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Innenstädte: Umnutzung statt Leerstand

Die deutschen Innenstädte wurden durch die Hygienemaßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie in eine Art Dornröschenschlaf versetzt: Wann der Handel seine Türen wieder öffnen darf, ist unklar, wann ein normaler Geschäftsbetrieb wie vor der Pandemie wieder möglich ist, steht ebenfalls in den Sternen.

Sicher ist aber, die Innenstädte werden nach Corona nicht mehr wie vorher sein. Die Pandemie wirkt wie ein Katalysator für eine Krise, die sich durch die Onlinekonkurrenz, das Kaufhaussterben und verändertes Einkaufsverhalten in den Fußgängerzonen bereits abzeichnete. Einigen Immobilien droht der Leerstand.

Höchste Zeit also, sich Gedanken über das Krisenmanagement zu machen, neue Konzepte zu entwerfen, statt an alten Konstrukten festzuhalten, Möglichkeiten der Umnutzung und Neustrukturierung des Mieterbesatzes zu eruieren: Den Strukturwandel als Chance zur Transformation begreifen und die Wiederbelebung der Innenstädte neu denken.

Iris Schöberl, Managing Director bei BMO Real Estate Partners Germany, und Dr. Michael Held, CEO der Terragon AG, erkennen die Potenziale, die im Wandel liegen und plädieren für ein Umdenken in der Nutzung der A-Lagen für eine heterogene und lebendige Innenstadt. Die Akzeptanz der Veränderung bringt auch neue Gestaltungsmöglichkeiten und ebnet den Weg für neue Konzepte, die letztlich den Nutzern, der Stadt und dem Handel zugutekommen.

Sechs Thesen zur Zukunft der Innenstädte

  1. Neue Gestaltungsmöglichkeiten insbesondere in den Mittelstädten

Anders als in den Großstädten sind die Einkaufsstraßen in Mittelstädten durch einen geringeren Filialisierungsgrad gekennzeichnet und stärker auf ein Zentrum fokussiert. Nicht selten bilden ein oder wenige große Filialisten den Kern der Highstreet – flankiert von lokalen Retailern. Durch den Wegfall zentraler Ankermieter ist der Handlungsdruck in diesen Städten akuter, aber die Gestaltungsmöglichkeit aufgrund des geringeren Miet- bzw. Preislevels auch realistischer.

2. Mixed-Use-Konzepte müssen in bestehende Stadtstrukturen integriert werden

Die verfügbaren Flächen bieten die Möglichkeit, die noch oftmals vorhandene Trennung von Einkaufen, Wohnen und Leben in der „klassischen“, durch Einzelhandel dominierten Innenstadt aufzuheben. Insbesondere die Umstrukturierung von nicht mehr bzw. nur teilweise genutzten großen Warenhäusern kann hier als Chance und Impulsgeber verstanden werden.

3. Umnutzung weiterdenken: Servicewohnen zieht in leerstehende Kaufhäuser

Innenstädte bieten eine hohe Lebensqualität für Senioren. Die Stadt der kurzen Wege bietet nahe gelegene Serviceleistungen, die den Bedürfnissen von Senioren besonders entgegenkommen, und verbindet aktuelle Herausforderungen wie den demografischen Wandel und das Kaufhaussterben miteinander – Demografie und Leerstand als Teile eines Diskurses.

4. Innenstädte wandeln sich aufgrund ihrer neuen Bewohnerschaft

Wenn wieder mehr Wohnraum in den Innenstädten entsteht und auch alternative Wohnkonzepte wie z. B. betreutes Wohnen Einzug erhalten, wird die Innenstadt auch für Dienstleister wieder attraktiver. Aus dem neuen Besatz ergeben sich Synergien, die sich an den Kernbedürfnissen der Nutzer orientieren. Innenstädte profitieren von der gesteigerten Aufenthaltsqualität und werden auch nach Ladenschluss zu einem lebendigen Ort.

5. Impact Investing wird immer attraktiver

Investoren sehen vermehrt Chancen in der Umnutzung von Handelsimmobilien und gestalten ihre Anlageentscheidungen flexibler. Nicht mehr die Rendite steht einzig im Fokus der Investition, sondern auch ein Mehrwert für die Gesellschaft und die Umwelt – Value für alle Stakeholder.

6. Städte brauchen neue Konzepte für Innenstadtnutzung

Städte und Kommunen müssen ihre Innenstadtkonzepte überdenken und einen Kurswechsel anstreben. Hierzu bedarf es einer Lockerung baurechtlicher und -technischer Regelungen, um Synergien zu schaffen und für eine Belebung zu sorgen.

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