Verbände fordern 910.000 neue Sozialwohnungen

Der Staat betreibt ein Missmanagement bei der Unterstützung fürs Wohnen. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Wohnungsmarkt-Studie vom Pestel-Institut (Hannover). Das Bündnis „Soziales Wohnen“ stellte diese am heutigen Dienstag auf einer Pressekonferenz in Berlin vor. In dem Sozial-Bündnis haben sich der Deutsche Mieterbund (DMB), die IG BAU sowie die Caritas Behindertenhilfe und Psychiatrie (CBP) gemeinsam mit zwei Verbänden der Bauwirtschaft zusammengeschlossen.

 Die Untersuchung wirft Bund und Ländern vor, die Förderung von Sozialwohnungen massiv vernachlässigt zu haben. Dadurch sei ein „dramatischer Mangel an sozialem Wohnraum in Deutschland“ entstanden: So fehlen nach Berechnungen der Wissenschaftler bundesweit aktuell mehr als 910.000 Sozialwohnungen.

Die Studie zeigt, dass der Staat in besonders angespannten Wohnungsmärkten, in denen es an bezahlbaren Alternativen mangelt, überhöhte und damit deutlich über dem Durchschnitt liegende Mieten bei der Übernahme der Kosten der Unterkunft zahlt. „Es liegt damit nahe, dass dort, wo sich Mieterhöhungsspielräume auftun, ein Teil der Vermieter diese auch nutzt“, so das Bündnis „Soziales Wohnen“. Diese Spielräume müssten durch effektives Mietrecht dringend begrenzt werden.

Insgesamt hat der Staat nach Angaben der Wissenschaftler im vergangenen Jahr erstmals mehr als 20 Milliarden Euro an Sozialausgaben für die Unterstützung bedürftiger Menschen beim Wohnen ausgegeben: gut 15 Milliarden Euro für die Kosten der Unterkunft, die überwiegend von den Job-Centern gezahlt werden. Und zusätzlich über 5 Milliarden Euro für das Wohngeld. Dagegen lagen die Ausgaben von Bund und Ländern für den sozialen Wohnungsbau in den letzten Jahren lediglich bei unter 2,5 Milliarden Euro pro Jahr, so die Studie.

Die Botschaft, die das Bündnis „Soziales Wohnen“ damit im Endspurt der Beschlüsse zum Bundeshaushalt 2024 platziert, ist klar: „Die beste Kostenbremse bei der Subjektförderung ist eine rasche und entschlossene Objektförderung.“ Die konkrete Forderung dazu: Bund und Länder sollen umgehend 50 Milliarden Euro für die Förderung von sozialem Wohnraum bereitstellen. Nur so könne es gelingen, dem Ampel-Ziel, 100.000 Sozialwohnungen pro Jahr neu zu bauen, wenigstens ein Stück näher zu kommen – und damit „ein Regierungsversprechen nicht komplett zu brechen“.

Sozialwohnungsbau sei eine Aufgabe, die dauerhaft – über Legislaturperioden hinweg – abgesichert werden müsse. „Daher muss der soziale Wohnungsbau als gesamtgesellschaftliche Aufgabe grundgesetzlich abgesichert und von der Schuldenbremse ausgenommen werden“, fordert das Bündnis „Soziales Wohnen“.

Darüber hinaus fordert das Bündnis „Soziales Wohnen“ eine Steuerreduzierung für den sozialen Wohnungsbau: Für den Neubau von Sozialwohnungen sollen künftig lediglich 7 statt – wie bisher – 19 Prozent Mehrwertsteuer fällig werden.

Außerdem soll ein Sonderbudget „Sozialer Wohnungsbau“ geschaffen und gezielt dort eingesetzt werden, wo der Mangel an Sozialwohnungen besonders hoch ist. Spitzenreiter seien hier Baden-Württemberg (206.000 fehlende Sozialwohnungen), Bayern (195.000), Berlin (131.000) und Niedersachsen (109.000).

Von dem Sonderbudget würden Städte und Regionen profitieren, in denen der Staat heute gezwungen ist, überdurchschnittlich hohe Mieten für bedürftige Haushalte zu zahlen, die er beim Wohnen unterstützt. Das Bündnis fordert damit „Treffsicherheit bei der sozialen Wohnraumförderung statt Gießkannenprinzip“.

Außerdem warnen die Bündnispartner den Bund, „weiterhin wertvolle Zeit verstreichen zu lassen“: Das Defizit bei den Sozialwohnungen sei „ein ebenso drastisches wie akutes Problem“. Deshalb komme es darauf an, die für die Jahre 2026 und 2027 geplanten Mittel „unbedingt jetzt für den sozialen Wohnungsbau bereitzustellen“. Der Sozialwohnungsmangel sein „kein Übermorgen-Problem“.

Das Bündnis fordert darüber hinaus eine feste „Sozial-Quote“ bei der Vergabe von Sozialwohnungen: Bundesweit soll es künftig in allen Kommunen „Wohn-Härtefallkommissionen“ geben, die über ein 10-Prozent-Kontingent der zu vergebenen Sozialwohnungen entscheiden. Damit werde vor Ort die Berücksichtigung sozialer Kriterien bei Wohnungsvergaben garantiert. Benachteiligte Menschen – insbesondere Menschen mit Behinderung – hätten dadurch „endlich wieder eine Chance, auf dem Wohnungsmarkt Fuß zu fassen“, so das Bündnis. Außerdem soll ab sofort ein Kontingent von mindestens 10 Prozent der Sozialwohnungen, die pro Jahr neu gebaut werden, Menschen mit Behinderung bereitgestellt werden. Hierbei gehe es um kleine und barrierearme Wohnungen.

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