BFW-Gutachten „Vorschläge zum kostengünstigen Bauen“

Um den Gebäudetyp E zivilrechtlich zu ermöglichen, soll nach dem Koalitionsvertrag eine gesetzliche Verknüpfung mit den technischen Baubestimmungen der Länder vorgenommen werden. Das Abweichen von den anerkannten Regeln der Technik soll künftig keinen Mangel mehr darstellen. Nun geht es darum, den Koalitionsvertrag gesetzlich umzusetzen.

Hierfür hat RA Michael Halstenberg, Ministerialdirektor a.D. im Auftrag des BFW ein Gutachten mit 11 konzeptionellen Regelungs- und Verfahrensvorschlägen erarbeitet. Das Gutachten zeigt auf, wie überhöhte baukostensteigernde Standards, die die Vertragsparteien gerade aus Kostengründen nicht realisieren wollen, einfach und rechtssicher vermieden werden können. Alternative technische Lösungen im Vergleich zu DIN-Normen und anderen technischen Regelwerken werden dadurch erleichtert. Initiativen der Bundesländer, wie der Regelstandard Schleswig-Holstein oder der Hamburg-Standard können durch die bundesgesetzlichen Regelungs- und Verfahrensvorschläge flankiert werden. Die rechtssichere Umsetzung wird bundesweit gestärkt. Verträge mit Verbrauchern werden in den gesetzlichen Anwendungsbereich einbezogen ohne die Rechte der Verbraucher zu beeinträchtigen.

Die Regelungsvorschläge

Es geht um die Vermeidung der bauvertraglichen Fixierung von technischen Regelwerken, um einfaches und kostengünstiges Bauen rechtssicher zu ermöglichen. Die Regelungsvorschläge für § 633 BGB (Seite 34 ff. des Gutachtens) lassen sich wie folgt zusammenfassen:

1. Gleichwertige technische Lösungen ermöglichen.

Eine Abweichung von DIN-Normen und anderen technischen Regelwerken ist kein Sachmangel, wenn die Eignung durch eine technisch gleichwertige Ausführung gewährleistet ist.

2. Bauordnungsrecht als Grundlage für den Bauvertrag.

Die Mindeststandards aus dem Bauordnungsrecht sind auch im Zivilrecht ausreichend, sofern die Parteien dies vertraglich vereinbaren. Für die Wirksamkeit der Vereinbarung ist der Hinweis aus-reichend, dass die Ausführung die übliche Beschaffenheit unterschreiten kann. Eine weitreichende Aufklärung des Auftraggebers oder Käufers entfällt.

3. Korrektur der rechtlichen Vermutung, wonach technische Regelwerke anerkannte Regeln der Technik sind.

Vereinbaren Parteien ausdrücklich einen bestimmten technischen Standard, z. Bsp. die anerkannten Regeln der Technik, besteht keine rechtliche Vermutung, dass aktuelle technische Regelwerke anerkannte Regeln der Technik sind. Damit wird die Rechtsprechung korrigiert, die bis-her vielfach von einer solchen „tatsächlichen Vermutung“ ausgeht.

4. VOB/B ohne anerkannte Regeln der Technik vereinbaren.

In der Praxis wird vielfach die VOB/B vereinbart und damit auch die Einhaltung der anerkannten Regeln der Technik. Daher soll die VOB/B geändert werden, damit die anerkannten Regeln der Technik nicht wieder automatisch mitvereinbart werden. 2

5. Gebäudeenergiegesetz technologieoffen anwenden.

§ 7 GEG mit der Inbezugnahme auf die anerkannten Regeln der Technik wird gestrichen. Dies erleichtert die technologieoffene Umsetzung der Zielvorgaben im GEG.

Die Verfahrensvorschläge

Die Verfahrensvorschläge zielen darauf ab, das Gebäudetyp-E-Prinzip zu flankieren und erfolgreich in der Praxis umzusetzen Die Vorschlage (Seite 43 ff des Gutachtens) lassen sich wie folgt zusammenfassen:

6. Bauordnungsrecht wirtschaftlich tragfähig gestalten.

Bevor neue DIN-Normen und andere technischer Regelwerke als technische Baubestimmungen in den Landesbauordnungen eingeführt werden, müssen die Länder stets eine Kostenfolgeabschätzungen mit Aufwand-Nutzen-Analyse durchführen. Kostensteigerungen müssen durch den zu erwartenden Sicherheitsgewinn gerechtfertigt sein (wirtschaftliche Verhältnismäßigkeit).

7. Einfaches Bauen bundesweit fördern.

Die Einführung von Hamburg-Standard und Regelstandard Schleswig-Holstein sollte über die För-derbestimmungen des sozialen Wohnungsbaus auch in den anderen Bundesländern geprüft wer-den. Die Fördermittel des Bundes sollten von den Ländern auch für Projekte eingesetzt werden können, die einen abgesenkten Bau-/Regelstandard im sozialen Wohnungsbau vorsehen.

8. Sicherheitsstandards kostenoptimal definieren.

Die bauordnungsrechtlichen Sicherheitsstandards der technischen Gebäudeausrüstung sind auf ein kostenoptimales Kosten- / Nutzenniveau auszurichten.

9. Erstellung und Abfassung Technischer Regelwerke verbessern.

Normen müssen erkenne lassen, dass ihre Anwendung freiwillig ist und kein verbindliches bauliches Mindestniveau definieren. Die Transparenz der Normungsprozesse ist zu erhöhen.

10. Bauprodukte wirtschaftlich tragfähig definieren.

Die Bundesregierung sollte darauf hinwirken, dass die geplanten materiell-rechtlichen Anforderungen an Bauprodukte durch die EU-Kommission auch die wirtschaftlichen Auswirkungen für die Baukosten berücksichtigen.

11. Gebäudetyp-E-Gesetz praxisgerecht umsetzen.

Die Vertragspartner sind für Nutzung und Chancen des neuen Gebäudetyp-E-Gesetzes und zum vertraglichen Umgang zu sensibilisieren.

© 2020 BFW Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen e.V.