Markt Bautätigkeit Siedlung Draufsicht (Copyright: istock.com/BIM)

BFW-Talk auf Clubhouse: Die Zukunft der Wohnungsbaupolitik

Rund 1,5 Millionen neue Wohnungen bis Ende der Legislaturperiode: Das war das Ziel der Bundesregierung beim Wohngipfel vor rund zweieinhalb Jahren. Aber wo stehen wir heute und wie geht es weiter beim Wohnungsbau? Brauchen wir eine Wohnraumoffensive 2.0 und wie könnte sie aussehen? Welche Erwartungen hat die Immobilien- und Wohnungswirtschaft an die Politik? Über diese und viele weitere Fragen wurde am Donnerstagabend (18.03.21) beim ersten BFW-Talk auf der Audio-App Clubhouse diskutiert.

Gäste der Runde waren der Berliner CDU-Landeschef und baupolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Kai Wegner sowie BFW-Präsident Andreas Ibel, der Vorstandsvorsitzende des BFW Landesverbandes Nord, Sönke Struck, Professor Tobias Just von der IREBS Immobilienakademie an der Universität Regensburg und BFW-Schatzmeister und Unternehmer Dirk Salewski. Eine Stunde lang stellte sich die Runde den Fragen von Moderatorin Marion Hoppen und kam miteinander ins Gespräch.

Wohnungsbau: Eine Bestandsaufnahme

Der Immobilienökonom Just lieferte zum Auftakt eine Bestandsaufnahme und bilanzierte, dass man beim Wohnungsbau insgesamt gut unterwegs sei. Zum Ziel der 1,5 Millionen neuen Wohnungen fehlten aus seiner Sicht noch etwa 300.000 bis 400.000 Einheiten. Es sei Luft nach oben. Der CDU-Politiker Wegner räumte ein, dass die Bundesregierung „den Schalter umgelegt“ habe. Diese Entwicklung müsse nun aber verstetigt werden, vor allem in den Ballungsräumen und großen Städten. Das Problem aus Sicht von BFW-Präsident Ibel: „In Bereichen, wo wir nicht so großes Wachstum haben, wird mehr gebaut als dort, wo dringend Wohnraum benötigt wird. Dadurch ist die gefühlte Wohnungsnot noch viel größer als die tatsächlich messbare“. Zudem werde die Lücke zwischen Baugenehmigungen und Baufertigstellungen immer größer, weil wachsende staatliche Auflagen das Bauen immer mehr verteuerten und komplizierter machten.

Hürden beim Wohnungsbau

Von der Genehmigung bis zur Fertigstellung eines Wohnhauses dauere es heute mindestens 24 Monate, erläuterte Sönke Struck, der als Geschäftsführer in der dritten Generation ein Wohnungsbauunternehmen in der Nähe von Hamburg leitet. Wichtig aus seiner Sicht: „Die Verfahren von der Idee, Bauland zu schaffen bis hin zum Bezug der Wohnungen nehmen in Metropolen ganz andere Zeiträume in Anspruch als in der Fläche“. Zusätzliche Hürden schafft laut BFW-Präsident Ibel die Novellierung des Baugesetzbuchs. „Die erhoffte Baulandmobilisierung kommt dabei nicht heraus, deshalb sagen wir: Lieber keine BauGB-Novelle als diese“. Angesichts der auch durch die Corona-Pandemie bedingten Veränderungen in den Innenstädten forderte Ibel, eine Experimentierklausel in das BauGB einzubringen, um schnellere Entscheidungen treffen zu können.

Kritik am Baulandmobilisierungsgesetz

Probleme in der BauGB-Novelle räumte auch der CDU-Politiker Wegner ein: „Der große Wurf wird es nicht und wird es auch im parlamentarischen Verfahren nicht mehr werden“, sagte er. Das Umwandlungsverbot sei einer von vielen Streitpunkten in der Koalition. Am Ende des Tages müsse es aber darum gehen, Eigentum auch zu ermöglichen. Das BauGB muss nach den Worten Wegners von der nächsten Bundesregierung entrümpelt und ergänzt werden. Er schlug ein Planungsbeschleunigungsgesetz auch für den Baubereich vor. Im Infrastrukturbereich habe man damit gute Erfahrungen gemacht. Zudem verlangte Wegner ein eigenständiges Bauministerium.

Mehr Akzeptanz für Bauvorhaben gefordert

BFW-Schatzmeister und Bauunternehmer Salewski berichtete, wie er in seiner Arbeit täglich erfahre, dass Entscheider Angst vor Entscheidungen haben. „Von dieser Angst müssen wir wegkommen“, forderte er und plädierte für ein stärkeres Miteinander von Kommunen und Wirtschaft. Gemeinsam müssten Wirtschaft und Politik, Verwaltung und Kommunen mehr Akzeptanz für Bauvorhaben schaffen. Der Immobilienökonom Just brachte dabei die aufgeheizte Diskussion um Mietpreise ins Spiel: „Wir müssen ernst nehmen, dass der Preis bei Mietsteigerungen eine Funktion hat. Deshalb dürfen wir ihn nicht wegregulieren. Nur durch die Preisentwicklung wissen wir, wo etwas gebraucht wird“.

Positive Ansätze in Hamburg

Wegner stimmte zu. Die einzige Chance, das Wohnraumproblem in den Griff zu bekommen, sei das Verständnis, Wohnen als gemeinsame Aufgabe anzusehen. Dabei verwies er auf das Hamburger Bündnis für das Wohnen, mit dem es gelungen sei, alle Akteure an einen Tisch zu bringen. „In Berlin dagegen haben private Investoren Probleme, weil sie sich als Feinde der Stadt fühlen und das macht mich fassungslos“, so Wegner. BFW-Präsident Ibel warnte zudem davor, das Thema Wohnen zum parteipolitischen Spielball zu machen.

Erwerbsnebenkosten senken

Im weiteren Verlauf der Diskussion ging es um konkrete Vorschläge, um den Wohnungsbau voranzubringen. „Wir müssen günstiger bauen, schneller bauen und die Nebenkosten senken“, sagte der Wissenschaftler Just zusammenfassend. Dafür brauche es ausreichend Bauland, das intensiver genutzt werden kann. Die Runde war sich zudem einig, wie wichtig es ist, auch jungen Menschen Wohneigentum zu ermöglichen. Dies scheitere in den meisten Fällen am Eigenkapital. Der Unternehmer Struck schlug vor, die erste selbst genutzte Eigentumsimmobilie von der Grunderwerbssteuer zu befreien. „Dies brächte eine stattliche Summe an Eigenkapital, wäre schnell und einfach umzusetzen und könnte auch zügig greifen“, so Struck. Wegner griff diese Forderung auf und plädierte für eine Eigentumsoffensive. Aus seiner Sicht sei Wohneigentum die beste Altersvorsorge und zudem ein Stabilitätsfaktor für Kieze.

Ideologisch geprägte Initiativen prägen die Diskussion

Doch warum wird derzeit zum Teil so erbittert über die Wohnungs- und Baupolitik gestritten? Die Diskussionsteilnehmer verwiesen auf verfehlte Politik wie beim Berliner Mietendeckel oder auf rein ideologisch geprägte Initiativen und Entscheidungen. Ein Beispiel: Die Debatte um das Verbot von Einfamilienhäusern – ausgelöst durch die Entscheidung des grünen Bezirksamtsleiters im Hamburger Bezirk Nord. Der BFW Nord-Vorstandsvorsitzende Struck merkte an, dass der Bezirk ohnehin seit 12 Jahren keinen Eigenheim-B-Plan mehr auf den Weg gebracht habe und in diesem Zeitraum neue Wohnungen nur im Geschosswohnungsbau entstanden sind.

Fokus auf gemeinsame Suche nach Lösungen

„Am Ende muss die Lösung der Probleme in den Fokus rücken, dann schaffen wir auch Dinge gemeinsam. Dass man sich gegenseitig den politischen Willen abspricht, etwas für die Menschen zu erreichen, ist nicht zielführend“, so das Abschlussplädoyer von BFW-Präsident Ibel. „Die Neid-Debatten müssen aufhören und dürfen nicht von der Politik befördert werden. Denn alle haben das gleiche Ziel: Wohnen soll für alle bezahlbar sein und das ist machbar“, ergänzte der BFW Nord-Vorstandsvorsitzende Struck. Der Immobilienökonom Just mahnte an, die Corona-Krise als Chance zu begreifen, die uns Verbesserungs- und Veränderungsmöglichkeiten aufzeigt.

BFW-Schatzmeister und Bauunternehmer Dirk Salewski brachte es mit seinen Worten auf den Punkt: „Ich will doch nur bauen, aber ihr müsst mich auch lassen“. Für ihn sei die wichtigste Vokabel des Abends das Wort „gemeinsam“ gewesen, denn gegeneinander könne man die Herausforderungen beim Wohnungsbau nicht lösen.  

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