Wohnungen baut nicht der Staat, sondern ein privater Investor. Wenn für ihn die Baukosten sinken, springt auch der Wohnungsbau wieder an – auch ohne Sondervermögen, schreibt IW-Immobilienexperte Michael Voigtländer in einem Gastbeitrag für das Handelsblatt.
Nach der Ankündigung eines Sondervermögens für Infrastruktur werden die Rufe laut, über den Infrastrukturfonds auch den Wohnungsbau stärker zu fördern oder sogar ein eigenes Sondervermögen aufzulegen. Stattdessen sollten aber besser strukturelle Reformen angegangen werden, um private Investitionen zu stärken.
Der Wohnungsbau steht in der Tat vor großen Herausforderungen. Im letzten Jahr wurden nach IW-Berechnungen wahrscheinlich nur rund 260.000 Wohnungen errichtet, in diesem Jahr dürfte die Zahl der Fertigstellungen auf 230.000 sinken. Gebraucht werden aber mehr als 370.000 Wohnungen. Angesichts dessen scheint es auf den ersten Blick naheliegend, zusätzliche öffentliche Mittel auch für den Wohnungsbau einzusetzen. Doch die Sachlage ist eine andere. Mit dem Infrastrukturfonds sollen öffentliche Investitionen nachgeholt werden, die über einen Zeitraum von zwei Dekaden ausgeblieben sind.
Wohnungen werden aber nur zu einem kleinen Teil von der öffentlichen Hand – meist von kommunalen Wohnungsunternehmen – gebaut, stattdessen dominieren private Investoren. Privaten Investoren wiederum fehlt es nicht an finanziellen Mitteln, sondern sie haben ihre Investitionen zurückgefahren, weil die Rentabilität von Wohnungsbauinvestitionen aufgrund zu hoher Baukosten und gestiegener Zinsen gesunken ist.
Subventionen sind kein tragfähiger Weg
Der Staat kann nun natürlich durch Subventionen die Rentabilität wieder erhöhen, doch dies ist ein teurer und dauerhaft nicht tragfähiger Weg. Vielmehr muss es darum gehen, die Baukosten wieder zu reduzieren und die Produktivität im Bau zu erhöhen, die seit den 1990er-Jahren stagniert. Hohe Baukosten und niedrige Produktivität sind das Resultat einer überbordenden Regulierung und eines innovationsfeindlichen Rahmens. Hierzu einige Beispiele.
Starre Regeln: Ein wesentliches Hemmnis für Innovationen im Wohnungsbau und damit eine produktivere Bauweise ist die Richtlinie der „anerkannten Regeln der Technik“ (§ 633 BGB). Sie legt fest, dass die Bauausführung und die verwendete Technik sowohl wissenschaftlich fundiert als auch in der Praxis erprobt sein müssen. Bereits die wissenschaftliche Fundierung einer Innovation kann Jahre brauchen, eine Erprobung in der Praxis noch einmal mindestens ebenso lange. Entsprechend kann eine Innovation beim Bau die „anerkannten Regeln“ per se nicht erfüllen. Da Käufer – trotz vollständiger Funktion einer Innovation – Bauunternehmen im Zweifel verklagen können, wenn diese die anerkannten Regeln der Technik nicht einhalten, sind Innovationen im Wohnungsbau faktisch unmöglich.
Keine industrielle Fertigung: Über serielle und modulare Bauweisen können Skaleneffekte gehoben und Effizienzsteigerungen erreicht werden. Doch die industrielle Vorfertigung wird in Deutschland immer noch ausgebremst. Ein Grund: Immer noch gibt es 16 Landesbauordnungen, die teilweise zum Beispiel unterschiedliche Deckenhöhen vorsehen, und auch Kommunen haben teilweise sehr unterschiedliche Anforderungen. Darüber hinaus fehlt es an der entsprechenden Bereitstellung von Bauland, um entsprechend großvolumig bauen zu können.
Hemmschuh Energieeffizienz: Auch der Fokus auf hohe Energieeffizienzstandards hat die Kosten deutlich erhöht. Dabei sind diese für den Klimaschutz nicht zwingend erforderlich. Entscheidend ist vielmehr die Emissionseffizienz und damit die Frage, wie viel Kohlendioxid tatsächlich emittiert wird. Sobald eine Immobilie vollständig über grüne Energien beheizt wird, ist sie klimaneutral. Dies gilt zum Beispiel für solche Immobilien, die vollständig mit einer Wärmepumpe beheizt werden, welche wiederum durch grünen Strom versorgt wird. Wärmepumpen lassen sich bereits in Immobilien nutzen, die den Energieeffizienzstandard D erfüllen. Eine Ausrichtung an der Emissionseffizienz würde somit sowohl für die Sanierung als auch Neubauten neue Spielräume öffnen.
Sinken die Baukosten, springt auch der Wohnungsbau wieder an
Dies sind nur Beispiele für strukturelle Reformen. Aber auch in anderen Bereichen wie Brand- oder Schallschutz gibt es weiter Ansatzpunkte für pragmatischere und günstigere, aber immer noch adäquate Lösungen.
Können die Baukosten signifikant gesenkt werden, würde auch der Wohnungsbau wieder anspringen – und dies ganz ohne zusätzliche Subventionen. Dies gilt grundsätzlich auch für den sozialen Wohnungsbau und die Wohneigentumsbildung. Gerade im sozialen Wohnungsbau könnten die Vorteile der industriellen Vorfertigung besonders effektiv genutzt werden, wenn etwa kommunale Wohnungsunternehmen sich zusammenschließen. Wichtiger als mehr staatliche Mittel wäre für die Bauherren eine konstante, aber dafür verlässliche Förderung.
Die Beispiele zeigen: So verlockend ein Sondervermögen zur schnellen Förderung des Wohnungsbaus auch ist – wichtiger ist eine Reform im Baurecht.
(Quelle: Institut der deutschen Wirtschaft)
- Franco Höfling
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