Seniorenimmobilien 2020: Megatrend„polymodular“!

Die Assetklasse „Pflegeimmobilie“ wird zunehmend unspezifisch: Hat man Jahrzehnte unter diesen Begriff „nur“ das klassische Pflegeheim gefunden, so muss man – spätestens seitdem seit kurzem nun auch „Co-Working-Spaces“ eine eigene Assetklasse wurden – schärfer differenzieren.

Es ist sowohl von der Immobilien- wie auch von der Betriebsseite aufgrund der rein baulichen wie auch matrixhaften risikorelevanten Faktoren zu unterscheiden zwischen „Pflegeheimen“, „Betreutem Wohnen“, „Wohngemeinschaftshäusern“, „Tages- und anderen Gasteinrichtungen (wie z. B. Hospizen) und auch Objekten, die „unter einem Dach“ mehrere dieser Typen beheimaten.

Polymodulare Projekte

Sie wurden als „Hybride“ bezeichnet, was aber in die Irre führt, da es nicht um eine Integration von Verschiedenem zu einem einheitlichen Zweck geht, sondern um unterschiedliche Module, die unterschiedliche Nutzerzielgruppen ansprechen, die unterschiedliche Funktionalitäten erfüllen müssen und die daher baulich völlig unterschiedlich auszulegen sind. Es handelt sich um völlig unterschiedliche Module, weswegen Immobilienprojekte mit dieser baulichen Kombination besser als „polymodular“ bezeichnet werden.

Alte Trends – neue Trends

Und diese polymodularen Projekte liegen im Trend: Zwar fokussiert sich das Interesse der institutionellen Investoren nach wie vor auf „Pflegeheime“, aber der Objekt- und auch Projektmangel befeuert die Nachfrage nach den polymodularen Typen.

Dieses Ausweichen trifft mehr und mehr auf eine korrespondierende Betreibernachfrage: Anbieter/Träger, die bislang nur oder zumindest überwiegend vollstationäre Häuser betrieben haben, wenden sich davon ab, da Angebote wie Betreutes Wohnen, Tagespflege und ambulant betreute Wohngemeinschaften nicht nur in der Refinanzierung ambulanter Leistungen interessanter sind, sondern vor allem deutlich flexiblere Angebote ermöglichen, die – und das wird immer wichtiger – auch einen flexibleren Personaleinsatz erlauben.

Ambulante Anbieter wenden sich vor allem wegen des Personalmangels für ihre „fahrenden Dienste“ Angebotsformen zu, in denen sie ihre Leistungen örtlich geclustert erbringen können: weg von der Straße hin zur Betreuung von örtlich geclusterten Klienten.

Neue Synergien: private Pflegedienste und private Immobilienwirtschaft finden zueinander

Immobilien- und Pflegewirtschaft erkennen zunehmend den synergetischen Nutzen: Sicherlich ist vollstationäre Pflege „quadratisch, praktisch, gut“ und polymodulare Angebote sind eher komplex, aber die Komplexität in baulicher wie auch betrieblicher Hinsicht ist nicht nur „beherrschbar“, sondern mittlerweile auch „beherrscht“.

Beispiel: Zusammenarbeit eines Pflegedienstes mit einem Investor

Ein gutes Beispiel hierfür ist ein Projekt eines Pflegedienstes aus Ostwestfalen und eines Immobilieninvestors aus Hamburg: Die Pflege GmbH – Detmold ist ein seit 1994 ein aktiver familiengeführter Pflegedienst im Kreis Lippe. Regina Buba hat den Pflegedienst im Oktober 1994 als GbR gegründet. Carsten Buba kam im Jahr 1998 dazu. Zusammen bauten sie als Gründerehepaar das Unternehmen „Die Pflege GmbH – Detmold“ auf und machten es zu dem, was es heute ist. Fast 50 MitarbeiterInnen betreuen täglich über 100 Kunden.

Die Kinder Patricia Schlick, Sören Buba und Felix Buba sind über die Jahre hinweg nach und nach ins Unternehmen gekommen. Das Team erweiterte sich 2019 um die Familienmitglieder Caroline und Vanessa Buba. Der Dienst bietet Betreuung für Senioren, Pflege für junge und erkrankte Menschen in Lippe-Augustdorf, Horn-Bad Meinberg, Lippe, Detmold, Hiddesen, Bad Salzuflen, Oerlinghausen und Leopoldshöhe.

Darüber hinaus werden Tagespflegen, Wohngemeinschaften und Betreutes Wohnen in Lage und Pivitsheide angeboten. Der Investor des neuen Projekts in  Lage ist die INP-Gruppe. Sie hat in Lage bereits in die „Seniorenresidenz Lage“, ein 80-Betten-Pflegeheim investiert und dieses Investment ergänzt durch ein Gebäudeensemble mit zwei ambulanten Wohngemeinschaften für je zehn Nutzer, eine Tagespflege für 16 Gäste und zehn betreute Wohnungen, seniorengerecht und barrierefrei mit Flächen zwischen 35 und 59 Quadratmetern. Jedes Angebot ist autark, wenngleich auch in einem Gebäudekomplex angesiedelt.

Das Projekt in Lage, das in diesem Herbst an den Start geht, trifft die Bedarfslage punktgenau: Tagespflegeplätze als Unterstützungsangebote sind überall Mangelware. Pflegewohngemeinschaften erfreuen sich – nicht nur im ländlichen Raum – immer größerer Beliebtheit, weil sie in kleinteiligem Setting gerade für demenziell erkrankte Menschen eine optimale Betreuung bieten können.

Und Betreutes Wohnen gibt für diejenigen Senioren, die ihren Haushalt noch selbstständig führen können, die Basissicherheit und -infrastruktur, die „langes Leben zuhause“ gewährleistet. Carsten Buba: „Die Kombination macht‘s!“ und sein Sohn Felix ergänzt: „Jedes einzelne Modul ist als eigenständiges Angebot zu sehen: Einheit in Vielfalt – das ist der Schlüssel zum Erfolg!“  Die gewählten Größen passen: vor allem die gewählte Platzzahl der Wohngemeinschaften bildet einen guten Ausgleich zwischen Versorgungsqualität und Wirtschaftlichkeit.

Dauerthema: Mietkosten bei ambulant betreuten Wohngemeinschaften

Die Wirtschaftlichkeit eines WG-Angebots wird vor allem auch dadurch bestimmt, ob die Mieten „sozialhilfefähig“ sind. Ob sie es sind, hängt nicht von der Höhe der „Hartz IV-Mieten“ ab. Erforderlich ist vielmehr eine Vergleichsbetrachtung der lokalen WG-Mieten auf der einen Seite und auf der anderen Seite muss eingestellt werden, dass die baulichen Anforderungen gerade für Wohngemeinschaften ständig zunehmen mit der entsprechenden Steigerung der Baukosten.

Neubaumieten unter 11,00 Euro kalt sind durchweg kaum noch darstellbar. Die Neuregelung des § 42 a SGB XII in der Fassung des Bundesteilhabegesetzes hilft, ist aber nicht genug: Die Politik muss endlich für ambulante Pflegewohnformen akzeptieren, dass die Kosten letztlich denen in vollstationären Pflegeeinrichtungen entsprechen, also auf der Basis von gängigen Investitionskosten um 22 Euro zu berechnen sind, was Monatskaltmieten von um 660 Euro entspricht und bei 50 qm Wohnfläche je Nutzer auf eine Quadratmetermiete von um 13 Euro hinausläuft.

Resumé: Auf zu neuen Ufern!

Das Projekt in Lage zeigt Dreierlei:

1. polymodulare Seniorenimmobilien liegen im Trend,

2. Betreutes Wohnen, Tagespflege und Wohngemeinschaften sind Verschiedenes,

3. die Module sind aus der Perspektive des Anbieters von Betreuung und Pflege konzeptionell zusammen zu denken.

Diese drei Aspekte müssen dann auch die Leitlinie für Investitionsentscheidungen bilden, damit ein Investment in polymodulare Seniorenimmobilien den nachhaltigen Erfolg bringt, den sich alle Beteiligten wünschen – und auch brauchen!

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