
Justiziar/Leiter Recht
Das Bundeskabinett hat am 05.06.24 die Wiedereinführung der Wohngemeinnützigkeit beschlossen. Im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2024 wird die „Förderung wohngemeinnütziger Zwecke“ als neuer gemeinnütziger Zweck in die Abgabenordnung aufgenommen.
Die Bundesregierung setzt damit eine Vereinbarung aus dem Koalitionsvertrag um. Mit Hilfe der neuen Wohngemeinnützigkeit soll aus Sicht der Bundesregierung mehr bezahlbarer Wohnraum in Deutschland geschaffen werden. Das Jahressteuergesetz muss noch Bundestag und Bundesrat passieren.
Das Bauministerium (BMWBS) schätzt, dass von der Regelung zunächst etwa 100 Körperschaften, wie zum Beispiel Stiftungen, Vereine oder Unternehmen und rund 105.000 Mieterinnen und Mieter profitieren.
Eckpunkte:
Die Förderung der neuen Wohngemeinnützigkeit liegt in der vergünstigten Vermietung vor allem an Personen, deren Einkommen nicht mehr als das Fünf- bzw. (bei Alleinstehenden und Alleinerziehenden) das Sechsfache der Sozialhilfe nach SGB XII beträgt. Damit wird nach den Angaben des BMWBS die Vermietung an ca. 60% der Haushalte in Deutschland unter den Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit steuerbefreit. Die angebotene Miete muss dabei dauerhaft unter der marktüblichen Miete angesetzt werden.
Eine Prüfung der Einhaltung der Einkommensgrenze erfolgt nur am Anfang des Mietverhältnisses, sodass steigende Einkommen der Mieter förderunschädlich sind.
Nach Schätzungen des BMWBS sollen sich die Steuererleichterungen auf ein- bis zweitausend Euro pro Wohnung und Jahr belaufen.
Hintergrund:
Das Gemeinnützigkeitsrecht ist seit 1977 in der Abgabenordnung enthalten. In § 52 des Gemeinnützigkeitsrechts werden alle gemeinnützige Zwecke, die für das soziale Miteinander unserer Gesellschaft elementar sind, festgelegt. Dazu zählen z. B. die Förderung des Wohlfahrtswesens, die Jugend- und Altenhilfe aber auch Kunst und Kultur, Denkmal- und Naturschutz. Stiftungen, Vereine und soziale Einrichtungen, die in diesen und anderen Bereichen unternehmerisch aktiv sind, werden für das Engagement für die Gesellschaft mit steuerlichen Vorteilen „belohnt“. Die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum wurde nun ergänzend in § 52 AO eingefügt (Quelle BMWBS).
Anmerkungen:
Ob die Neue Gemeinnützigkeit als ergänzender Baustein erfolgreich zum bezahlbaren Wohnen beiträgt, hängt von der wirtschaftlich tragfähigen Ausgestaltung mit einer auskömmlichen Förderung ab. Andere Marktteilnehmer, wie die Unternehmen der mittelständischen Immobilienwirtschaft, dürfen nicht benachteiligt werden. Schlussendlich leisten alle nachhaltig agierenden Marktteilnehmer ihren Beitrag für bezahlbares Bauen und Wohnen.
Es ist sehr fraglich, ob die Steuererleichterungen ausreichen, die durch abgesenkte Mieten entstehenden Wirtschaftlichkeitslücken zu schließen. Das Ziel würde verfehlt, wenn eine nachhaltige Bewirtschaftung beeinträchtigt wäre. Investitionen in den Klimaschutz und die Schaffung eines zeitgemäßen Wohnstandards müssen auch gemeinnützig agierende Marktteilnehmer gewährleisten.
Da die Einkommensgrenzen der Mieter nur zu Beginn des Mietverhältnisses maßgeblich sind, werden Fehllenkungseffekte vorprogrammiert sein.
Eine Wohngemeinnützigkeit gab es in der Bundesrepublik Deutschland letztmalig im Jahr 1990. Diese wurde durch das Steuerreformgesetz von 1990 abgeschafft.
- Franco Höfling
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