Die Bauwirtschaft ist ein zentraler Wirtschaftszweig für die Volkswirtschaft, schließlich kaufen, leben und arbeiten wir in Gebäuden. Die Bauwirtschaft in Deutschland ist jedoch durch konjunkturelle und strukturelle Herausforderungen gekennzeichnet, die den Untersuchungsgegenstand der vorliegenden Studie darstellen.
Dies sind die zentralen Ergebnisse:
Seit dem Hochpunkt im Jahr 2021 ist die Wertschöpfung des Baugewerbes bis zum Ende des Jahres 2023 um real 15 Prozent gesunken. Der Mix aus steigenden Zinsen, globaler Unsicherheit und deutlich höheren Baukosten hat insbesondere den Wohnungsbau getroffen.
Die Bauwirtschaft hat eine große Bedeutung für die Bruttowertschöpfung der Volkswirtschaft. Der direkte Anteil an der Bruttowertschöpfung lag 2019 bei 5,2 Prozent, rechnet man den Vorleistungsverbund hinzu, sind es 7,5 Prozent der gesamten Bruttowertschöpfung. Allerdings lag der Anteil in der Vergangenheit noch höher.
Maßgeblich für die Entwicklung sind die seit den 2000er Jahren stagnierenden Investitionen der öffentlichen Hand und im Gewerbebau, während der Wohnungsbau seit seinem Tiefpunkt Mitte der 2000er Jahre wieder anzog.
Der Bedarf an zusätzlichen Bauinvestitionen ist jedoch auch im Wohnungsbau hoch, noch deutlich höher aber im öffentlichen Bau. Um die nach IW-Schätzungen erforderliche Zahl von 355.000 Wohnungen pro Jahr bis 2030 zu erreichen, müssten die Investitionen in den Wohnungsbau um gut 20 Milliarden Euro real jedes Jahr, gemessen am Niveau von 2022, steigen.
Um die Klimaschutzziele zu erreichen, müssten in Wohn- und Nichtwohnbauten pro Jahr zusätzlich mindestens 33 Milliarden Euro investiert werden, besser sogar 66 Milliarden Euro. Im öffentlichen Bau – insbesondere zur dringend benötigten Sanierung und Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur und der kommunalen Infrastruktur – müssten bis 2030 die Investitionen jährlich um sogar 75 Milliarden Euro gesteigert werden.
Gerade im öffentlichen Bau dürften die finanziellen Restriktionen eine große Hürde darstellen, um den Bedarf zu decken. Wichtig wäre jedoch eine planbare und stetige Anpassung der Investitionen an den Bedarf, um verlässlich Kapazitäten aufzubauen.
Generell gilt es aber, die Produktivität der Bauwirtschaft zu erhöhen, denn trotz deutlicher Erhöhung der Kapitalintensität stagniert die Arbeitsproduktivität seit den 1990er Jahren. Angesichts zunehmender Fachkräfteengpässe ist dies umso bedeutender.
Eine wesentliche Ursache für die geringe Produktivität ist die Überregulierung des Bauens. Die oft gewünschte Trennung von Planen und Bauen, die losweise Vergabe von Bauaufträgen, die detaillierten Standards und Normen, die Rechtsunsicherheiten bei Innovationen und der Wunsch nach größtmöglicher Individualität der Bauwerke verhindern Produktivitätsfortschritte und damit auch ein günstigeres Bauen.
Angesichts der großen Herausforderungen ist es drängend, die Angebotsbedingungen für die Bauwirtschaft zu verbessern. Neben konkreten Veränderungen im regulatorischen Rahmen ist hierfür vor allem eine andere Haltung gegenüber dem Bauen notwendig. Ohne eine Steigerung der Bauinvestitionen werden weder die Wohnungsbauziele noch die Klimaschutzziele erreicht, und erst recht nicht die dringend notwendige Verbesserung der öffentlichen Infrastruktur. Insofern braucht es eine Kultur, die auf die Möglichmachung des Bauens abzielt und nicht auf dessen Verzögerung oder gar Verhinderung.
Nach Simulation von zwei Szenarien, die die ermittelten Mehrbedarfe bei den Bauinvestitionen integrieren, zeigen sich deutlich positive Wachstumsimpulse bei der privaten Investitionstätigkeit, dem Kapitalstock und dem realen Bruttoinlandsprodukt (BIP). Im Szenario 1 – das eine jährliche Steigerungsrate von 10 Prozent bei den Bauinvestitionen ab dem Jahr 2025 annimmt – würde das reale BIP im Jahr 2030 31 Milliarden Euro höher liegen als im Basisszenario. Dies entspricht dem Niveauunterschied von 0,9 Prozent. Im Szenario 2 wäre der Effekt nochmal kräftiger mit 43 Milliarden Euro. Kumuliert ergibt sich über die sechs Jahre ein realer BIP-Effekt von 190 Milliarden Euro in Szenario 1 und 384 Milliarden Euro in Szenario 2.