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Grunderwerbsteuer für Bauträger: Anzeigepflichten für Vertragsnachträge

Zusatzleistungen sind in Zeiten von Inflation und Materialknappheit ein zunehmend relevanter Kostenfaktor. Das Thema rückt derzeit ebenso zunehmend in den Fokus der Finanzämter. Sonderleistungen im Bauträgergeschäft erhöhen den Kaufpreis und damit auch die Grunderwerbsteuer. Das heißt, sowohl Erwerber, als auch Bauträger müssendiese Vorgänge dem Finanzamt anzeigen (§ 19 Abs. 2 GrEStG). Das Unterlassen der Anzeige kann strafrechtliche Risiken begründen.

Ausgangslage: Erwerber vereinbaren mit dem Bauträger regelmäßig Zusatzleistungen während der Bauausführung, die dann den Kaufpreis erhöhen. Damit erhöht sich in vielen Fällen auch die Grunderwerbsteuer. Veräußerungsgeschäfte werden derzeit in einigen Bundesländern durch die Finanzverwaltung verstärkt überprüft. Tendenz weiter steigend.

Entscheidungen einiger Finanzgerichte haben die o.g.  Rechtslage auch für aktuelle Fälle bereits bestätigt. Revisionsverfahren beim BFH sind derzeit anhängig, aber noch nicht entschieden (FG Bremen, Urteil vom 09.08.2021, 2K77/21- Revision beim BFH, II R 15/22 ; Niedersächsisches FG, Urteil vom 05.05.2021, 7 K 208/19- Revision beim BFH, II R 15/22).

Steuerlicher Hintergrund: Das Veräußerungsgeschäft des Bauträger ist umsatzsteuerbefreit. Das Veräußerungsgeschäft unterfällt jedoch der Grunderwerbsteuer. Rechtsgrundlage ist § 4 Nr. 9a UStG. Danach ist die Lieferung eines Grundstücks im bebauten oder unbebauten Zustand umsatzsteuerfrei. Hiervon erfasst sind auch Zuzahlungen, die der Erwerber dem Bauträger für nachträglich vereinbarte Sonderwünsche zu entrichten hat, wenn diese Leistungen einheitlich mit der Übergabe des Kaufobjektes erbracht werden (BFH 24.01.2008, V R 42/05).  Im Umkehrschluss fällt die Übertragung des Grundstücks unter das Grunderwerbsteuergesetz.

Es geht also bei der steuerlichen Bewertung der Zusatzleistungen um den unmittelbaren Zusammenhang zum Kaufvertrag. Wird der unmittelbare Zusammenhang der Zusatzleistung zum Kaufvertrag verneint, sind die Nebenleistungen umsatzsteuerpflichtig. Wird der unmittelbare Zusammenhang bejaht, sind die Nebenleistungen grunderwerbsteuerpflichtig. 

Anzeigepflicht bei Zusatzleistungen im Kaufvertrag (Bauträgervertrag): Sind die Sonderwünsche bereits im notariellen Kaufvertrag vereinbart, erhält das Finanzamt hiervon Kenntnis, weil der Notar gesetzlich verpflichtet ist, jeden Grundstückskaufvertrag der Grunderwerbsteuerstelle des örtlich zuständigen Finanzamtes vorzulegen (§ 18 GrEStG).

Anzeigepflicht bei nachträglich vereinbarten Zusatzleistungen im Kaufvertrag (Bauträgervertrag): Handelt es sich um nachträglich mit dem Bauträger vereinbarte Sonderwünsche, besteht eine Verpflichtung sowohl des Erwerbers, als auch des Bauträgers, diese Leistungen dem Finanzamt gem. anzuzeigen (§ 19 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG). Beide Beteiligte sind steuerrechtliche Gesamtschuldner. Die Unterlassung der Anzeige begründet strafrechtliche Risiken.

Die Anzeigen sind innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach Kenntnis vom anzeigepflichtigen Vorgang zu erstatten (§ 19 Abs. 3 GrEStG). Für jeden Sonderwunsch wird damit ein eigenständiger Grunderwerbsteuertatbestand in dem Zeitpunkt verwirklicht, in dem die zusätzliche Gegenleistung bindend vereinbart wird.

Bei einer Vielzahl von Nachträgen kann es praktisch jedoch kaum sachgerecht sein, jeden Nachtrag zu melden. Eine derartige Bürokratie kann sich auch das Finanzamt nicht ernsthaft wünschen. Pragmatisch orientierte Unternehmen versuchen daher die Vielzahl von Zusatzleistungen in einer Anzeige zusammenzufassen. Die Anzeige gegenüber dem Finanzamt erfolgt dann für die Summe der Zusatzleistungen aus der Schlussrechnung.

Um diesen Weg abzusichern, sollten Immobilienunternehmen diese Vorgehensweise mit dem jeweiligen Finanzamt vor Ort abstimmen. Missverständnisse mit dem Finanzamt werden vermieden. Das kooperative Miteinander bleibt erhalten.

Ggf. reicht dem Finanzamt vor Ort zunächst der generelle Hinweis auf Nachträge im jeweiligen Bauträgervertrag, um sodann die Summe der Zusatzleistungen nach der Schlussrechnung an das jeweilige Finanzamt zu melden.

Vertragliche Umsetzung: Bauträgern wird empfohlen, bereits im Bauträgervertrag den Erwerber darauf hinzuweisen, dass die Zusatzleistungen für Bauträger und Erwerber Anzeigepflichten an das Finanzamt gem. § 19 Abs. 2 GrEStG begründen und die Grunderwerbsteuer erhöhen. Dieser Hinweis sollte auch im Vertragsnachtrag und in der Schlussrechnung eingefügt werden.  

Weitere Einzelheiten für BFW-Mitglieder in der BFW-Mitgliederinfo vom 19.01.2023.

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