Blick auf Hamburg mit Elbphilharmonie/Photo by Norbert Hentges on Unsplash

Bauplanungsrecht: Nachverdichtung mit Lärmschutz?

Ziel für eine zukunftsfähige Stadt ist das nutzungsgemischte Quartier. Dieses verkürzt Verkehrswege und hat eine attraktive soziale und kulturelle Infrastruktur. Es erscheint auf den ersten Blick folgerichtig, dass die bauplanungsrechtlichen Vorgaben beim Lärm- und Immissionsschutz überprüft und an die geänderten Lebensverhältnisse angepasst werden.

Was so einfach klingt, ist jedoch sehr komplex. Der nachfolgende Beitrag versteht sich als Diskussionsbeitrag. Es werden einige bauplanungsrechtliche Prämissen vorgestellt, um im Spannungsfeld zum Lärmschutz Nutzungsmischung und Nachverdichtung voranzubringen.  

Aktiven Lärmschutz beim Verursacher fördern

Lärm gehört zu den stärksten Beeinträchtigungen im Wohnumfeld. Ein Mindestmaß an Aufenthaltsqualität in Wohnquartieren muss auch außerhalb des Wohnraums gesichert werden. Bewohner werden ein Quartier kaum als lebenswert empfinden, wenn es draußen laut ist und Balkone sowie Grünflächen nicht genutzt werden können. Eine Diskussion gesetzlicher Änderungen sollte daher primär auf zusätzlichen Lärmschutz beim Verursacher gerichtet sein.

Lärm primär außerhalb des Gebäudes begrenzen

Um Lärm zu begrenzen, sollten neben dem Lärmschutz beim Verursacher primäre Lärmschutzmaßnahmen außerhalb des zu bauenden Gebäudes durchgeführt werden, um Immissionen von außen zu begrenzen.

Dies wird auch durch die Ergebnisse einer Arbeitsgruppe vom BMK (Bauministerkonferenz) und UMK (Umweltministerkonferenz) bestätigt: „…Die Resultate der Lärmwirkungsforschung belegen seit langem, dass der Schutz des Außenbereichs –neben dem Schutz der Wohnräume und der Möglichkeit, Fenster für Lüftungszwecke zu öffnen – ein bedeutsames Element ist, damit die betroffenen Menschen ihr Wohnumfeld als qualitativ und angemessen ruhig erleben. Aus Studien ist auch bekannt, dass passive Schallschutzmaßnahmen, also Schallschutzfenster, von den Betroffenen vielfach nicht akzeptiert werden. Die TA Lärm (Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm) legt daher auf der Grundlage der Vorgaben des BImSchG (Bundesimmissionsschutz-Gesetz) Immissionsrichtwerte zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Anlagengeräusche fest, die auch den Außenbereich von Wohnungen und das sonstige Wohnumfeld schützen…Qualitätsvolle Aufenthaltsbereiche im Freien sind ein wichtiges Ziel für eine nachhaltige Stadtentwicklung…“

Fazit: Immissionen von außen begrenzen. Passive Lärmschutzmaßnahmen nur als ultima ratio, wenn ansonsten nicht gebaut werden könnte.

Technologieoffenheit ohne gesetzliche Regelbeispiele

Das häufig genannte Hamburger Fenster ist nur eine Möglichkeit von vielen möglichen passiven Lärmschutzmaßnahmen. Es ist kein Regelfall, sondern der besonderen Situation, wie zum Beispiel im Hamburger Stadtteil HafenCity, geschuldet. Eine Verallgemeinerung verbietet sich.

Es gibt auch nicht DAS Hamburger Fenster. Je nach Höhe der Außenlärmpegel sind unterschiedliche Konstruktionstypen möglich. Diese reichen von einfacheren sogenannten lärmoptimierten Fenstern bis hin zu Kastenfensterkonstruktionen.

Folgebetrachtung für Baukosten und laufende Kosten durchführen

Auch die Nachteile müssen in die Gesamtbetrachtung einbezogen werden. Fensterkonstruktionen wie das Hamburger Fenster können insbesondere bei hohen Außenlärmpegeln den Raum nicht mit ausreichend Frischluft versorgen. Daher ist in diesen Fällen zusätzlich eine unterstützende Lüftungsmaßnahme, wie z. B. schallgedämmte Außenwand-Luftdurchlässe oder Fensterfalzlüfter, notwendig, die die Kosten in die Höhe treibt. Die Reinigung ist bei einigen dieser Fensterkonstruktionen nur mit hohem Aufwand möglich. Daher sind auch diese laufenden Kosten in die Gesamtbetrachtung einzubeziehen. Die wirtschaftlichen Nachteile sind auch bei der Ermessensentscheidung für den konkreten Einsatz passiver Lärmschutzmaßnahmen im jeweiligen Einzelfall zu beachten.

Kommunale Umsetzungspotentiale nutzen

Die neuen Immissionsrichtwerte der TA Lärm für Urbane Gebiete haben den planerischen Spielraum deutlich erweitert. Es macht daher Sinn, dass die Kommunen zunächst die erweiterten Spielräume des Urbanen Gebiets bei der gemeindlichen Planung konsequent nutzen.

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