BDA, BFW und Wohnungsunternehmen fordern Richtungswechsel – Mehr als 400 Unterstützer nach drei Monaten für die Initiative Praxispfad CO2-Reduktion im Gebäudesektor.
Breite Unterstützung für einen Kurswechsel in der Klimapolitik für den Gebäudesektor: Die von renommierten Wissenschaftlern aus den Bereichen Architektur und Ingenieurwesen Mitte November 2024 ins Leben gerufene Initiative Praxispfad CO2-Reduktion im Gebäudesektor verzeichnet nach drei Monaten mehr als 400 Unterzeichner und Unterzeichnerinnen aus den Bereichen Wissenschaft und Immobilienwirtschaft. Zu den Unterstützern der Initiative zählen prominente Branchenvertreter wie der Bund Deutscher Architektinnen und Architekten (BDA), der Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW) sowie zahlreiche kommunale, genossenschaftliche und mittelständische Wohnungs- und Immobilienunternehmen bundesweit, etwa der Spar- und Bauverein Dortmund, die Lebensräume Hoyerswerda und die Unternehmensgruppe Nassauische Heimstätte|Wohnstadt (NHW).
„Mit dem derzeitigen Kurs der weiteren Verschärfung von Energieeffizienzbestimmungen
werden wir die Klimaziele nicht erreichen. Wir könnten die Investitionen als sozial orientiertes Wohnungsunternehmen ökonomisch nicht stemmen. Die damit verbundenen bergen zudem sozialen Sprengstoff, der den Zusammenhalt unserer Gesellschaft gefährdet. Wir plädieren daher für einen Kurswechsel, der die knappen finanziellen Ressourcen effektiver einsetzt“, sagt Dr. Thomas Hain, Leitender Geschäftsführer der NHW.
Für den Bund deutscher Architektinnen und Architekten (BDA) sagt BDA-Präsidentin Susanne Wartzeck: „Wir versprechen uns von der Initiative einen kräftigen Impuls in Richtung Politik, damit sich sowohl die Rahmenbedingungen als auch die Förderstrategien verändern können. Nur, wenn wir die Regulatorik konsequent an der Verminderung der CO2-Emissionen ausrichten, können wir die Klimaziele im Bausektor erreichen.“
BFW-Präsident Dirk Salewski fordert: „Bei der Umstellung des GEG auf Emissionseffizienz dürfen wir keine Zeit verlieren. Die Initiative leistet hierfür einen wichtigen Beitrag. Bei der nationalen Umsetzung europarechtlicher Vorgaben muss die Bezahlbarkeit gewährleistet werden. Nur was sozial tragfähig und wirtschaftlich darstellbar ist, kann auch nachhaltig sein.“
Die Initiatoren des Kurswechsels in der Klimapolitik für den Gebäudesektor: „Wir haben kein Erkenntnis-, sondern ein Umsetzungsproblem. Seit Jahren ist der Befund der Wissenschaft eindeutig. Wir sparen trotz hoher Mittelaufwendungen für Sanierungen kein CO2 im Gebäudesektor mehr ein. Deshalb registrieren wir aus unseren Netzwerken, also der Wissenschaft, aber auch der Politik und von Unternehmen, sehr großes Interesse und massive Unterstützung für unsere Ideen. Wir müssen nun den Mut aufbringen, umzusteuern. Dann werden wir nicht nur unsere Klimaziele im Gebäudesektor erreichen, sondern auch einen enormen Innovationsschub im Bausektor auslösen“, so die Initiatoren.
Vor drei Monaten hatten die angesehenen Akademiker Prof. Elisabeth Endres, Prof. Dr.-Ing. Manfred Norbert Fisch, Prof. Dirk Hebel, Prof. Dr. Dr. E.h. Dr. h.c. Werner Sobek und Prof. Dipl.-Ing. Dietmar Walberg in Berlin ihr Manifest für eine nachhaltige, kosteneffiziente und sozial verträgliche Klimapolitik im Gebäudesektor vorgestellt. Darin kritisieren sie die seit vielen Jahren einseitige Fokussierung auf immer höhere Energieeffizienzstandards bezogen auf die Energiebedarfe der Gebäude als maßgebliche Voraussetzung zur Erreichung der Klimaziele. Sie fordern dringend einen politischen Richtungswechsel dahingehend, dass als Zielstellung die Reduzierung von Treibhausgasemissionen ins Zentrum gerückt wird ohne Weiterführung des Benchmarks kWh/m² als maßgebliche Größe zur Erreichung der Klimaziele.
Dies sei finanzierbar, stelle die Erreichung der Klimaschutzziele sicher und gewährleiste bezahlbares Wohnen, so die Verfasserinnen und Verfasser. Ziel der Initiative ist es, einen breiten Diskurs in der Öffentlichkeit zu organisieren und die Entscheidungsträger in der Politik dazu zu bewegen, die Klimapolitik im Gebäudesektor von Grund auf zu überdenken und sie auf realistische, erreichbare CO2-Reduktionsziele auszurichten. In Anbetracht der bevorstehenden Bundestagswahl und der drängenden Haushaltsprobleme seien die klimapolitischen Maßnahmen in den kommenden Monaten von entscheidender Bedeutung.
Die fünf Kernforderungen der Initiative: Paradigmenwechsel für mehr Klimaschutz
1. Emissionsfreie Wärmeversorgung: Fossile Energieträger müssen zügig durch emissionsfreie Technologien wie Wärmepumpen, „grüne“ Wärmenetze und die Nutzung industrieller Abwärme ersetzt werden. Der Ausbau erneuerbarer Energien auf Gebäude- und Quartiersebene wird hierbei priorisiert wie bilanzielle Ansätze auf der Ebene von Gebäudeflotten und Quartieren im Allgemeinen und hier insbesondere die gebäudeübergreifende bilanzierbare Nutzung von Solarenergie.
2. Maßvolle energetische Sanierung: Statt kostspieliger und extrem hoher Sanierungsstandards fordern die Experten eine Sanierung mit Augenmaß, bei der mit überschaubarem Aufwand und einem optimiertem Kosten-Nutzen-Verhältnis bereits wesentliche CO2-Reduktionen erzielbar sind.
3. Effiziente Wärmepumpen-Nutzung: Moderne Wärmepumpen sind bereits für teilsanierte (ab EnEV 2002) oder moderat sanierte Gebäude geeignet, was den Sanierungsdruck mindert und trotzdem eine klimaneutrale Wärmeversorgung ermöglicht.
4. Einführung eines Emissionsminderungspfads: Statt unübersichtlicher Regelungen bis ins Detail plädieren die Wissenschaftler für einen verbindlichen Emissionsminderungspfad bis 2045, der klare Treibhausgas-Emissionen für den Gebäudesektor setzt und durch eine unabhängige Emissionsagentur überwacht wird.
5. Förderung von Bestandserhalt und Kreislaufwirtschaft: Die Genehmigung aller zukünftigen Baumaßnahmen (Neubau, Um- und Weiterbau) muss an einen maximal zulässigen CO2-Ausstoß pro Quadratmeter Nutzfläche in Errichtung und Betrieb gekoppelt werden, der einem Minderungspfad folgend bis zum Jahr 2045 auf NettoNull sinkt. Bestand und Sekundärmaterialien werden hierbei rechnerisch bevorzugt, so dass gebundene grauer Energie erhalten und Abfall vermieden wird.