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Grundsteuerreform oder die 14 Milliarden Euro-Frage

Anfang Februar schien nach außen hin bei der Grundsteuer alles überraschend gut zu verlaufen. Bund und Länder haben sich auf ein Eckpunktepapier geeinigt, das die Reform der Steuer grob festgelegt hat. Die Eckpunkte sollten die Grundlage für die weiteren Verständigungen sein, denn vor allem Bayern hatte noch massive Bedenken an den Eckpunkten angemeldet. Nun scheinen aber Politiker aus den verschiedenen Lagern Sorgen über den eingeschlagenen Weg zu haben.

Die wesentlichen Eckpunkte stellen sich bislang wie folgt dar:

  • Bei Wohngrundstücken wird zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage an die aus dem Mikrozensus des Statistisches Bundesamts abgeleiteten nach Mietstufen gestaffelten durchschnittlichen Nettokaltmieten angeknüpft. Anstelle der durchschnittlichen Nettokaltmiete wird die tatsächlich vereinbarte Nettokaltmiete angesetzt, wenn der Eigentümer dem Mieter Grundstücke oder Grundstücksteile zu einer Nettokaltmiete überlässt, die bis zu 30 Prozent unterhalb der durchschnittlichen Nettokaltmiete liegt. Überlässt der Eigentümer dem Mieter Grundstücke oder Grundstücksteile zu einer Nettokaltmiete, die über 30 Prozent unterhalb der durchschnittlichen Nettokaltmiete liegt, ist die um 30 Prozent geminderte durchschnittliche Nettokaltmiete anzusetzen.
  • Das Baujahr ist für die Ermittlung des Grundstückswerts ein notwendiger Bewertungsparameter.
  • Ausgangspunkt für die Bewertung von Grund und Boden sind die Bodenrichtwerte. Die Finanzverwaltung kann ergänzende Vorgaben zur Bestimmung der Bodenrichtwertzonen machen. Die Gutachterausschüsse können Bodenrichtwertzonen zu noch größeren Zonen zusammenfassen.
  • Soweit für gemischt genutzte Grundstücke sowie Gewerbegrundstücke weder tatsächlich vereinbarte Mieten vorliegen noch ortsübliche Mieten ermittelt werden können, ist anstelle des Ertragswertverfahrens ein gegenüber dem geltenden Recht vereinfachtes Sachwertverfahren anzuwenden (statt über 30 Angaben sind dann nur acht Angaben erforderlich).
  • Die Kommunen erhalten die Option, eine Grundsteuer C auf unbebaute baureife Grundstücke zu erheben.

Das mit den Eckpunkten modifizierte wertabhängige Modell bemüht sich um einen Kompromiss zwischen den unterschiedlichen Herausforderungen und ist zwar teilweise praktikabler und verträglicher als das bisherige wertabhängige Modell, insbesondere, wenn es konsequent im Sinne einfacher Anwendbarkeit und über die Zeit aufkommensneutraler Bemessungsgrundlage umgesetzt wird. Der Kompromiss überzeugt aber weder im Hinblick auf die Belastungsverschiebung in hochpreisige Ballungsräume noch im Hinblick auf Bürokratieaspekte. Auch setzt er weiter eine permanente Datenerhebung und Neubewertung von Grundstücken und Gebäuden voraus. Zudem führen die Eckpunkte zu Streitanfälligkeit und sind noch nicht verlässlich umsetzbar.

Ein wertunabhängiges Flächenmodell ist weiterhin vorzugswürdig. Dennoch muss berücksichtigt werden, dass der politische Weg zu einem Kompromissmodell zwischen wertabhängigem und wertunabhängigem Modell führen wird. Ziel muss es daher sein, die wertabhängigen Komponenten soweit wie möglich zu reduzieren und weitere Vereinfachungen zur besseren Administrierbarkeit zu erreichen.

Für Wohnimmobilien stellt die Bezugnahme auf durchschnittliche Nettokaltmieten aus dem Mikrozensus nach Mietstufen grundsätzlich eine deutliche Vereinfachung dar. Die Festlegung der tatsächlichen Nettokaltmiete als Voraussetzung des Abschlags in dem Fall, dass diese unter der typischen Nettokaltmiete liegt, ist bzgl. des Belastungsniveaus hilfreich, kann allerdings wieder zu erheblichem bürokratischen Aufwand führen. Hinzukommt, dass der Bezug auf Mietenstufen gemäß Wohngeldgesetz verfassungsrechtliche Fragen aufwirft, weil die damit einhergehende Pauschalierung über verfassungsrechtliche Typisierung von Werten hinausgeht, der Mietenbezug also unverhältnismäßig stark vereinfacht wird. Besser wäre es deshalb, von Flächenwerten für Gebäude auszugehen und auf den Mietbezug als Referenz zu verzichten. Dies würde der Grundsteuer als Objekt- und Äquivalenzsteuer gerecht werden und verfassungsrechtliche Hürden umgehen.

Die Berücksichtigung von Bodenwerten birgt die große Gefahr von massiven Grundsteuererhöhungen in den sowieso schon belasteten Ballungsräumen. Außerdem stehen derzeit die Bodenrichtwerte nicht in ausreichender und qualitativ einheitlicher Form zur Verfügung. Sie müssten auf Basis bundesweit einheitlicher Kriterien transparent erhoben werden und zwar für möglichst große Zonen. Soweit der tatsächliche Wert aufgrund wertmindernder Faktoren nach unten abweicht, muss die Option bestehen, diesen Wert anzupassen. Es ist sowieso fragwürdig, Bodenrichtwerte zusammen mit dem Mietniveau zur Ermittlung der Grundsteuer heranzuziehen, da ohnehin letzteres Einfluss auf erstere hat.

Das vereinfachte Sachwertverfahren für eigengenutzte gemischte und gewerbliche Immobilien muss nochmals deutlich einfacher und klarer werden. In der Form, wie es in den Eckpunkten enthalten ist, bringt es zu viel Bürokratie und Unsicherheit. Eine vollständig digitale Umsetzung muss als Ziel gesetzt sein. Darüber hinaus sollten Betriebsvorrichtungen nicht berücksichtigt sowie einfache Regelungen zur Feststellung der Bruttogrundfläche, Alter des Gebäudes und der Gebäudeart und -nutzung gefunden werden.

Im Übrigen muss über eine vorausschauende Bauleit- und Bauplanung dafür gesorgt werden, dass Immobilienpreise und mit ihnen die Kosten für das Wohnen beherrschbar bleiben. Allerdings ist eine Grundsteuer C als Instrument zur nachhaltigen Wohnraumentwicklung weder erforderlich noch zielführend.

Nicht zuletzt muss ein für alle Male die Diskussion um die Umlagefähigkeit der Grundsteuer beendet werden. Die Umlagefähigkeit der Grundsteuer muss erhalten bleiben. Andernfalls drohen umfassende Verwerfungen auf dem Wohnungs- und Mietmarkt und potenzielle Investoren in den Mietwohnungsbau werden abgeschreckt.

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