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Bundestagswahl 2025: Ökonomen sehen positive Impulse und hohen Reformbedarf

Nach dem Bruch der Ampel-Koalition im November 2024 wurde am 23. Februar 2025 vorzeitig ein neuer Bundestag gewählt. Die Union ging mit 28,5% der Stimmen als stärkste Kraft hervor und führt nun mit der SPD (16,4%) Koalitionsgespräche über eine mögliche schwarz-rote Koalition. Die kommende Bundesregierung steht vor großen Herausforderungen: Veränderungen in der geopolitischen Sicherheitslage, Spannungen in den transatlantischen Beziehungen und eine anhaltende Wachstumsschwäche der deutschen Wirtschaft. Vor diesem Hintergrund widmet sich das 50. Ökonomenpanel von ifo und FAZ den wirtschaftlichen Auswirkungen der wahrscheinlich neuen Regierungskoalition und identifiziert Reformen, die vorrangig angegangen werden sollten. An der Umfrage im Zeitraum vom 25. Februar bis zum 4. März 2025 nahmen 205 Ökonominnen und Ökonomen teil.

Positive Erwartungen an eine mögliche schwarz-rote Koalition

Nach drei Jahren unter der Ampel-Regierung, die von wirtschaftlichem Stillstand, nachlassender Wettbewerbsfähigkeit sowie zunehmender politischer Unsicherheit geprägt waren, sehen die teilnehmenden Ökonominnen und Ökonomen der Zukunft nun optimistischer entgegen. Die Mehrheit der teilnehmenden VWL-Professorinnen und VWL-Professoren erwartet unter einer möglichen schwarz-roten Koalition positive Auswirkungen für Deutschland.

So gehen 58% davon aus, dass sich eine schwarz-rote Koalition positiv auf die politische Stabilität auswirken wird. 9% erwarten sogar sehr positive Auswirkungen, während 16% keinen Effekt und 14% bzw. 1% einen negativen bzw. sehr negativen Effekt auf die politische Stabilität erwarten. 2% antworten mit „Weiß nicht“.

Die Auswirkungen auf die Stärkung der Rolle Europas in internationalen Beziehungen werden ebenfalls mehrheitlich positiv bewertet: Entsprechend erwarten 62% der Teilnehmenden positive, weitere 15% sehr positive Auswirkungen. Lediglich 6% schätzen die Auswirkung als negativ bzw. sehr negativ ein, während 15% keinen Effekt erwarten. 2% der Teilnehmenden antworten mit „Weiß nicht“.

Ein ähnliches Stimmungsbild zeigt sich in Bezug auf Deutschlands Position im internationalen Standortwettbewerb: 57% der Ökonominnen und Ökonomen prognostizieren positive bzw. sehr positive Auswirkungen einer schwarz-roten Koalition. Gleichzeitig erwarten 31%, dass eine neue Bundesregierung keine Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit hat. 9% der Teilnehmenden sehen negative bzw. sehr negative Auswirkungen. 3% beantworten diese Frage mit „Weiß nicht“.

Hinsichtlich des Wirtschaftswachstums fallen die Einschätzungen ebenfalls positiv aus: Die Mehrheit der Teilnehmenden (63%) ordnet die Auswirkungen einer schwarz-roten Koalition auf das Wirtschaftswachstum als positiv bzw. sehr positiv ein. Lediglich 7% bzw. 1% erwarten negative bis sehr negative Auswirkungen auf das Wachstum und 27% gehen von keinem Effekt aus. 2% antworten mit „Weiß nicht“. 

Finanzierungsmodelle mit zusätzlichen Schulden für die Sicherheitspolitik finden Zustimmung

Die Sicherheits- und Verteidigungspolitik steht derzeit im Zentrum des öffentlichen Diskurses, insbesondere im Hinblick auf die angespannten transatlantischen Beziehungen. Um Mehrbedarfe in der Sicherheits- und Verteidigungspolitik finanzieren zu können, werden verschiedene Modelle in der Öffentlichkeit diskutiert. Das Urteil der teilnehmenden Ökonominnen und Ökonomen fällt gemischt aus.

Eine diskutierte Möglichkeit besteht darin, Verteidigungsausgaben nicht auf die Schuldenbremse anzurechnen. Dieser Vorschlag findet sich ähnlich in einem ersten Sondierungspapier von Union und SPD, das vorsieht, Verteidigungsausgaben oberhalb von 1% des BIP von der Schuldenbremse auszunehmen. Den allgemeinen Vorschlag einer Ausnahme für Militärinvestitionen von der Schuldenbremse, der vor der Veröffentlichung des Sondierungspapiers bewertet wurde, sehen 30% der teilnehmenden Ökonominnen und Ökonomen als sehr geeignet und weitere 38% als geeignet zur Finanzierung von Mehrbedarfen an. Eine Minderheit von 13% bzw. 9% bewertet diese Möglichkeit als ungeeignet bzw. sehr ungeeignet. Insgesamt sehen 9% der Teilnehmenden die Eignung als neutral an und 1% antworten mit „Weiß nicht“.

Ähnlich eindeutig fällt die Einschätzung des Vorschlags aus, die Mehrbedarfe in der Sicherheitspolitik durch die Einrichtung eines neuen „Sondervermögens Bundeswehr“ zu finanzieren. Insgesamt 71% der Teilnehmenden halten diese Finanzierungsoption für geeignet (41%) oder sehr geeignet (30%). Nur 10% bewerten den Vorschlag als ungeeignet, weitere 7% als sehr ungeeignet, während 9% neutral bleiben. 3% antworten mit „Weiß nicht“.

Die Meinungen zu einer möglichen Erhöhung der Umsatzsteuer zur Finanzierung von zusätzlichen Sicherheitsausgaben gehen weit auseinander: Während 23% der VWL-Professorinnen und VWL-Professoren diesen Vorschlag als sehr ungeeignet und 31% als ungeeignet bewerten, halten ihn 17 % für geeignet und 8% als sehr geeignet. Eine neutrale Haltung haben 21% der Teilnehmenden.

Die Möglichkeit Einsparungen in anderen Bereichen vorzunehmen, um die Finanzierung des Verteidigungsetats zu ermöglichen, findet breite Zustimmung: 36% der Teilnehmenden halten diesen Vorschlag für geeignet, 29% bewerten ihn sogar als sehr geeignet. Demgegenüber lehnen insgesamt 26% den Vorschlag ab und bewerten ihn als ungeeignet bzw. sehr ungeeignet. 9% der teilnehmenden Ökonominnen und Ökonomen nehmen eine neutrale Haltung ein.

Die Meinung zur Einführung einer einmaligen Vermögensabgabe zur Finanzierung des Verteidigungshaushalts ist überwiegend negativ: 26% der Teilnehmenden geben an, dass sie diesen Vorschlag als sehr ungeeignet bewerten, 34% als ungeeignet. Gleichzeitig bewerten 14% der Teilnehmenden den Vorschlag als neutral, 18% als geeignet und nur 7 % als sehr geeignet. 1% antwortet mit „Weiß nicht“.

Dringender Reformbedarf bei Bürokratie und Steuern

Im letzten Teil des Ökonomenpanels zur Bundestagswahl 2025 werden deutsche Ökonominnen und Ökonomen nach drei (weiteren) Reformen befragt, die eine neue Bundesregierung sofort angehen sollte. Am häufigsten wurden, mit 67 Nennungen, Reformen im Bereich „Bürokratieabbau und Deregulierung“ vorgeschlagen. Hierbei wurden oft das allgemeine Schlagwort „Bürokratieabbau“, aber auch spezielle Reformvorschläge wie die Abschaffung des sogenannten „Lieferkettengesetzes“ genannt. An zweiter Stelle folgen Reformvorschläge aus dem Bereich Rentenpolitik (49 Nennungen) sowie Energie- und Klimapolitik (48 Nennungen).

Im Bereich der Rentenpolitik wird vor allem auf eine Erhöhung des Renteneintrittsalters gedrängt, aber auch die Begrenzung des Zuschusses aus dem Bundeshaushalt angemahnt. Im Bereich der Energiepolitik wird eine stärkere Orientierung der Politik an dem CO2-Preis und eine Reduzierung kleinteiliger Subventionen gefordert. Außerdem sprechen sich einige Teilnehmende für eine Reform der Finanzierung der Netzentgelte aus.

Weitere vorgeschlagene Reformen, die aus Sicht der Ökonominnen und Ökonomen dringend angegangen werden sollten, adressieren die Sozialpolitik. Hierbei stechen der Vorschlag zur Reform des Bürgergelds und der Vorschlag einer besseren Abstimmung verschiedener Sozialleistungen zur Erhöhung der Arbeitsanreize hervor. Auch im Bereich der Steuerpolitik werden Reformen gefordert, wie beispielsweise eine Senkung der Unternehmenssteuersätze auf ein international wettbewerbsfähiges niedrigeres Niveau. Reformen in der Migrationspolitik haben ebenfalls eine höhere Priorität bei den teilnehmenden VWL-Professorinnen und VWL-Professoren. Hierbei wird einerseits auf eine Begrenzung der irregulären Migration und andererseits auf die Schaffung besserer Rahmenbedingung für die Zuwanderung von Fachkräften hingewiesen.

Reformideen in den Bereichen öffentliche Investitionen, Bildung, Digitalisierung, Gesundheitswesen, Wohnen und Bundeshaushalt werden weniger häufig genannt. Unter der Kategorie Sonstiges sind seltener genannte Reformvorschläge wie eine Neuordnung der föderalen Beziehungen zwischen Bund- und Ländern oder eine Reform der öffentlichen Verwaltung zur Effizienzsteigerungen subsummiert.

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