Die Preise für Wohnimmobilien in Deutschland sind vielerorts gesunken: 2023 mussten Käufer*innen in 384 von 400 Landkreisen und kreisfreien Städten für eine durchschnittliche Eigentumswohnung inflationsbereinigt weniger ausgeben als im Vorjahr. In 95 Prozent der Regionen ist der durchschnittliche Kaufpreis auch im Vergleich zu den örtlichen Jahresnettokaltmieten für eine gleich große Wohnung gesunken, ergibt eine Analyse des Hamburgischen WeltWirtschaftsInstituts (HWWI) für die Postbank. Mit Blick nach vorne erwarten die Fachleute reale, also inflationsbereinigte, Preisanstiege bis 2035 insbesondere in den sieben größten Metropolen und ihrem Umland, in vielen weiteren Großstädten sowie in Landkreisen im Süden und Nordwesten. Mit sinkenden Preisen rechnen die Fachleute dagegen in ländlich geprägten Gebieten Ostdeutschlands jenseits der Küsten und Großstädte.
Trotz gesunkener Preise in vielen deutschen Regionen sind die Kaufpreise für Immobilien weiterhin hoch – vor allem in Metropol- und Ferienregionen. Investitionen in Eigentumswohnungen können sich dem Postbank Wohnatlas zufolge jedoch auch bei hohen Preisniveaus in Deutschland noch lohnen – unter zwei Voraussetzungen: verhältnismäßig moderate Kaufpreise im Vergleich zur Nettokaltmiete und die Aussicht auf weitere reale Wertsteigerungen. Beide Bedingungen erfüllen derzeit vor allem 34 Regionen in Deutschland, haben Fachleute des HWWI für den „Postbank Wohnatlas 2024“ berechnet.
Der seit Jahren bestehende Trend, dass die Kaufpreise stärker als die Mieten steigen, hat sich 2023 umgekehrt: Die Nettokaltmieten verteuerten sich im Vergleich zum Vorjahr im Durchschnitt über alle Landkreise und kreisfreien Städte nominal um 4,9 Prozent, bei den Kaufpreisen ergab sich hingegen ein Minus von 4,2 Prozent nominal. Im Vorjahr hatten die Kaufpreise noch um 6,2 Prozent zugelegt. Der Mietpreisanstieg fiel mit einem Plus von 4,5 Prozent etwas schwächer aus.
Diese Entwicklung der steigenden Miet- und sinkenden Kaufpreise spiegelt sich auch im sogenannten Vervielfältiger wider, der abbildet, wie viele Jahresnettokaltmieten für eine vergleichbare Eigentumswohnung zu zahlen wären. Er sank 2023 binnen Jahresfrist im Durchschnitt über alle Landkreise und kreisfreien Städte um 2,6 auf 26,3 Jahresnettokaltmieten. Von 2020 auf 2021 hatte er sich noch um 2,8 Jahresmieten erhöht, 2022 flachte die Entwicklung mit einem Plus von 0,4 bereits ab. Nur noch 18,5 Prozent der Regionen weisen mit einem Vervielfältiger größer als 30 noch ein sehr hohes Kaufpreisniveau im Vergleich zum örtlichen Mietpreisniveau auf. Im Vorjahr war der Anteil mit 36,3 Prozent etwa doppelt so hoch. Betroffen von hohen Vervielfältigern sind insbesondere die Küstengebiete, die Big 7, viele weitere Großstädte und weite Teile Bayerns. Auch das Umland von Berlin, München, Frankfurt, Stuttgart und anderen Metropolen weist hohe Werte auf. Niedrige Vervielfältiger unter 22,5 sind überwiegend in den ländlichen Gebieten des mittleren und östlichen Mitteldeutschlands zu finden. Beispielsweise in Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen, teilweise auch in Niedersachsen. Aber auch in Nordrhein-Westfalen oder Rheinland-Pfalz gibt es einige dieser Regionen.
Am Meer, in den Bergen und in Metropolen: Hoher Kaufpreis im Vergleich zur Miete
Der Traum von einer Eigentumswohnung an Nord- und Ostsee ist besonders kostspielig. Wer ihn sich erfüllen möchte, muss derzeit sehr viel investieren – vor allem in Jahresnettokaltmieten ausgedrückt. 2023 wies der Landkreis Nordfriesland mit den Ferieninseln Amrum, Föhr und Sylt erneut den größten Vervielfältiger (80,1) auf, dieser war im Vergleich zum Vorjahr allerdings um 9,2 gesunken. In den Top Ten liegen auch die Landkreise Aurich (63,1) und Leer (45,9) mit den ostfriesischen Inseln an der niedersächsischen Nordseeküste. Ebenso die an der Ostsee gelegenen Landkreise Rostock und Vorpommern-Rügen. Nicht nur die Wohnung am Meer, auch die Immobilie in den Bergen erfordert ein größeres Budget: In den bayrischen Ferienregionen mit den Landkreisen Miesbach (47,8), Garmisch-Partenkirchen (43,6) und Starnberg (38,7) liegen die Kaufpreise ebenfalls deutlich über dem Mietpreisniveau.
Von einer hohen Diskrepanz zwischen Miete und Kaufpreis waren 2023 auch viele Großstädte betroffen. Den höchsten Vervielfältiger unter den „Big 7“-Metropolen hatte Hamburg mit 38,9 – ein Rückgang um 4,5 im Vergleich zu 2022. Auch in München, Berlin, Frankfurt am Main und Düsseldorf müssen Käufer*innen mehr als 30 Jahresnettokaltmieten für eine vergleichbare Eigentumswohnung zahlen. Allerdings ging der Vervielfältiger – anders als in den Vorjahren – in allen Regionen zurück: Am stärksten unter den Big 7 sank er mit -6,9 in Berlin. In München sank er um 5,3 Jahresnettokaltmieten, in Düsseldorf um 4,7, in Frankfurt um 3,6 und in Köln um 3,0.
Jenseits der größten Sieben weisen Städte wie Potsdam (34,3) in Brandenburg, Rosenheim (33,9), Landshut (33,7) und Regensburg (33,5) in Bayern sowie Rostock (33,8) in Mecklenburg-Vorpommern mit Werten über 30 sehr hohe Vervielfältiger auf. Aber auch hier ging er im Vergleich zum Vorjahr überall zurück. „In rund 380 von 400 deutschen Regionen sind die Kaufpreise in Relation zu den Nettokaltmieten 2023 gesunken, das macht Eigentumswohnungen dort attraktiver als ein Jahr zuvor. Für Selbstnutzer*innen kann sich der Kauf einer Eigentumswohnung im Vergleich zur Miete somit früher rentieren“, sagt Manuel Beermann, verantwortlich für das Immobiliengeschäft der Postbank. „Aber auch bei dieser positiven Entwicklung bedarf der Immobilienkauf in Regionen mit hohem Vervielfältiger einer sorgfältigen Prüfung. Denn er birgt immer das Risiko, dass künftige Preissteigerungen bereits in die aktuelle Bewertung eingeflossen sind und beim Wiederverkauf Verluste entstehen.“
Lohnt sich der Kauf in hochpreisigen Regionen?
Wer ein potenzielles Kaufobjekt bewertet, sollte neben dem Verhältnis von Preis und Miete auch die künftige reale Preisentwicklung heranziehen. Die Ertragschancen für Selbstnutzer*innen sind umso höher, je niedriger der regionale Vervielfältiger ist und je höher die erwartete künftige reale Preissteigerung ausfällt. Für Vermieter*innen gelten die gleichen Kriterien, da die anfängliche Mietrendite umso höher ausfällt, je niedriger sich der Vervielfältiger darstellt. Für 124 Regionen in Deutschland errechneten sich 2023 Vervielfältiger von 27,5 und mehr – was ein hohes Preisniveau im Vergleich zu den Mietkosten bedeutet. Darunter befinden sich 27 Gebiete, für die das HWWI eine negative Preisentwicklung vorhersagt, davon 15 mit höheren und zwölf mit moderaten Preisrückgängen bis 2035. In diesen Regionen würden Käufer*innen Eigentumswohnungen zu einem sehr hohen Preis erwerben und gehen gleichzeitig ein höheres Risiko ein, dass sie künftig Wertverluste hinnehmen müssen. Für 109 der Regionen mit einem Vervielfältiger von 27,5 und mehr wird eine positive Wertentwicklung vorhergesagt. Die Fachleute prognostizieren für 58 der hochpreisigen Regionen reale Wertzuwächse zwischen 0,15 und 1 Prozent pro Jahr und für 42 Landkreise und kreisfreie Städte sogar mehr als 1 Prozent pro Jahr bis 2035. Die Städte Leipzig, Potsdam und Landshut liegen mit erwarteten realen Wertzuwächsen von mehr als 1,9 Prozent pro Jahr an der Spitze des Feldes.
34 Regionen mit guten Investitionschancen
Das HWWI hat aus allen 400 deutschen Regionen die 34 Gebiete herausgefiltert, die aktuell am attraktivsten für Kaufinteressierte sind. Die 4 Großstädte, 4 Mittelstädte und 26 Landkreise in elf Bundesländern hatten 2023 vergleichsweise moderate Vervielfältiger von unter 25 und versprechen zugleich reale Preissteigerungen der Eigentumswohnungen bis 2035. Mehr als die Hälfte davon befindet sich in der südlichen Hälfte Deutschlands – mit sechs Regionen aus Rheinland-Pfalz, vier in Bad-Württemberg, drei in Hessen, zwei im Saarland und diesmal nur einer in Bayern. 15 Gebiete liegen im nordwestlichen Teil und drei im Nordosten.
Wer den Fokus auf einen möglichst geringen Kaufpreis gemessen an den örtlichen Nettokaltmieten legt, findet unter den 34 Top-Regionen sechs Landkreise und drei kreisfreie Städte mit einem Vervielfältiger von maximal 22,5. Gleichzeitig sind die realen Wertzuwächse bis 2035 dort positiv.
Der Landkreis Freyung-Grafenau in Bayern wies 2023 dabei unter diesen neun Top-Regionen mit 18,7 den niedrigsten Wert auf (2022: 19,9). Der östlichste Landkreis Bayerns mit seinem hohen Waldanteil ist neu in den Top-Regionen. Das erwartete reale Preisplus beträgt dort 0,2 Prozent pro Jahr und liegt damit im unteren Mittelfeld. Für die Stadt Delmenhorst in Niedersachsen mit einem Vervielfältiger von 21,5 rechnet das HWWI hingegen nur mit einem Preiszuwachs von 0,07 Prozent pro Jahr. Den stärksten Anstieg der Kaufpreise innerhalb der Top-Regionen erwarten die Fachleute mit 0,9 Prozent pro Jahr in der kreisfreien Stadt Ludwigshafen am Rhein (Rheinland-Pfalz), die allerdings mit einem Vervielfältiger von 22,5 gerade noch in den Top-9-Regionen landet.
Auch für den Regionalverbund Saarbrücken (Saarland) sowie die kreisfreie Stadt Worms (Rheinland-Pfalz) prognostizieren die Fachleute einen vergleichsweise hohen Wertzuwachs bis 2035 bei Vervielfältigern von 21,7 und 22,3.
Zu den 34 Top-Regionen gehören auch 25 Städte und Landkreise, deren Vervielfältiger über 22,5 und unter 25 liegen. Sieben dieser 25 Regionen stechen dabei mit besonders hohen künftigen Preissteigerungen von mehr als 0,5 Prozent pro Jahr hervor. Der Landkreis Groß-Gerau sticht mit einem Plus von jährlichen 1,2 Prozent hervor.
In den restlichen 18 Regionen der Spitzengruppe liegen die künftigen Preissteigerungen unter 0,5 Prozent jährlich bei moderaten Vervielfältigern über 22,5 und unter 25. Darunter finden sich die niedersächsischen Landkreise Verden, Rotenburg (Wümme) und Stade, die Hansestadt Bremen, die nordrhein-westfälischen Landkreise Heinsberg, Kleve, Soest und Rhein-Erft-Kreis sowie die Großstadt Dortmund, der saarländische Landkreis Saarlouis und die hessischen Landkreise Offenbach und Gießen. Baden-Württemberg ist mit den Landkreisen Tuttlingen, Göppingen und dem Enzkreis vertreten, Rheinland-Pfalz mit dem Landkreis Alzey-Worms. Die Liste wird vervollständigt durch den brandenburgischen Landkreis Barnim sowie Magdeburg, die Hauptstadt von Sachsen-Anhalt.
„Der Postbank Wohnatlas öffnet potenziellen Käufer*innen den Blick für Städte und Landkreise mit einer günstigen Kombination von erwarteten Kaufpreisrenditen und einem aktuell moderaten Verhältnis von Kaufpreis zu regionalen Mieten“, sagt Beermann.
Vielversprechende Regionen mit leicht erhöhten Kaufpreisen
Kaufinteressierte, die bereit sind, für einen höheren erwarteten Wiederverkaufswert einen höheren Vervielfältiger zwischen 25 und 27,5 in Kauf nehmen, könnten in vier Landkreisen und vier Städten fündig werden. Für den Kreis Segeberg prognostiziert das HWWI ein Plus bei den Kaufpreisen von 1,02 Prozent pro Jahr, denen ein Vervielfältiger von 25,2 gegenübersteht. Ebenfalls relativ gute Bedingungen erwarten voraussichtlich Käufer*innen von Eigentumswohnungen in den Landkreisen Lörrach, Ludwigsburg und Biberach in Baden-Württemberg, der Stadt Jena in Thüringen, den kreisfreien Städten Mainz und Trier in Rheinland-Pfalz sowie Schwabach in Bayern.
Insgesamt bieten 70 Regionen die für Investoren günstige Kombination von Vervielfältigern ab 25 bis unter 27,5 und prognostizierten um mehr als 0,5 Prozent steigenden Kaufpreisen in den kommenden Jahren. Neben den bereits genannten Regionen fallen darunter acht Landkreise mit einer prognostizierten realen Wertentwicklung zwischen 0,75 und 1 Prozent. Die schleswig-holsteinischen Landkreise Herzogtum-Lauenburg, Pinneberg und Stormarn kombinieren etwa einen Vervielfältiger von maximal 26,1 mit einem prognostizierten Kaufpreiswachstum zwischen 0,77 und 0,88 Prozent pro Jahr bis 2035. Auch die niedersächsischen Landkreise Wesermarsch, Cloppenburg und Emsland sowie die baden-württembergischen Landkreise Böblingen und Heilbronn erfüllen beide Kriterien.
Für weitere 17 Regionen berechnen die Fachleute jährliche Kaufpreissteigerungen zwischen 0,5 und 0,75 Prozent – vor allem der Ortenaukreis in Baden-Württemberg mit einem nur leicht erhöhten Vervielfältiger von 25,1 und einem Kaufpreiswachstum von 0,58 Prozent pro Jahr sticht hervor. Auch die Metropole Stuttgart mit einem Vervielfältiger von 27,4 und einem erwarteten Preisplus von 0,73 Prozent darunter.
Kaufinteressierte, für die ein noch höherer Vervielfältiger zwischen 27,5 und 30 in Frage kommt, können in weiteren 14 Regionen eine positive Preisentwicklung von mehr als 1 Prozent pro Jahr erwarten. Der höchste Wertzuwachs von 1,8 Prozent pro Jahr wird Wohnungsbesitzer*innen im Landkreis Lüneburg (Niedersachsen) mit einem Vervielfältiger von 28,1 in Aussicht gestellt.
Wohneigentum für Selbstnutzer*innen trotz leichter Wertverluste?
In 98 Regionen müssen Interessierte beim Kauf einer Eigentumswohnung mit Wertverlusten von mehr als 0,75 Prozent pro Jahr bis 2035 rechnen – daher ist dort große Vorsicht geboten. Für Selbstnutzer*innen, die keinen Wiederverkauf anstreben, oder sehr langfristig orientierte Vermieter*innen könnte jedoch ein Investment in 33 Regionen mit leicht negativer prognostizierter Preisentwicklung, aber einem Vervielfältiger von weniger als 25 interessant sein. Sechs Gebiete stechen dabei mit Vervielfältigern von maximal 22,5 und nur geringen Preisrückgängen von -0,25 bis unter 0 Prozent besonders heraus. Wer in diesen Regionen derzeit eine Wohnung gemietet hat, könnte als Eigentümer*in auf längere Sicht günstiger fahren. Denn je geringer der Vervielfältiger ausfällt, desto kürzer ist der Zeitraum, bis sich ein Kauf gegenüber der Miete rechnet. So bieten die Städte Kaiserslautern in Rheinland-Pfalz und Neumünster in Schleswig-Holstein bei einem leicht negativen erwarteten Preistrend von -0,01 bzw. -0,03 Prozent pro Jahr niedrige Vervielfältiger von 20,2 bzw. 20,6. Auch die Großstädte Oberhausen und Mönchengladbach sowie die Landkreise Steinburg und Düren bieten günstige Vervielfältiger bei nur leicht negativer künftiger Preisentwicklung.
„Wer in diesen Regionen eine Wohnung gemietet hat, könnte als Eigentümer*in langfristig günstiger leben. Selbstnutzer*innen profitieren bei einer Eigentumswohnung trotz prognostizierter leichter Wertverluste von mietfreiem Wohnen im Alter oder als Baustein in der Vorsorge“, sagt Beermann. „Jedoch können sich die jeweiligen Objekte in den Regionen stark in Lage, Ausstattung, Energiestandard und Bausubstanz unterscheiden – und sollten daher genau geprüft werden.“