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EU-Gebäuderichtlinie in der Kritik

Die EU-Kommission hat am 15.12.2021 den Entwurf für eine Revision der EU-Gebäuderichtlinie (EPBD) dem Europäischen Rat und dem Europäischen Parlament übermittelt. Mit der EPBD will die Europäische Kommission bis 2050 einen hocheffizienten und dekarbonisierten Gebäudebestand erreichen, eine stabile Umgebung für Investitionsentscheidungen schaffen und Verbraucher und Wirtschaft in die Lage versetzen, besser informierte Entscheidungen für die Einsparung von Energie und Geld zu treffen. Sobald uns der Entwurf in einer offiziellen deutschen Fassung vorliegt, werden wir weiter berichten.

Einige kritische Eckpunkte:

  • Nullemissionsgebäude: Der Primärenergiebedarf eines Nullemissionsgebäudes soll auf 60 kWh/m²a begrenzt werden. Ab 2030 müssen alle neuen Gebäude Nullemissionsgebäude sein, öffentliche Gebäude bereits ab 2027.
  • Ausschließlicher Bezug zum Einzelgebäude: Alternative Quartierslösungen kommen im Entwurf nicht vor, obwohl sie weitere Chancen für Treibhausgasminderungen bringen. Im Gegensatz zur EU-Richtlinie sehen der Koalitionsvertrag der neuen Regierung in Deutschland und die neuesten Beschlüsse der Bauministerkonferenz Quartiersansätze vor.
  • Verdopplung der Sanierungsrate: Es entsteht der Druck auf Verdoppelung der Sanierungsrate, aber zuerst ausschließlich für die 15 Prozent der Gebäude mit dem höchsten Energieverbrauch. Dann auf etwa weitere 15 Prozent der Gebäude bis 2033. Ob die Kapazitäten eine kurzfristige Verdoppelung der Sanierungsrate (und später eine weitere Erhöhung) hergeben, ist fraglich. Passiert die Ausweitung nicht schnell, ballt sich in wenigen Jahres alles noch mehr zusammen. Der zunehmende Nachfragedruck wird die Preise weiter hochtreiben. Für die Immobilienwirtschaft entsteht die Frage: Können neben der Modernisierung der schlechtesten Effizienzklassen überhaupt noch weitere Investitionen in den Bestand getätigt werden?
  • Bestimmung von Energieeffizienzklassen anhand des Primärenergiebedarfs: Um die Effizienzklassen zu bestimmen, nutzt die Richtlinie Energieausweise. Die Klassen sollen auf Basis des Primärenergiebedarfs bestimmt werden. In Deutschland werden Effizienzklassen derzeit nach Endenergiebedarf oder -verbrauch bestimmt.
  • Gestaltung der Energieausweise nur noch als Bedarfsausweise: Die Richtlinie will Verbrauchsausweise komplett streichen. 20 Millionen Wohngebäude in Deutschland und fast 3 Millionen Nichtwohngebäude müssten nach Umsetzung der neuen Energieausweise und Festlegung der neuen Klassen (bis 31.12.2025 umzusetzen) kurzfristig Bedarfsausweise erhalten. Die pflichtweise Berechnung des Energiebedarfs aller Gebäude, ohne dass eine Investition ansteht, verbrennt Kapazitäten und Geld. Der tatsächliche Energieverbrauch eines Mehrfamilienhauses auf Basis der rechtssicheren Energie- oder Heizkostenabrechnung und die darauf basierenden Treibhausgasemissionen sind die wichtigsten Informationen. Die Erstellung von Millionen Bedarfsausweisen für vermietete Mehrfamilienhäuser aus Anlass einer Vermietung ist für Immobilienunternehmen sinnlos und verbrennt Kapazitäten und Geld. Auch die Eingruppierung in Effizienzklassen muss anhand des tatsächlichen Energieverbrauchs möglich sein. Gebäude werden durch Menschen bewohnt. Der tatsächliche Verbrauch weicht bei Mehrfamilienhäusern mit steigendem Effizienzstandard zunehmend vom berechneten Wert ab. Klimaschutz gelingt nur, wenn wir bei Investitionen auch die Menschen berücksichtigen, sonst wird Geld für zu viel Effizienzmaßnahmen verbrannt, das dann bei der Gewinnung erneuerbarer Energie fehlt.
  • Änderung des Wirtschaftlichkeitsgebots: Wirtschaftlichkeitsberechnungen sollen externe Umweltkosten des Energieverbrauchs berücksichtigen. Wenn auf dieser Basis Anforderungen festgelegt werden, steigen die Kosten für Neubau und Modernisierung. Diese müssen durch höhere Mieten oder Förderung refinanziert werden. Kann dies nicht erfolgen, werden Investitionen nicht erfolgen. Ein ordentlicher Kaufmann darf keine Investition tätigen, die betriebswirtschaftlich nicht tragfähig ist.
  • Bedingungslose Pflicht zur Erreichung der Effizienzstandards: Befreiung wegen fehlender Leistungsfähigkeit ist nicht vorgesehen. Führt man derartige Mindesteffizienzstandards ein, müsste es eigentlich gleichzeitig einen Rechtsanspruch auf Förderung geben. Und Eigentümern, die kein Eigenkapital besitzen, muss staatlicherseits eine Lösung angeboten werden, damit sie sanieren können, ohne ihr Eigentum zu verlieren.
  • Vorverkabelung aller Parkflächen: Das bedeutet eine komplette Elektrifizierung aller Parkplätze. Das ist finanziell nicht leistbar und auch unsinnig. Es werden Ressourcen verbaut und vergraben, die möglicherweise nicht genutzt werden. Dies ist aus Nachhaltigkeitsgründen nicht zu rechtfertigen. Die E-Mobilität steht noch am Anfang ihrer Entwicklung. Es ist daher noch nicht absehbar, ob das Normalladen an jedem Parkplatz „per Steckdose“ das Laden der Zukunft darstellt. Das Risiko, Mittel und Material unsachgemäß zu versenken, ist auch aus diesem Grund sehr groß.
  • Möglichkeit zum gleichzeitigen Laden an allen Parkplätzen: Das ist aus Sicht der Netzbetreiber weder sinnvoll noch notwendig. Die Netzkapazitäten stehen dafür gar nicht zur Verfügung. Es muss ein Lademanagement erlaubt sein.

Zeitplan:

  • 15.12.2021: Übermittlung des Entwurfs an den Europäischen Rat und das Europäische Parlament
  • Januar/Februar 2022: Voraussichtlicher Beginn der Trilogverhandlung zwischen Rat, Europäischem Parlament und Kommission
  • Sommer 2022: Voraussichtlicher Abschluss des Gesetzgebungsprozesses EPBD
  • Nationale Umsetzungsfrist noch nicht bekannt.
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