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EU-Gebäuderichtlinie in der Kritik

Die deutsche Version für eine novellierte EU-Gebäuderichtlinie liegt nun auch der Bundesregierung und dem Bundesrat für die weiteren Beratungen vor. Jetzt kommt es darauf an, dass in den weiteren Beratungen praxiskonforme Änderungen herbeigeführt werden. Der Entwurf enthält zwar ambitionierte Ideen. Ambitionierte Klimaschutzziele rücken jedoch in weite Ferne. Klimaschutz kann nur gelingen, wenn soziale und wirtschaftliche Verwerfungen vermieden werden.

Im Folgenden einige besonders kritische Regelungen:

Neubau: Nullemissionsgebäude

Ab 2030 sollen alle neu errichteten Gebäude emissionsfrei (zero-emission-standard) sein. Für den öffentlichen Sektor ist dies bereits ab 2027 vorgesehen. Die Definition des Zero-Emission-Gebäudes wird in einem gesonderten Annex zur Richtlinie (Anhang III) europaweit einheitlich geregelt.

Die europaweit einheitliche Neudefinition des Neubaustandards ist nicht sachgerecht. Ordnungsrechtliche Zwänge sind vielmehr immer ultima ratio. Die Definition für Niedrigstenergiegebäude ist daher ordnungsrechtlich bereits ausreichend und auch verhältnismäßig, weil der Energiebedarf nach dieser Definition bereits zu einem ganz wesentlichen Teil durch Energie aus erneuerbaren Quellen gedeckt wird. Klimaneutralität im Gebäudebereich sollte weiterhin rein förderrechtlich definiert werden.

Bestand: Mindestvorgaben

Der europaweite Mindeststandard soll für 15 % der Bestandsgebäude der Mitgliedstaatengelten, die als am ineffizientesten eingestuft wurden. Das trifft den Gebäudebestand, der auf einer EU-Energieskala mit „G“ bewertet werden soll. Die Einstufungen beruhen auf einer harmonisierten europäischen Bewertungsskala, wobei die schlechtesten der Klasse „G“ angehören und die Klasse „A“ den Null-Emissionsgebäuden entspricht. Danach müssen öffentliche und Nichtwohngebäude nach dem 01.01.2027 mindestens die Energieeffizienzklasse F erreichen und nach dem 01.01.2030 mindestens Stufe E. Wohngebäude müssen nach dem 01.01.2030 auf mindestens Stufe F nachgerüstet werden und mindestens E nach dem 01.01.2033.

Es entsteht der Druck auf die Erhöhung der Sanierungsrate, aber zuerst ausschließlich für die 15 Prozent der Gebäude mit dem höchsten Energieverbrauch. Dann auf etwa weitere 15 Prozent der Gebäude bis 2033. Ob die Kapazitäten eine kurzfristige Verdoppelung der Sanierungsrate (und später eine weitere Erhöhung) hergeben, ist fraglich. Passiert die Ausweitung nicht schnell, ballt sich in wenigen Jahres alles noch mehr zusammen. Der zunehmende Nachfragedruck wird die Preise weiter hochtreiben. Für die Immobilienwirtschaft entsteht die Frage: Können neben der Modernisierung der schlechtesten Effizienzklassen überhaupt noch weitere Investitionen in den Bestand getätigt werden.

Energieausweise: Energieeffizienzklassen

Die neuen Effizienzklassen und deren Umsetzung sollen in den Energieausweisen präsentiert werden. Die Klassen sollen auf Basis des Primärenergiebedarfs bestimmt werden. In Deutschland werden die Effizienzklassen derzeit nach Endenergiebedarf oder -verbrauch bestimmt.

Energieausweise dienen lediglich dem überschlägigen Vergleich von Gebäuden. Wegen ihres sehr begrenzten Aussagewertes dienen sie daher nur der Information und sind daher rechtlich unverbindlich. Die angegebenen Werte erlauben bereits jetzt in Deutschland keine Rückschlüsse auf den tatsächlichen gegenwärtigen Energieverbrauch. Auch die Einführung von Energieeffizienzklassen kann hieran nichts ändern.

Hinzu kommt, dass sich zum Beispiel Änderungen der den Berechnungsverfahren zugrundeliegenden DIN-Normen und anderer Berechnungsgrundlagen immer auf die Vergleichbarkeit und damit auf die Aussagekraft bereits gefertigter Energieausweise auswirken. Vergleichbarkeit der zu unterschiedlichen Zeitpunkten gefertigten Energieausweise ist daher auch aus diesem Grund nicht gewährleistet. Bestrebungen für eine europäische Harmonisierung gehen so ins Leere, also viel Aufwand ohne viel Nutzen. Die finanziellen Ressourcen sollten stattdessen in das Förderrecht fließen, um den Klimaschutz zielgenau voranzubringen.

Abschaffung der Verbrauchsausweise

Die Richtlinie will Verbrauchsausweise komplett streichen. 20 Millionen Wohngebäude in Deutschland und fast 3 Millionen Nichtwohngebäude müssten nach Umsetzung der neuen Energieausweise und Festlegung der neuen Klassen bis 31.12.2025 kurzfristig Bedarfsausweise erhalten.

Der Zwang für Bedarfsausweise macht den Aussagewert von Energieausweisen nicht besser.

Die pflichtweise Berechnung des Energiebedarfs aller Gebäude, ohne dass eine Investition ansteht, verbrennt Kapazitäten und Geld. Der tatsächliche Energieverbrauch eines Mehrfamilienhauses auf Basis der rechtssicheren Energie- oder Heizkostenabrechnung und die darauf basierenden Treibhausgasemissionen sind kostengünstigere Informationen.

Renovierungspass vermeiden

Bis 31.12.2024 sollen Renovierungspässe eingeführt werden. Diese enthalten jeweils einen Renovierungsplan für den Weg zum Nullemissionsgebäude bis 2050. Der Renovierungspass soll durch einen qualifizierten und zertifizierten Sachverständigen ausgestellt werden.

Auch der zusätzliche Renovierungspass bringt die Energiewende nicht voran. Bereits Energieausweise enthalten Modernisierungsempfehlungen. Wegen des überschlägigen Prognosecharakters ist mehr als eine Modernisierungsempfehlungen auch nicht möglich. Hierbei sollte es auch bleiben. Anderenfalls würden auch hier Wunsch und Realität nicht mehr zusammenpassen.

Quartiersansatz einfügen

In Deutschland hat sich der Bezug auf Stadtquartiere neben der Bedeutung der einzelnen Gebäude bewährt und wird stark gefördert. So wäre es wichtig, dass nicht nur Einzelgebäude in den Fokus genommen werden, sondern auch quartiersbezogene Lösungen bei Sanierungsmaßnahmen und Energieversorgungskonzepten ermöglicht werden. Hier muss zwingend in der EPBD nachgebessert werden.

Vorverkabelung aller Parkflächen für Gebäude > 5 Stellplätze, gleichzeitiges Laden an allen Parkplätzen

Eine komplette Elektrifizierung aller Parkplätze ist nicht sachgerecht. Es werden Ressourcen verbaut und vergraben, die möglicherweise nicht genutzt werden.

Es ist noch nicht absehbar, ob das Normalladen an jedem Parkplatz „per Steckdose“ das Laden der Zukunft darstellt. Das Risiko, Mittel und Material unsachgemäß zu versenken, ist auch aus diesem Grund sehr groß. Die Netzkapazitäten für ein gleichzeitiges Laden an allen Parkplätzen stehen nicht zur Verfügung.

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