Als mit Beginn der Pandemie praktisch alle Bürobeschäftigten der Welt geleichzeitig vom Unternehmensbüro ins Homeoffice umzogen, war eines jedem klar: So würde es nicht bleiben. Doch während die einen dieses weltumspannende Experiment als den Beginn vom Ende des traditionellen Büros ausmachten, erwarteten die anderen die vollständige Rückkehr in selbiges, spätestens nach dem Ende der Pandemie. Natürlich waren die meisten Stimmen, wie immer in solchen Debatten, gemäßigter. Gestritten wurde trotzdem heftig, und mangels fundierter Erkenntnisse vor allem auf der Grundlage persönlicher Erfahrungen, bekannter Anekdoten und individueller Weltanschauungen.
Trefflich streiten lässt sich immer noch. Allerdings nicht mehr ernsthaft darüber, ob das Büro eine Zukunft hat, sondern nur noch darüber, wie es sich in einer Welt mobiler Schreibtischarbeit verändern wird. Denn während das Coronavirus hierzulande längst endemisch geworden ist, hat sich die Homeoffice-Quote auf hohem Niveau stabilisiert (siehe Abbildung unten). Etwa ein Viertel aller Beschäftigten arbeitet wenigstens teilweise zu Hause, wobei viele Menschen ihrer Arbeit überhaupt nicht im Homeoffice nachgehen können (Fabrikarbeiterinnen, Kassierer, Pflegekräfte etc.). In typischen „Bürobranchen“, etwa der Unternehmensberatung, liegt die Quote weit darüber und erreicht in der Spitze mehr als 70 %.
Doch nicht nur die Arbeit von zu Hause hat mit der Pandemie einen kräftigen Schub bekommen. Dasselbe gilt auch für die Forschungsaktivitäten zum mobilen Arbeiten, sodass heute eben nicht mehr auf Basis von Empfindungen, sondern auf Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse gestritten werden kann. Und maximal verkürzt lässt sich die zentrale Erkenntnis der Forschung in unseren Augen so zusammenfassen: Kein Büro ist keine Lösung – kein Homeoffice aber auch nicht. Anders formuliert: Für die meisten Unternehmen ist ein hybrider Ansatz, also ein Mix aus dem Arbeiten im Unternehmensbüro und von zu Hause oder an anderen Orten, am vorteilhaftesten.
Arbeitsmodelle im Vergleich: Hybridmodell am vorteilhaftesten
Im Kern haben Unternehmen heute die Wahl zwischen drei verschiedenen räumlichen Arbeitsmodellen. Sie können erstens auf ein eigenes Unternehmensbüro verzichten und ihre Beschäftigten vollständig im Homeoffice oder an anderen Orten wie Coworking Spaces arbeiten lassen (Remote-Modell). Zweitens können sie auf vollständige Präsenz im Unternehmensbüro setzen (Präsenzmodell) und drittens den hybriden Mittelweg wählen, bei dem sowohl im Unternehmensbüro als auch an anderen Orten gearbeitet werden kann (Hybridmodell).
Der Hybridansatz ist vielgestaltig und seine konkrete Gestalt formen Unternehmen vor allem anhand zweier Parameter: dem Maß an Entscheidungszentralität und dem Maß an Flexibilität. Bei höchster Entscheidungszentralität gelten die Regelungen zum mobilen Arbeiten unternehmensweit, bei höchster Dezentralität wird mit jedem Mitarbeitenden eine individuelle Vereinbarung getroffen. Dazwischen liegen zum Beispiel abteilungs- oder teamspezifische Regelungen. Volle Flexibilität ist gegeben, wenn alle Beschäftigten jederzeit selbst darüber entscheiden dürfen, wo sie ihre Arbeit erledigen. Von diesem so genannten unstrukturierten Hybridansatz unterscheidet sich der strukturierte dadurch, dass der Flexibilität der Mitarbeitenden Grenzen gesetzt werden, indem Vorgaben gemacht werden, wie oft bzw. wann im Unternehmensbüro gearbeitet werden soll. Die häufig zu lesenden „Zurück ins Büro“-Schlagzeilen, die das mediale Bild der letzten Monate prägten (z. B. über Zoom), beziehen sich nicht etwa auf einen Wechsel vom Remote-Modell ins Hybridmodell und schon gar nicht auf eine Rückkehr zu vollständiger Anwesenheit, sondern zumeist auf den Wechsel vom unstrukturierten zum strukturierten Hybridansatz.
Vergleicht man das Hybridmodell auf Basis wissenschaftlicher und empirischer Erkenntnisse hinsichtlich der drei für Unternehmen erfolgskritischen Faktoren ‚Produktivität‘, ‚Kosten‘ und ‚Talentpool‘ mit den beiden anderen Modellen, so lässt sich daraus ableiten, dass es für die meisten Unternehmen die beste Wahl ist (siehe Tabelle unten). Manche Unternehmen werden das vollständig mobile Arbeiten wegen seiner erheblichen Kostenvorteile und seiner potenziell unbegrenzten Rekrutierungsreichweite bevorzugen, auch wenn es deutliche Produktivitätsnachteile gegenüber den beiden anderen Modellen aufweist. Für das Präsenzmodell spricht hingegen wenig, ist es doch dem Hybridmodell in allen drei Belangen unterlegen (siehe Seitenende: detaillierte Erläuterung der drei Modelle).