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Gefahrstoffverordnung in Kraft – Kein Asbestgeneralverdacht   

Am 05.12.2024 ist die geänderte Gefahrstoffverordnung in Kraft getreten, einen Tag nach der Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt. Der ursprünglich vorgesehene Asbest-Generalverdacht für Gebäude mit Baubeginn vor dem 31.10.1993 ist entfallen. Gesundheitsschutz und Praktikabilität wurden in Einklang gebracht, ein wichtiger Erfolg für die Immobilienwirtschaft.

Eigentümer sollen künftig beauftragte Handwerksunternehmen nur über das Baujahr des Hauses sowie vorliegende weitere Erkenntnisse informieren müssen. Die Handwerksunternehmen können  dann mit ihrem Fachwissen einschätzen, ob in dem Gebäude Baustoffe mit Asbestanteilen zum Einsatz gekommen sein könnten.

Die Regelungen beinhalten teilweise sehr unbestimmte Begriffe. Für die rechtssichere Umsetzung sollen daher die zugrundeliegenden technischen Normen und Richtlinien (DIN,VDI) überarbeitet und an die neue Rechtslage angepasst werden. Dies vorausgeschickt, geben wir Ihnen dennoch bereits jetzt einen ersten Kurzüberblick über die Regelungsinhalte:

Mitwirkungs- und Informationspflichten für Veranlasser von Tätigkeiten an baulichen oder technischen Anlagen gem. § 5a GefStoffV

Begriff: Der Veranlasser ist i.d.R. der Immobilieneigentümer als Auftraggeber.

Derjenige, der Tätigkeiten an baulichen oder technischen Anlagen veranlasst (Veranlasser, Auftraggeber), hat vor Beginn der Tätigkeiten dem ausführenden Unternehmen (Auftragnehmer) alle ihm vorliegenden Informationen zur Bau- oder Nutzungsgeschichte über vorhandene oder vermutete Gefahrstoffe schriftlich oder elektronisch zur Verfügung zu stellen.

Der Veranlasser hat sich zur Informationsbeschaffung in zumutbarem Aufwand der ihm zugänglichen Unterlagen zu bedienen. Gefahrstoffe sind solche, die durch die Tätigkeiten freigesetzt werden und zu einer besonderen Gesundheitsgefährdung führen können.

Damit festgestellt werden kann, ob Asbest vorliegt, hat der Veranlasser vor Beginn der Tätigkeiten

  • an Objekten mit Baujahr zwischen 1993 und 1996 das Datum des Baubeginns des Objekts oder…
  • … das Baujahr des Objekts, sofern das genaue Datum des Baubeginns nicht bekannt ist, an das ausführende Unternehmen schriftlich oder elektronisch zu übermitteln.
  • Bei Objekten mit Baujahr vor 1993 oder nach 1996 reicht die Angabe des Baujahrs aus.

Umfassende Erkundungspflichten des Arbeitgebers gem. § 6 GefStoffV

Begriff: Der Arbeitgeber ist i.d.R. der Auftragnehmer des Immobilienunternehmens.

§ 6 GefStoffV regelt umfassenden Erkundungspflichten. Der Arbeitgeber hat im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung die ihm durch den Veranlasser zur Verfügung gestellten Informationen dahingehend zu prüfen, ob Gefahrstoffe bei den Tätigkeiten an den baulichen oder  technischen Anlagen freigesetzt werden und zu einer Gesundheitsgefährdung der Beschäftigten führen können.

Reichen die dem Arbeitgeber vom Veranlasser zur Verfügung gestellten Informationen für die Gefährdungsbeurteilung nicht aus, so hat der Arbeitgeber im Rahmen einer besonderen Leistung zu prüfen, ob Gefahrstoffe bei den Tätigkeiten an baulichen oder technischen Anlagen freigesetzt werden und zu einer Gesundheitsgefährdung der Beschäftigten führen können.

Erfordert die Durchführung dieser Prüfung Kenntnisse, über die der Arbeitgeber nicht verfügt, hat er sich dabei externen Sachverstands zu bedienen. Dies gilt insbesondere dann, wenn für eine sachgerechte Prüfung eine technische Erkundung erforderlich wird.

Ist für die Durchführung der Gefährdungsbeurteilung und die daraus resultierende Festlegung geeigneter Schutzmaßnahmen eine technische Erkundung erforderlich, um festzustellen, ob Gefahrstoffe bei den Tätigkeiten an baulichen oder technischen Anlagen freigesetzt werden und eine Gesundheitsgefährdung der Beschäftigten darstellen können, ist diese eine Voraussetzung für die Durchführung der Tätigkeiten.

Anmerkung

Die Neuregelung ist sachgerecht und von höchster wirtschaftlicher Bedeutung für die Immobilienwirtschaft. Dies wird deutlich, wenn wir uns die Frage nach den Folgen eines Asbestgeneralverdachts stellen. Was wäre passiert, wenn es bei dem ursprünglichen Asbest- Generalverdachts geblieben wäre?

  • ¾ des gesamten Wohngebäudebestandes in Deutschland wären betroffen.
  • Sanierungsmaßnahmen würden zurückgestellt.
  • Energiewende gefährdet: Zeitnahe und wirtschaftlich tragfähige energetischen Sanierung und die Umstellung auf erneuerbare Energien wären gefährdet.
  • Heimwerkertätigkeit der Mieter und selbstnutzenden Eigentümer wären nicht einfach möglich.
  • Gefahrenabwehr beeinträchtigt: Flexibles Agieren in Notfällen zur Gefahrenbeseitigung wäre gefährdet.
  • Ressourcen fehlen: Es fehlen ausreichend Fachbetriebe, Sachverständige und Labore mit entsprechend geschultem Personal für die umfassende Erkundung, Beprobung, Analyse und Durchführung von sämtlichen Tätigkeiten.
Weitere Informationen:

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