Serieller und Modularer Wohnungsbau

Bis ins Jahr 2025 wird bundesweit mit einem jährlichen Bedarf von rund 400.000 neuen Wohnungen gerechnet. Insbesondere in Metropolregionen ist die Nachfrage nach bezahlbarem Wohnraum für Studierende, Auszubildende und Senioren sehr hoch. Aber auch der Bedarf an Gewerbeimmobilien wird in den sieben deutschen A-Städten auf einem hohen Niveau bleiben und insbesondere für den Berliner Raum wird sogar mit einem Anstieg gerechnet. Um diesen Bedarfsprognosen gerecht zu werden, erhält das serielle und modulare Bauen aktuell viel Aufmerksamkeit.

Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) hat im Zuge dessen über das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung ein Förderprogramm zum nachhaltigen und bezahlbaren Bau von gemischt nutzbaren Variowohnungen im Rahmen der Forschungsinitiative „Zukunft BAU“ initiiert.

Diese Variowohnungen sollen einen innovativen Charakter hinsichtlich Architektur sowie baulicher und technischer Standards aufweisen. Zusätzlich wird jedes Modellvorhaben von forschenden Einrichtungen wissenschaftlich begleitet. Ziel ist es, die Grundlagen für die Weiterentwicklung und die nachhaltige Nutzung von Variowohnungen zur Verfügung zu stellen.

Innerhalb des Förderprogramms wurden bundesweit 19 Bauvorhaben umgesetzt, die bezahlbaren Wohnraum für die zuvor genannten Bedarfsgruppen bis Ende 2019 bereitstellen. Das Fachgebiet Bauwirtschaft und Baubetrieb der Technischen Universität Berlin begleitet seit 2016 zwei dieser Modellvorhaben im Rahmen einer wissenschaftlichen Kooperation. Beide Projekte zeichnen sich durch stark verkürzte Bauzeiten, flexible Nachnutzungsmöglichkeiten sowie eine innerstädtische Nachverdichtung aus. Außerdem werden beide Projekte mit einem Nachhaltigkeitssiegel zertifiziert.

Eines dieser Projekte befindet sich in Hamburg-Steilshoop und ist bereits im April 2019 von Auszubildenden bezogen worden – und das, obwohl im Oktober 2018 erst mit dem Rohbau begonnen wurde. Möglich ist dies durch die Verwendung der Raum-modulbauweise, bei der dreidimensionale Stahlrahmenmodule mit einem hohen Vorfertigungsgrad stationär vorgefertigt werden.

Durch die auf diese Weise stark reduzierte Rohbauzeit konnten an einem Tag Raummodule mit einem Bruttorauminhalt von rund 1.700 m³ montiert werden – aber auch größere Mengen sind je nach Transportgenehmigungen durchaus möglich. Denn die Module wurden mittels Tiefladern nachts in die Hamburger Innenstadt transportiert und in einem nahe gelegenen Gewerbegebiet zwischengelagert bis die Montage erfolgen konnte.

Weitere Bauzeitverkürzungen konnten durch die Vorverlagerung von Teilprozessen der Ausbau- und TGA-Gewerke in die Werkhallen erzielt werden. Alle restlichen Leistungen können dann unmittelbar nach Modulmontage auf der Baustelle begonnen werden, da die Materialien bereits in den Modulen direkt mitgeliefert wurden. Hierdurch entstehen weitere Bauzeitvorteile, wodurch eine durchschnittliche restliche Ausbaugeschwindigkeit von 1.550,- m³ BRI pro Monat erreicht wird.

Das Fachgebiet Bauwirtschaft und Baubetrieb der TU Berlin untersucht bei beiden Projekten den Einfluss von Komponenten des seriellen Bauens auf die Entscheidungsautonomie des Bauherrn, einen höheren Vorfertigungsgrad und die Flexibilität der Gebäude.

Ergebnisse der Forschungstätigkeit zeigen, dass einheitliche Grundrissgestaltungen (z. B. bei Wohnheimen oder Bürogebäuden) einen höheren Vorfertigungsgrad ermöglichen und so auch die Bauzeit enorm verkürzen können. Aber dem Vorfertigungsgrad sind auch Grenzen gesetzt, die sich in erster Linie aus den Transportbedingungen der Module ergeben.

Denn einerseits müssen die Module beim Transport in Größe und Gewicht sich den Gegebenheiten der Straßen unterordnen und andererseits erfordern höher ausgebaute Module zusätzliche Aufwendungen für den Schutz der Ausbauten bei Transport und Montage, damit keine Schäden beim während der Fahrt oder beim Absetzen entstehen.

Ferner wird der optimale Zeitpunkt zur Einbindung der Anbieter bzw. Modulhersteller für die modulare Bauweisen untersucht, denn dieser kann den Vorgaben bei öffentlichen Vergaben widersprechen, da für eine möglichst hohe Bauzeitverkürzung eine frühe Festlegung der konstruktiven Planungsdetails wichtig ist.

Vorstellung Fachgebiet Bauwirtschaft und Baubetrieb

Das Fachgebiet Bauwirtschaft und Baubetrieb im Institut für Bauingenieurwesen der Technischen Universität Berlin beschäftigt sich mit den ökonomischen Herausforderungen, die sich rund um das Planen, Errichten und Betreiben von baulichen Anlagen auf der Branchen-, Unternehmens-, Projekt- und Prozessebene ergeben.

Das Angebot in der Lehre umfasst neben dem klassischen Feld des Baubetriebs insbesondere auch das Projekt- und Bauobjektmanagement über den Lebenszyklus von Gebäuden, Ingenieurbauten und Infrastrukturvorhaben. Vertiefungsmöglichkeiten bestehen darüber hinaus im Bau- und Vergaberecht, im Vertrags- und Konfliktmanagement sowie im Bereich Bauwirtschaft mit Themen zum Markt und Wettbewerb in der Branche. Ausgebildet werden vor allem Studierende des Bauingenieurwesens und des Wirtschaftsingenieurwesens mit Schwerpunkt Bau.

Nicht allein in der Lehre, sondern auch in der Forschung liegt der Anspruch des Fachgebiets in einer disziplinübergreifenden Betrachtung breit gefächerter Themen im gemeinsamen Kontext der Wirtschaftlichkeit.

Aktuelle Forschungsfelder sind u.a.:

  • Strukturwandel der Bauwirtschaft
  • Strategische Bauherren- und Beschaffungsorganisation
  • Organisations- und Vertragsmodelle für komplexe Großprojekte
  • Projektrisiko-, Vertrags- und Konfliktmanagement
  • Bauarbeitsmarkt und Personalentwicklung
  • Industrialisierung und Digitalisierung der Bauwirtschaft

Neben der wissenschaftlichen Grundlagenarbeit liegt ein Schwerpunkt der Aktivitäten hierbei in der Forschungskooperation mit Partnern aus der Wirtschaft wie auch aus dem institutionellen Sektor. Weiterhin erbringt das Fachgebiet Beratungs- und Gutachterleistungen zu strategischen und operativen Fragestellungen.

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