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Sustainable Finance in der Immobilienwirtschaft

Mit der Agenda 2030 stellten die Vereinten Nationen die Weichen für einen nachhaltigen Umbau der Klima- und Wirtschaftspolitik weltweit. Basis bilden die 17 Nachhaltigkeitsziele (SDGs) mit 169 Unterzielen. Das Pariser Klimaabkommen 2015 brachte weiteren Schwung in Richtung Klimaneutralität. Die Europäische Union verabschiedete Ende 2019 den Green Deal, der bis 2030 EU-weit jährlich 260 Milliarden Euro an Investitionen erfordert, die es zu finanzieren gilt.

Der privaten Finanzierung der nachhaltigen Investitionen wird eine maßgebliche Bedeutung zugeschrieben. Die EU übt hier wesentlichen Einfluss aus. Mit dem Action Plan on Sustainable Finance vom Mai 2018 wurde ein Fahrplan vorgegeben: Es wurde Ende 2019 eine EU-Taxonomie zur Definition von Nachhaltigkeit bei Anlagen und zur Offenlegung von Nachhaltigkeitsrisiken eingeführt, Verbindlichkeiten zur Anwendung ab 2022 wurden geschaffen (Taxonomie Technical Report Juni 2019). Im 3. Quartal 2020 will die EU-Kommission eine neue Strategie für ein nachhaltiges Finanzwesen vorlegen.

Entwicklung in Deutschland

Diese Entwicklungen finden auch ihre Entsprechung in Deutschland. Das Bundesaufsichtsamt für das Finanzwesen (BaFin) erließ im Dezember 2019 ein Merkblatt „Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken“. Die BaFin geht umfangreich auf Nachhaltigkeitsrisiken ein, die Kreditinstitute in ihren Geschäftsmodellen und -beziehungen zu berücksichtigen haben.

Obwohl hier noch keine verbindliche Prüfung festgelegt wird, führt dies bereits heute zu einem erheblichen Druck auf die Kreditwirtschaft: neue Funktionen zum Thema werden aufgebaut, die Messinstrumente bis hin zu Ratingthemen überprüft und erweitert und die großen Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaften werden mandatiert.

Der Rat für nachhaltige Entwicklung (RNE) der Bundesregierung hat zusammen mit der Deutschen Börse einen Hub for Sustainable Finance (H4SF) gegründet. Der RNE hat mit seinem Sustainable Finance-Beirat einen Zwischenbericht „Die Bedeutung der nachhaltigen Finanzwirtschaft für die große Transformation“ vorgelegt.

Der nachhaltige Umbau der Finanzwirtschaft ist folglich voll in Fahrt, auch mit künftigen Auswirkungen auf die Immobilienwirtschaft.

Marktanteil nachhaltiger Investments wächst stark

Der Markt von Green, Social und Sustainability Bonds (GSS) ist in den letzten zehn Jahren stark angestiegen, von 7 Milliarden USD in 2009 auf 281 Milliarden USD in 2019, allein in Europa hat sich der Marktanteil von 2015 auf 2019 fast versechsfacht. Weltweit werden über 31 Billionen USD nachhaltig gesteuert, dies entspricht etwa einem Viertel des weltweit aktiv gemanagten Vermögens. Das Bekenntnis von Douglas Fink, CEO von BlackRock, von Anfang 2020 bringt es auf den Punkt:

„…The evidence on climate risk is compelling investors to reasses core assumption about modern finance.“ (Annual Letter)

ESG-Kriterien (Environment Social Governance)

Die Beurteilung und Steuerung nach ESG-Kriterien (Environment Social Governance) als Maßstab für Nachhaltigkeit nimmt damit ebenfalls deutlich zu. ESG-Ratings und -Strategien entwickeln sich bei nachhaltig orientierten Anlegern, Asset Managern, Fonds und generell in der Finanzwirtschaft zum Standard.

In der Immobilienwirtschaft ist der Begriff bei Asset Managern und Fonds zunehmend verbreitet. Unternehmen wie Catella sehen ESG als Wettbewerbsfaktor. Die Investoren achten bei Immobilien im Rahmen ihres Impact Investings auf die Erfüllung von ESG-Kriterien. In der Projektentwicklung gewinnen ESG-Kriterien an Bedeutung. Investmentmanager wie COREESTATE stellen ESG-Steuerung in den Mittelpunkt ihres Geschäftsmodells.

ESG-Rating und neue Finanzierungsinstrumente im Aufwärtstrend

Der Markt für ESG-Ratings boomt, was die großen US-Ratingagenturen erkennen und auf Einkaufstour von Nachhaltigkeitsratingagenturen gehen. In Deutschland gibt es nur noch eine größere unabhängige Agentur: imug Rating aus Hannover.

Der Anleihenmarkt für grüne und nachhaltige Anleihen wächst. Erste Wohnungsunternehmen wie VW Immobilien GmbH emittieren grüne Anleihen bzw. nehmen Grüne Schuldscheine auf (z. B. Nassauische Heimstätte Wohnstadt). Die Nachfrage ist größer als das Angebot.

Der Markt ist zwar in den „Kinderschuhen“, mit den verschärften Anforderungen an die Kreditwirtschaft und einer verstärkten Nachfrage nach ESG-Anlagen werden sich nachhaltige Finanzierungsinstrumente in den nächsten Jahren deutlich mehr verbreiten. Erste Finanzinstrumente sind sogar ESG-linked und günstiger als der Markt, da ein Zinszuschlag entstehen kann, wenn ein Unternehmen seine Nachhaltigkeitsziele nicht erreicht.

Zukunftstrend Sustainable Finance – Thesen für die Immobilienwirtschaft

Das Fazit ist eindeutig, Sustainable Finance ist keine Modeerscheinung und nachstehende Entwicklungen zeichnen sich ab:

  • Noch ist „Sustainable Finance“ eher ein Finanzierungs-/Anlageinstrument in einen sich entwickelnden Markt, in naher Zukunft wird über die Beurteilung von Nachhaltigkeitsrisiken die klassische Finanzierung betroffen sein. Nachhaltigkeit erreicht damit die Passivseite der Bilanz.
  • Nachhaltigkeitsrisiken könnten bei den Banken in Ratingsystemen Einzug halten und zu Risikoaufschlägen in der Kondition führen.
  • Der Trend geht somit zum „Nachhaltigen Finanzierungsmanagement“ und Unternehmen werden dabei neben einer Nachhaltigkeitsberichterstattung das Thema „Nachhaltigkeitsrating“ bzw. ESG-Steuerung vermehrt beachten.
  • Im Rahmen der neuen Taxonomien und Risikobetrachtungen wird fehlende Nachhaltigkeit mittelfristig einen Finanzierungsnachteil darstellen.

Wie kann die Immobilienwirtschaft mit diesen Entwicklungen umgehen?

  • Nachhaltigkeitsmanagement ist um ESG-Rating und nachhaltiges Finanzierungsmanagement zu ergänzen.
  • Taxonomie und neue Standards sind zu prüfen, um auf Ebene der Immobilienverbände eine eigene Basis zu schaffen.
  • Das Finanzierungsinstrumentarium ist zu prüfen und ggf. zu erweitern, z. B. um Grüne Schuldscheindarlehen.
  • Die Entwicklung ist zu beobachten und ESG-Steuerung ist zur Chefsache zu machen sowie in der Projektentwicklung zu implementieren.

Am 25. März 2021 findet das Finanzierungssymposium des BFW Nord mit dem Schwerpunkt Green Finance statt, das Roland Keich moderieren wird.

Weitere Informationen finden Sie unter https://www.gsf-hamburg.de.

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