Hohe Kapitalanforderungen hemmen Immobilienfinanzierung

Die wichtigsten Finanzierer im Land berichten von einem rückläufigen Neugeschäft – trotz fallender Wohnimmobilienpreise. Der Verband deutscher Pfandbriefbanken (vdp) fordert, dass die Finanzaufsicht Bafin ihre verschärften Kapitalanforderungen überprüft.

„Wir erleben gerade die lange erwartete Phase der Preiskorrektur“, sagte Georg Reutter, Präsident des Verbands deutscher Pfandbriefbanken (vdp) auf der Jahrespressekonferenz in Frankfurt am Main. Für das laufende Jahr rechnet der Verband, in dem die bedeutendsten deutschen Immobilienfinanzierer zusammengeschlossen sind, mit weiter rückläufigen Preisen – bei Gewerbe und beim Wohnen – um bis zu 20 Prozent. Die Nachfrage nach Immobilien und Finanzierungen werde dennoch verhalten bleiben, meint Reutter.

Wohnimmobilien: Nachfrage nach Finanzierungen bricht ein

Die Zurückhaltung der Marktakteure schlug sich auf das Neugeschäft der Pfandbriefbanken nieder: Sie sagten von Januar bis Dezember 2022 Immobiliendarlehen in Höhe von 158,5 Milliarden Euro zu (Vorjahr: 178 Milliarden Euro).

Angesichts der kräftig gestiegenen Zinsen brach die Nachfrage nach Finanzierungen für Wohnimmobilien laut vdp-Mitteilung im Jahr 2022 regelrecht ein. Die Pfandbriefbanken sagten Darlehen in Höhe von 98,2 Milliarden Euro zu, das sind knapp ein Fünftel (17 Prozent) weniger als im Vorjahr (118,4 Milliarden Euro). Das Neugeschäft mit Finanzierungen für Gewerbeimmobilien blieb demnach mit einem Volumen von rund 60 Milliarden Euro stabil.

Der Immobilienmarkt könne sich den vielen Belastungen – wie etwa den deutlich gestiegenen Energie- und Materialkosten, schwierigen Förderbedingungen für Bauherren und der hohen Inflation – nicht entziehen, so Reutter.

Bafin muss Kapitalanforderungen lockern

Seit dem 1. Februar 2023 gelten der sogenannte Antizyklische Kapitalpuffer und der Systemrisikopuffer für Finanzierungen von Wohnimmobilien. Das heißt: Kreditinstitute müssen die ausgereichten Finanzierungen nun mit 0,75 Prozent beziehungsweise zwei Prozent mehr Kapital unterlegen. Nach Berechnungen der Bundesbank belaufen sich die zusätzlichen Belastungen auf rund 22 Milliarden Euro. „Diese Summe an gebundenem Eigenkapital steht den Instituten somit nicht zur Kreditvergabe zur Verfügung“, schreibt vdp-Chef Tolckmitt. „Jetzt ist nicht der Moment, um den gesamten Bankensektor reflexartig und pauschal mit noch mehr Regulierung zu überziehen“, ergänzte Tolckmitt. Er forderte von der Finanzaufsicht Bafin, die vor Kurzem verschärften Kapitalanforderungen für Immobilienfinanzierungen zu lockern.

Beide Kapitalpuffer seien kontraproduktiv, insbesondere der sektorspezifische. Überzeugende Argumente hätten schon bei der Ankündigung der Puffer am Jahresbeginn 2022 gefehlt. Die dringend erforderliche Finanzierung von Wohneigentum und von Mietwohnungen werde nicht nur merklich erschwert, sondern auch verteuert, sagte Tolckmitt.

Zinsanstieg und Inflation haben dem Verband zufolge dem langen Immobilienboom ein Ende gesetzt. Viele Menschen könnten sich den Kauf einer Wohnung oder eines Hauses nicht mehr leisten. Im vierten Quartal 2022 verbilligten sich Wohnimmobilien laut Statistischem Bundesamt im Schnitt um 3,6 Prozent zum Vorjahresquartal – es war der erste Preisrückgang binnen Jahresfrist seit Ende 2010.

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