Diplom-Geografin, Projektleiterin bei bulwiengesa, Bereich Immobilienmarktresearch und -analyse, Daten- und Informationsmanagement
Die 13. Projektentwicklerstudie hat erneut die Entwicklungen in den sieben A-Städten unter die Lupe genommen und belegt: Schon wieder gab es einen Rückgang bei Wohnungen, dafür wachsen Büroflächen mit Rekordwert.
Auf den ersten Blick scheint die Welt wieder in Ordnung: Nach einem Rückgang im Vorjahr nehmen die Projektentwicklerflächen wieder zu. Mit 5,3 Prozent Wachstum erreicht das Gesamtvolumen der Trading-Development-Projekte, also der klassischen Projektentwicklungen zum Verkaufszweck, über alle sieben A-Städte hinweg 28,4 Millionen Quadratmeter. Allerdings haben sich die Ursachen dieser Entwicklung deutlich verändert. Seit neuestem werden für die Studie übrigens – zusätzlich – die Entwicklungen im sogenannten Investor Development erfasst; dies sind Projektentwicklungen für den eigenen Bestand, beispielsweise der großen Wohnbestandshalter.
Wohnen weiterhin rückläufig, Büro wächst um 23 Prozent
Das Projektflächenvolumen im Wohnsegment ist im Trading Development mit –1,6 Prozent erneut rückläufig. Damit ist der Rückgang zwar nicht mehr so stark wie im vergangenen Studienjahr. Aber die Richtung bleibt dieselbe und bestätigt: In den sieben A-Städten gibt es immer weniger Wohnprojektentwicklungen.
Insbesondere in Berlin scheint vielen die Lust auf Wohnungsbau vergangen: War in den vergangenen Studienjahren durchweg Flächenwachstum zu verzeichnen, so sind im letzten und im aktuellen Studienjahr die Projektflächen im Wohnsegment um 4,6 Prozent zurückgegangen (–270.000 qm). Auch München, Düsseldorf und Stuttgart weisen Rückgänge auf. Es gibt auch Städte mit Zuwachs im Wohnsegment, den größten hat Hamburg mit 154.000 qm oder 5,6 Prozent. Auch ein Blick auf die künftigen Flächen kann wenig aufmuntern: Die Flächen in Planung machen mittlerweile in den meisten Märkten weniger als 50 Prozent aus und sind im Vergleich zum Vorjahr deutlich – um über 60 Prozent – zurückgegangen.
Ganz anders das Bürosegment. Nach jahrelangem Flächenrückgang wachsen nun zum dritten Mal in Folge die Projektflächen – diesmal um satte 23 Prozent. Der Zuwachs ist in allen A-Städten erkennbar, sehr stark wiederum in Berlin mit 32 Prozent bzw. 550.000 qm. Der Anstieg ist überwiegend bei den Flächen zu verzeichnen, die in Bau oder in Planung sind.
Nicht nur das extreme Beispiel Berlin mit dem erneuten Rückgang bei Wohnprojektentwicklungen und dem enorm hohen Anstieg im Bürobereich zeigt, wie die Wohnungspolitik in den Großstädten das Investitionsverhalten beeinflusst und in eine so nicht gewünschte Richtung lenkt. Immer mehr Wohnungsbauträger entwickeln lieber Büros. Das immerhin sorgt dafür, dass der teilweise marktlähmende Leerstand bei Büros etwas abgemildert wird.
Gute Gründe für die Büro-Bevorzugung
Dass Projektentwickler Büros bevorzugen, ist dem niedrigen Leerstand in den großen Büromärkten und dem Mietanstieg in den letzten Jahren geschuldet. Mittlerweile sind in einigen Märkten Vorvermietungen schon während der Planungs- und Bauphase keine Seltenheit mehr. Hinzu kommt: Büroimmobilien sind weiterhin ein beliebtes Investmentziel. Das Segment weist solide Basisdaten auf und ist weniger baulich reguliert. Aktuell werden Büroprojekte durchaus auch spekulativ begonnen.
Demgegenüber stehen die weiterhin hohen, aber aus Sicht des Endkunden am Limit kratzenden Preise im Wohnsegment, insbesondere im höherwertigen Teileigentumsmarkt. In Kombination mit den hohen Grundstückspreisen, den höheren Bau- und Planungskosten und den immer längeren Planungszeiträumen sind hier schnell die Grenzen der Rentabilität erreicht. An Nachfrage mangelt es keiner der sieben A-Städte, unabhängig vom Preissegment. Um zumindest die hohen Grundstückspreise zu umgehen, orientieren sich einige Projektentwickler längst hin zu kleineren Märkten. Dort sind noch Potenziale vorhanden, um insbesondere im Teileigentumsmarkt mit nachfragegerechten Preisen rentabel zu bauen.
Abb. 1: Bürosegment: Trading-Development-Flächen 2018 und 2019 inkl. Veränderungen (in %) nach Stadt
Abb. 2: Wohnsegment: Trading-Development-Flächen 2018 und 2019 inkl. Veränderungen (in %) nach Stadt
Projektentwicklungen für den Eigenbestand wachsen
Die Studie bestätigt den Trend wachsender Investor-Development-Projektflächen – in allen Segmenten. Im Wohnungsbau sind das beispielsweise Wohnungsbaugesellschaften, deren Engagement als Wohnraumschaffer politisch stark erwünscht ist. Tatsächlich können sie die aktuellen Verluste an Wohnflächen bei den Trading Developern sogar überkompensieren.
So hat das Wohnsegment im Investor Development mehr als 600.000 qm an Fläche zugelegt. Das Volumen fällt mit 7,5 Millionen qm Wohnfläche dennoch weiterhin deutlich geringer aus als im klassischen Trading Development (17,0 Mio. qm). Wie zu erwarten, sind die größten Akteure die großen lokal tätigen Wohnungsbaugesellschaften. Trotz deren gestiegenen Volumina ist klar, dass diese die benötigten Wohnungen nicht alleine bauen können. Den Löwenanteil erledigen immer noch die privaten Entwickler. Dabei werden nicht wenige Wohnprojekte von Projektentwicklern an-entwickelt, um insbesondere die öffentlich geförderten Teile noch im Planungsstatus an Wohnungsbaugesellschaften weiterzureichen.
Abb. 3: Top 10 Trading Developer in deutschen A-Städten nach Nutzungstypen 2019, in Tsd. qm