Mieter*innen wie Käufer*innen von Wohnungen müssen jährlich mehr fürs Wohnen ausgeben. Wie hoch die Einkommensanteile genau sind, die in einzelnen deutschen Regionen durchschnittlich für die Nettokaltmiete beziehungsweise die Kreditzahlung aufgebracht werden müssen, hat das Hamburgische WeltWirtschaftsInstitut (HWWI) für den Postbank Wohnatlas berechnet. Eingeflossen sind auch regionale Unterschiede bei den Miet- und Immobilienpreisen.
Der jeweilige Einkommensanteil wurde auf Basis der durchschnittlichen regional verfügbaren Haushaltseinkommen für eine 70-Quadratmeter-Wohnung berechnet. Für den Fall eines Immobilienkaufs legte das HWWI eine Kreditaufnahme von 80 Prozent des Preises inklusive Grunderwerbsteuern und zwei Prozent Notargebühren zu einem Zinssatz von 4,6 Prozent und einer Anfangstilgung von 2,1 Prozent zu Grunde. Nebenkosten wie Maklergebühren oder Sanierung sind nicht berücksichtigt. Nach dieser Berechnung identifizierten die Expert*innen 83 Regionen, in denen Käufer*innen 2022 maximal fünf Prozentpunkte mehr ihres Haushaltsnettoeinkommens für die Finanzierung ausgeben mussten als für die Mietzahlungen.
Nach einer Faustformel sollten nicht mehr als 30 Prozent des verfügbaren Haushaltseinkommens fürs Wohnen aufgewendet werden. Da dies auch die gestiegenen Wohnnebenkosten einschließt, sollen sich Mieter*innen und Käufer*innen bei Nettokaltmiete und Annuitätenzahlungen eher an der 25 Prozent-Linie orientieren. In der Praxis ist es 2022 für Durchschnittshaushalte in vielen deutschen Gebieten jedoch schwierig geworden, diese Linie nicht zu überschreiten. Fast jeder zweite deutsche Haushalt lebte 2022 laut Postbank Wohnatlas in einer der 144 Regionen, in denen durchschnittlich mehr für die Finanzierung einer Eigentumswohnung ausgegeben werden musste. Die andere Hälfte lebt in den verbleibenden 256 Landkreisen und kreisfreien Städten, in denen der Kauf einer 70-Quadratmeterwohnung für einen Durchschnittshaushalt mit weniger als einem Viertel des verfügbaren regionalen Haushaltseinkommens finanzierbar gewesen wäre.
Gegenüber dem Vorjahr haben sich damit die Kaufmöglichkeiten in vielen Regionen deutlich verschlechtert: Statt aktuell 144 wurden 2021 nur 35 Regionen als teuer für Durchschnittshaushalte eingeordnet. So lagen vielerorts die Preissteigerungen bei den Immobilien über den regionalen Einkommenszuwächsen. Darin ist aber nicht der Hauptgrund für diese Entwicklung zu sehen. Der liegt in dem steilen Zinsanstieg gegenüber dem Vorjahr, der die mit dem Wohnungskauf verbundenen finanziellen Belastungen für den Durchschnittshaushalt deutlich erhöht hat. 2021 lag der Zinssatz für die Kreditaufnahme noch bei 1,6 Prozent, 2022 dann bei 4,6 Prozent.
In den vergangenen Jahren ist der Einkommensanteil, der für die Finanzierungen von Eigentumswohnungen aufgewendet werden musste, stetig gewachsen, da die Kaufpreise deutlich stärker als die Einkommen gestiegen sind. Diese Entwicklung flacht nun ab, die Kaufpreise legten im Schnitt nur leicht stärker zu als die Einkommen.
Dennoch mussten Haushalte 2022 deutlich höhere Einkommensanteile als 2021 für die Finanzierung aufwenden – vor allem wegen des Zinssprungs von drei Prozentpunkten binnen eines Jahres. Lag die Einkommensbelastung 2021 bei einem Annuitätendarlehen noch bei 16,3 Prozent für den Durchschnittshaushalt über alle Landkreise und kreisfreien Städte, stieg sie im Jahr 2022 auf 24,0 Prozent.
Hier lohnt sich der Immobilienkauf gegenüber der Miete
Jenseits der Big 7 zeigt die HWWI-Modellrechnung, dass vor allem in ländlichen Regionen der durchschnittliche Haushalt geringere oder gleiche hohe Anteile des Haushaltseinkommens für die Finanzierung aufbringen muss als Mieter*innen für die örtliche Nettokaltmiete. Insgesamt bieten 14 Regionen einen leichten Vorteil für Käufer*innen: Hier musste der durchschnittliche Haushalt etwas geringere Anteile des Haushaltseinkommens für die Finanzierung aufbringen als Mieter*innen für die örtliche Nettokaltmiete. In zwei Regionen besteht kein Unterschied. Am geringsten ist die Differenz in vielen ländlichen Gebieten Ostdeutschlands. Im Durchschnitt über alle Regionen des jeweiligen Bundeslandes sparten Mieter*innen nur zwei Prozentpunkte ihres verfügbaren Einkommens gegenüber Wohnungskäufer*innen in Sachsen-Anhalt. In Thüringen betrug die Differenz 2,9 Prozentpunkte und in Sachsen 5,2 Prozentpunkte. Eine Ausnahme unter den ostdeutschen Flächenländern bildet das mit Ferienregionen bestückte Mecklenburg-Vorpommern (19,6). Unter den westlichen Flächenländern ist der Unterschied im Saarland mit 5 Prozentpunkten am geringsten.
Die zehn Regionen mit dem größten Vorteil für Käufer*innen befinden sich demnach überwiegend in Thüringen, dazu kommen Gegenden in Sachsen-Anhalt, Sachsen und Brandenburg. Käufer*innen von Eigentumswohnungen im Landkreis Mansfeld-Südharz haben mit 2,3 Prozentpunkten den größten Vorteil gegenüber Mieter*innen: Sie zahlen im Durchschnitt 11,9 Prozent ihres Haushaltsnettoeinkommens für Miete, würden aber nur 9,6 Prozent für die Finanzierung einer gleich großen Eigentumswohnung bezahlen. Im Landkreis Elbe-Elster (Brandenburg) und dem Saale-Orla-Kreis (Thüringen) sparen Käufer*innen 1,6 Prozent ihres Nettohaushaltseinkommens gegenüber Mieter*innen.
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