Justiziar/Leiter Recht
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit dem am 24.10.2025 veröffentlichten Urteil vom 12.08.2025 – IX R 24/24 entschieden, dass die Sonderabschreibung für Mietwohnungsneubau nach § 7b des Einkommensteuergesetzes (EStG) nicht zu gewähren ist, wenn ein Einfamilienhaus abgerissen und durch einen Neubau ersetzt wird.
Die steuerliche Förderung setzt vielmehr voraus, dass durch die Baumaßnahme bisher nicht vorhandene Wohnungen geschaffen werden. Dies erfordert eine Vermehrung des vorhandenen Wohnungsbestands.
Sachverhalt
Der Klägerin gehörte ein vermietetes Einfamilienhaus. Nachdem sie sich zum Abriss des sanierungsbedürftigen, aber noch funktionsfähigen Hauses entschlossen hatte, stellte sie im Jahr 2019 einen Bauantrag für ein neues Einfamilienhaus. Im Juni 2020 ließ sie das alte Haus abreißen. Ab Juli 2020 wurde der Neubau errichtet, den die Klägerin ebenfalls vermietete. Das Finanzamt (FA) berücksichtigte die reguläre Abschreibung, lehnte jedoch die beantragte Sonderabschreibung nach § 7b EStG ab. Die Klage blieb erfolglos.
Begründung
Die Revision wies der BFH zurück und bestätigte die Sichtweise der Vorinstanz. Der Zweck der Sonderabschreibung nach § 7b EStG liege darin, Anreize für die zeitnahe Schaffung zusätzlichen Wohnraums zu bieten und damit die Wohnraumknappheit zu bekämpfen. Dies folge aus der Entstehungsgeschichte des Gesetzes, das Teil der sogenannten Wohnraumoffensive der damaligen Bundesregierung war. Der Abriss und anschließende Neubau einer Immobilie ohne Schaffung eines zusätzlichen Bestands an Wohnungen erfülle dieses Ziel nicht. Anderes könne gelten, wenn der Neubau in keinem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit dem vorherigen Abriss stehe. Im Streitfall lag ein solcher Ausnahmefall nicht vor. Denn die Klägerin hatte von Anfang an geplant, das abgerissene Einfamilienhaus durch ein neues zu ersetzen, und die Bauarbeiten folgten zeitlich unmittelbar aufeinander (Quelle: BFH).
Anmerkungen
Die Sonder- AfA zielt darauf ab, dem Mangel an bezahlbarem Wohnraum für Menschen mit geringem oder mittlerem Einkommen durch die Förderung von Neu- und Umbaumaßnahmen entgegenzuwirken. Daher setzt die Förderung voraus, dass nach einer solchen Maßnahme insgesamt mehr Wohnraum zur Verfügung steht als zuvor. Bestehenden nutzbaren Wohnraum durch einen Neubau zu ersetzen, erhöhe das Wohnangebot dagegen nicht.
Dass der Ausbau- und Energiestandard des neuen Hauses besser ist, hielt der BFH für ebenso unerheblich wie die Tatsache, dass der Gesetzgeber für spätere Veranlagungszeiträume eine zusätzliche Förderung für energetische Neubauten geschaffen hatte. Das Vorgehen der Eigentümer ist aus Sicht des Gerichtes eher mit einer Sanierung vergleichbar. Sanierungen sind jedoch nicht vom Förderzweck umfasst.
Zwischenfazit
Die Entscheidung des Gerichts ist konsequent. Wird lediglich eine alte Wohnung durch eine neue ersetzt wurde, wird auch kein zusätzlicher neuer Wohnraum (= neue Wohneinheiten) geschaffen. § 7b EStG gilt für „zusätzlich geschaffene Wohnungen“. Das bedeutet, dass durch den Neubau zusätzlicher Wohnraum geschaffen werden muss, der vorher nicht existierte. Die bloße Ersetzung von Wohnraum entspricht nicht dem Förderungszweck des § 7b EStG.
Der Gesetzgeber beabsichtigte mit § 7b EStG die Schaffung von zusätzlichen neuen Wohnungen, um der Wohnungsnot entgegenzuwirken. Eine Sanierung oder Modernisierung, selbst wenn sie umfangreich ist, führt in der Regel nicht zur Schaffung von neuem Wohnraum und ist daher nicht förderfähig. Das gilt in der Regel auch für Neubau nach Abriss, wenn keine zusätzlichen Wohneinheiten entstehen.
Diese Argumentation wird auch durch die Gesetzesbegründung (vgl. BT-Drucksache 19/4949, Seite 12) bestätigt: „…Entsprechend dem Ziel des Gesetzes kommt es darauf an, dass neue Wohnungen geschaffen werden. Die Wohnung muss zusätzlich und erstmalig und damit neu geschaffen werden. Baumaßnahmen, die zu einer Verlegung von Wohnraum oder Erweiterung der Wohnfläche innerhalb eines Gebäudes führen, erfüllen die Fördervoraussetzungen nicht…“
Ausnahme bei Baufälligkeit
Etwas anderes gilt jedoch ausnahmsweise dann, wenn alterungsbedingte Mängel des abgerissenen Gebäudes so umfangreich sind, dass keine bewohnbare Wohnung mehr vorliegt bzw. eine Unbewohnbarkeit in absehbarer Zeit bevorgestanden hätte.
Dies war hier jedoch nicht der Fall. Das abgerissene Gebäude war nicht baufällig. Die Immobilie war im Zeitpunkt ihres Abrisses damit weder technisch noch wirtschaftlich verbraucht (siehe auch BFH-Urteil vom 19. Mai 1961, VI 127/60 U).
Konsequenzen für die Praxis
Soll bei Abriss und Neubau § 7b EStG zur Anwendung kommen, müssen zusätzliche neue Wohneinheiten geschaffen werden, z.B. durch andere Zuschnitte. Teilweise wird vertreten, dass sich daneben auch die Gesamtwohnfläche des Gebäudes vergrößern muss.
Soll mit dem Neubau nur Ersatz ohne zusätzliche neue Einheiten geschaffen werden, so kommt § 7b EStG nur dann in Betracht, wenn das abgerissene Gebäude wegen Baufälligkeit faktisch unbewohnbar ist.
Die Grundsätze lassen sich sinngemäß auch auf umfangreiche neubauähnliche Sanierungsmaßnehmen übertragen, wenn zum Beispiel aus einem ehemaligen Bürogebäude durch eine Kernsanierung neuer Wohnraum geschaffen wird.
Wird ein wirtschaftlich nicht mehr sanierungsfähiges Wohngebäude umfangreich, also mit einem Neubau vergleichbar, saniert, sollte für die rechtssichere Anwendung der Sonder-AfA stets auch darauf geachtet werden, dass durch neue Zuschnitte zusätzliche Wohneinheiten in Verbindung mit einer Vergrößerung der Gesamtwohnfläche geschaffen werden.
- Franco Höfling
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