Erweiterung von kommunalen Vorkaufsrechten vermeiden   

Der aktuelle Entwurf für ein Gesetz zur Stärkung der integrierten Stadtentwicklung sieht u.a. eine Erweiterung des Anwendungsbereiches von kommunalen Vorkaufsrechten vor.  Dies ist nicht zielführend. Denn Vorkaufsrechte bauen keine Wohnungen. Ein erweiterter Anwendungsbereich für gemeindliche Vorkaufsrechte kann auch nicht den Erhalt der Wohnbevölkerungsstruktur fördern.

Erhaltungssatzungen selbst schaffen bereits Voraussetzungen für den Milieuschutz. Eine Verdrängung der Bevölkerung durch eine schleichende Umstrukturierung wird hierdurch bereits vermieden.

Dem gemeindlichen Vorkaufsrecht kommt bei der Bewältigung des Problems bezahlbaren Wohnraums nicht die Bedeutung zu, die ihm in der politischen und medialen Diskussion vielfach zugeordnet wird. Die Erweiterung von Vorkaufsrechten ist daher ideologisch und weniger fachlich geprägt.

Köster führt zum Vorkaufsrecht in ZRP 2022, 79ff, 81 zutreffend aus: „… Die Diskussion wird im Wesentlichen durch politische Ideologie getragen. Das fachliche Fundament ist mehr als brüchig. Dies unterstreicht nicht zuletzt der Umstand, dass zum Beispiel die Stadt Berlin es sich leistet, mit dem ihr gehörenden 355 Hektar großen Areal des ehemaligen Flughafen Berlin Tempelhof „die größte innerstädtische Freifläche der Welt“ von jeder Bebauung frei zu halten.  Man muss sich daher bewusst machen, was das Instrument des Vorkaufsrechts leisten kann und was nicht. Verankert ist es im Städtebaurecht, einer Materie, die nicht der Miethöhenregulierung dient. Zur Baulandmobilisierung taugt das Vorkaufsrecht ebenfalls nicht. In sozialen Erhaltungsgebieten schützt es nur Bestandsmieter, schafft keine einzige neue Wohnung und leistet damit auch keinerlei Beitrag zur ambitionierten Zielsetzung der Bundesregierung von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr…“

Vorkaufsrechte für die Veräußerung von Wohneigentum vermeiden (§ 24 Abs. 2 BauGB-E).

Es ist auch nicht sachgerecht, die Vorkaufsrechte auf die Veräußerung von Wohneigentum an eine (alleinige) Person zu erweitern. Der Entwurf sieht dies jedoch vor. § 24 BauGB bezieht sich bereits nach dem Wortlaut auf den Kauf von „Rechten nach dem Wohnungseigentumsgesetz”. Es geht auch nach dem Sinn und Zweck der Norm allein um die rechtliche Einordnung des Kaufgegenstands und nicht um die rechtliche Einordnung des Erwerbers.   

Die Erweiterung des Vorkaufsrechts auf die Veräußerung von Wohneigentum an einen Erwerber als alleinige Person ist auch nicht praxisgerecht.  Eine solche Gesetzesanwendung führt zu einer Vielzahl von ungeklärten Abgrenzungsprobleme, wie zum Beispiel für die sukzessive Veräußerung sämtlicher Einheiten oder die Veräußerung nahezu sämtlicher Einheiten bis auf einen geringen Rest. Solange diese Vorfragen zum Gesetzesvollzug nicht geklärt sind, kommt schon im Interesse der Rechtssicherheit und Streitvermeidung auch keine Erweiterung des Anwendungsbereiches von § 24 Abs. 2 BauGB in Betracht.

Vorkaufsrechte für Share Deals vermeiden (§ 24 Abs. 2a BauGB-E).

Die Einbringung eines Grundstücks in eine Gesellschaft ist kein Grundstückskaufvertrag. Dennoch sollen nach dem Entwurf kommunale Vorkaufsrechte hierauf anwendbar sein.

Entgegen der Begründung handelt es sich in der Regel auch nicht um ein Geschäft zur Umgehung eines gemeindlichen Vorkaufsrechtes.  

Die Hürden für die Annahme eines kaufähnlichen Umgehungsgeschäfts sind sehr hoch. Der BGH verlangt das kumulative Vorliegen von drei Voraussetzungen:

  • Wille der Vertragsparteien auf eine Eigentumsübertragung der vorkaufsbelasteten Sache gegen Zahlung eines bestimmten Preises.
  • Das wirtschaftliche Ergebnis der Transaktion muss dasselbe sein wie bei einem Verkauf des Grundstücks.
  • Der einzige Zweck der Gründung der Grundstücksgesellschaft ist die Verwaltung des belasteten Grundstücks (BGH NJW 2012,1354, 1355).

Angesichts dieses strengen Maßstabs ist ein Share Deal nur dann ein kaufähnlicher Vertrag, wenn die Grundstücksgesellschaft erst unmittelbar vor ihrer Veräußerung gegründet wurde, einziger Vermögensgegenstand das Grundstück ist und 100 % der Gesellschaftsanteile im Rahmen derselben Transaktion auf einen Dritten übertragen werden (vgl. Beckmann/Ellner NVwZ 2018,1187, 1189). Ein Share Deal kann nicht pauschal als kaufähnliches Umgehungsgeschäft qualifiziert werden (siehe Leber NJW-Spezial 2024, 300).

Dass der Gesetzgeber den Share Deal nicht ohne weiteres als Anwendungsfall des gemeindlichen Vorkaufsrechts betrachten kann, wird auch durch die Gesetzgebungsmaterialien zum Baulandmobilisierungsgesetz bestätigt. So empfahl der Bauausschuss im Bundesrat, dass ein Vorkaufsrecht im Fall der Veräußerung von Geschäftsanteilen nur unter den o.g. engen Voraussetzungen der BGH-Rechtsprechung bestehen kann (BR-Drs. 686/1/20, 17 f.). Im weiteren Gesetzgebungsverfahren wurde dieser Vorschlag verworfen, u.a. wegen unklarer Verfahrens- und Folgefragen (BT-Drs. 19/26023, 11).

Fazit: Die Einbringung eines Grundstücks in eine Gesellschaft ist kein Grundstückskaufvertrag. Der Anwendungsbereich des Bauplanungsrechts ist nicht eröffnet. Auch ein Umgehungsgeschäft liegt in der Regel nicht vor. Eine gesetzliche Regelung kommt ggf. nur bei Vorliegen der o.g. sehr engen Voraussetzungen in Betracht, sofern weitere bislang unklare Verfahrens- und Folgefragen geklärt worden sind.

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