiterentwickelt werden.
Finanzierungsprobleme für neue Projekte.
Banken bewerten Immobilienprojekte nach ihrer zukünftigen Rentabilität. Wenn Mietpreisregulierungen die erwarteten Einnahmen für Neubauprojekte begrenzen, kann dies zu einer schwierigeren Finanzierung neuer Bauprojekte führen. Die Vorprüfung ist nachzuholen.
Marktorientierung der Vergleichsmiete geht verloren.
Die zusätzlichen gedeckelten Neuvertragsmieten von Oktober 2014 bis 2019 fließen in die Mietspiegel ein und verzerren so das Abbild der ortsüblichen Vergleichsmieten. Der Abstand zur Marktmiete vergrößert sich. Die Marktorientierung geht immer mehr verloren. Die rechtliche Angreifbarkeit der Mietspiegelwerte verstärkt sich. Der Mietspiegel verliert Schritt für Schritt seine Befriedungsfunktion. Die Folgenbetrachtung ist nachzuholen.
- Franco Höfling
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