
VRiFG a.D.
Viele Unternehmen überlegen, gegen aktuelle Grundsteuerbescheide wegen der erheblichen Kostensteigerungen rechtlich vorzugehen. Nachfolgender Beitrag erläutert anhand von Beispielen das weitere Vorgehen:
Fallbeispiel 1: Gegen den Bescheid über den Grundsteuerwert hat ein Immobilienunternehmen Einspruch eingelegt, weil es das Gesetz für verfassungswidrig hält. Über den Einspruch hat das Finanzamt noch nicht entschieden. Jetzt hat das Immobilienunternehmen den Bescheid über den Grundsteuermessbetrag und den Steuerbescheid erhalten, aus dem sich ergibt, welche Grundsteuer für das Jahr 2025 gezahlt werden soll.
Frage des Immobilienunternehmens: Müssen wir auch auch gegen diese beiden Bescheide Einspruch einlegen?
Antwort: Grundsätzlich ist es nicht erforderlich, auch gegen den Grundsteuermessbescheid und den Grundsteuerbescheid Einspruch einzulegen.
Vorsichtshalber sollten Sie aber auch diese Bescheide prüfen:
1. Sind die Angaben über Ihr Grundstück richtig und wurden die Daten korrekt aus dem Bescheid über den Grundsteuerwert übernommen?
2. Ist der Grundsteuerwert mit der richtigen Steuermesszahl multipliziert worden?
3. Ist der Messbetrag mit dem richtigen Hebesatz multipliziert worden?
Hat das Finanzamt alles richtig berechnet, sollten Sie gegen den Bescheid über den Grundsteuermessbetrag und den Bescheid über die Grundsteuer keinen Einspruch einlegen. Sollte das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) entscheiden, dass das neue Grundsteuerrecht nicht der Verfassung entspricht und der Bescheid über den Grundsteuerwert aufgrund Ihres Einspruchs geändert wird, müssen auch der Bescheid über den Grundsteuermessbetrag und der Bescheid über die zu zahlende Grundsteuer entsprechend geändert werden. Denn dabei handelt es sich um sog. Folgebescheide, die auf dem Bescheid über den Grundsteuerwert aufbauen und von diesem abhängen.
Gegen den Bescheid über den Grundsteuermessbetrag sollten Sie deshalb nur dann Einspruch einlegen, wenn Sie der Meinung sind, dass die angewandte Steuermesszahl falsch ist. Gegen den Bescheid über die zu zahlende Grundsteuer sollten Sie nur dann Einspruch einlegen, wenn Sie der Meinung sind, dass der angewandte Hebesatz falsch ist.
Hintergrund: Die Grundsteuer wird in den Bundesländern, in denen das Bundesmodell gilt, in einem dreistufigen Verfahren ermittelt. Zunächst wird vom Finanzamt der Grundsteuerwert des Grundstücks ermittelt und durch den Bescheid über den Grundsteuerwert festgesetzt. Diesen Wert multipliziert das Finanzamt mit der Steuermesszahl. Diese ist in den §§ 14 und 15 GrStG geregelt und beträgt für unbebaute Grundstücke und Nichtwohngrundstücke 0.34 v.T. und für Wohngrundstücke 0,31 v.T.. Einige Länder wie z.B. Berlin, Sachsen und das Saarland haben jedoch durch ein spezielles Landesgesetz die Steuermesszahlen abweichend festgesetzt. Dementsprechend setzt das Finanzamt den Grundsteuermessbetrag fest.
In den Bundesländern, in denen es mehrere Gemeinden gibt, wird der eigentliche Grundsteuerbescheid von der Gemeinde erlassen. Hierzu multipliziert es den Grundsteuermessbetrag mit dem von der Gemeinde festgesetzten Hebesatz. Zu diesem Zweck teilt das Finanzamt der Gemeinde den Grundsteuermessbetrag mit. In Berlin und Hamburg erlässt das Finanzamt auch den Bescheid über die zu zahlende Grundsteuer, da Land und Gemeinde identisch sind.
Obwohl Sie gegen den Bescheid über den Grundsteuerwert Einspruch eingelegt haben, ist das Finanzamt befugt, den Bescheid über den Grundsteuermessbetrag und den Bescheid über die zu zahlende Grundsteuer zu erlassen. Nur wenn das Finanzamt die Aussetzung der Vollziehung des Grundsteuerwertes verfügt hätte, dürften die Folgebescheide nicht ergehen.
Auch wenn Sie gegen den Bescheid über den Grundsteuerwert Einspruch eingelegt haben, müssen Sie die festgesetzte Grundsteuer zahlen. Sollte das BVerfG eine Änderung des Grundsteuergesetzes verlangen und sich das für Sie positiv auswirken, erhalten Sie die gezahlte Grundsteuer entsprechend zurück.
Fallbeispiel 2/ Frage des Immobilienunternehmens: Was sollen wir tun, wenn wir keinen Einspruch gegen den Bescheid über den Grundsteuerwert eingelegt haben?
Wenn Sie gegen den Bescheid über den Grundsteuerwert keinen Einspruch eingelegt haben, nützt auch ein Einspruch gegen den Bescheid über den Grundsteuermessbetrag oder die zu zahlende Grundsteuer nichts. Für einen möglichen Einspruch kommen dann lediglich die o. g. Fehler bei der Datenübertragung oder Berechnungsfehler in Betracht.
Da es sich dabei um sog. Folgebescheide handelt, kann ein Fehler des Bescheides über den Grundsteuerwert nur durch Einspruch gegen diesen Bescheid geltend gemacht werden.
Sollte das BVerfG entscheiden, dass das Grundsteuerrecht nicht der Verfassung entspricht und geändert werden muss, kann der Bescheid über den Grundsteuerwert möglicherweise im Rahmen einer sog, fehlerbeseitigenden Fortschreibung geändert werden. Diese Änderung ist allerdings nur für die Zukunft möglich.
- Franco Höfling
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