DIN-Normentwurf zum Gebäude-TÜV in der Diskussion

Der als Gebäude-TÜV diskutierte DIN-Normentwurf darf nicht kommen. Der BFW hat folgerichtig Einspruch eingelegt und die Zurückziehung gefordert.

An der Initiative haben sich auch die anderen Immobilienverbände der BID beteiligt, so dass nun die komplette Immobilienwirtschaft die Zurückziehung des praxisfernen Normentwurfs „Verkehrssicherheitsüberprüfung für Wohngebäude“ fordert. Ein wichtiger erster Schritt…Wir bleiben dran.

Einige Kritikpunkte im Überblick:

  • Relevanzprüfung und Aufwand-Nutzen-Analyse nachholen.
  • Normungsvertrag einhalten.
  • Gesetzgebungsvorrang beachten.
  • Folgekostenbetrachtung nachholen.
  • Regelungsbedarf nachweisen.
  • Änderungsanfälligkeit begrenzen. Planungssicherheit gewährleisten.

Im Einzelnen:

Relevanzprüfung und Aufwand-Nutzen-Analyse nachholen. Normungsvertrag einhalten.

Vor der Gründung eines Ausschusses muss stets eine vorgeschaltete Relevanzprüfung und Aufwand-Nutzen-Analyse durchgeführt werden. Diese fehlen in weiten Teilen. Hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass das DIN maßgeblich durch Steuergelder finanziert wird und dem öffentlichen Interesse zu dienen hat. Diese Prämissen werden vom DIN nicht konsequent umgesetzt. Ob der Normungsvertrag von 1975 eingehalten wird, ist mehr als fraglich.

Im Rahmen der Relevanzprüfung müssen insbesondere nachfolgende Punkte geklärt werden:

  • Regelungsbedarf nachweisen. Streitige Einzelfälle begründen kein Regelungsbedürfnis.
  • Rechtsfragen sind nicht Gegenstand der Normung im DIN.
  • Nachholung einer Aufwand-Nutzen-Analyse des Normenausschusses.
  • Nachweis zum Mehrwert gegenüber den durch die Verbände und Fachportale veröffentlichten Orientierungshilfen und Muster fehlt.
  • Lebendes System: Abstrakt generelle Regelungenwerden durch die Rechtsprechung laufend konkretisiert. Ob und inwieweit der „Tanker“ Normungsausschuss ein derartig lebendiges System ergänzen oder ersetzen kann, ist fraglich. Die Fragen sind in einer Vorprüfung zu klären.
  • Keine nachgewiesenen Regelungslücken: Selbst vermeintliche Regelungslücken im Gesetz sind das Ergebnis des parlamentarischen Willensbildungsprozesses.
  • Orientierungshilfen müssen Gesetzgebung im Zusammenspiel mit Rechtsprechung reflektieren und berücksichtigen.
  • Alle wesentlichen Eckpunkte zu den Verkehrssicherungspflichten ergeben sich neben der Gesetzgebung und Rechtsprechung aus Gesetzesbegründung und Kommentarliteratur.
  • Ist das Streben nach Vereinheitlichung durch Normung sachgerecht? Auch wenn DIN-Normen auf Freiwilligkeit beruhen, so haben sie doch durch ihre Vermutungswirkung unmittelbare Auswirkungen auf die Obliegenheiten der Marktteilnehmer.

Gesetzgebungsvorrang beachten.

Der Ausschuss und der Normentwurf ist nicht erforderlich, insbesondere konterkariert er aber den Willen des Gesetzgebers, die Verkehrssicherheitsprüfung für Wohngebäude zwar transparent, aber möglichst individuell gestalten zu können.

Wie eine Verkehrssicherheitsprüfung auszusehen hat, hat zuallererst der Gesetzgeber zu entscheiden und dann die Gerichte. Um die einzelfallbezogene Umsetzung zu ermöglichen, hat der Gesetzgeber bewusst Einzelfragen zur Art und Weise der Durchführung der Verkehrssicherheitsprüfung offengehalten.

Auch vermeintliche Lücken sind das Ergebnis des parlamentarischen Willensbildungsprozesses. Dabei muss es bleiben, denn nur so können sich die Anforderungen durch Praxis und Rechtsprechung einzelfallbezogen weiterentwickeln.

Folgekostenbetrachtung nachholen.

Neben einer Vielzahl weiterer Fragen sind auch die Kosten bislang ungeklärt. Insbesondere die aus der DIN- Norm resultierenden Lizenz- und Nutzungsgebühren könnten die Kosten für Verwalter und Wohnungseigentümer erhöhen. Die ca. 50 in Bezug genommenen DIN-Normen und technischen Baubestimmungen sind im Übrigen nicht kostenfrei erhältlich. Das gleiche gilt für professionelle Softwarelösungen. Kosten und Nutzen stehen in keiner angemessenen Relation.

Die Folgekosten (Lizenzkosten) für eine etwaige DIN-Normanwendung müssen offengelegt werden. Es ist muss klar sein, welche möglichen zusätzlichen Kosten im Falle einer DIN-Normierung die Immobilienunternehmen und Eigentümer als Verbraucher dauerhaft zu tragen hätten.

Insbesondere auch die Eigentümer als Verbraucher, die ca. 70 % des Gesamtmarktes ausmachen, werden als Verbraucher für diese Art von „Verbraucherschutz“ nichts zahlen wollen.

Regelungsbedarf nachweisen.

Einzelfälle begründen noch keinen Regelungsbedarf für das DIN. Die gesetzlichen Regelungen des WEG, des Mietrechts und des Ordnungsrechts werden durch die Rechtsprechung laufend konkretisiert. Der „Tanker“ Normungsausschuss kann ein derart lebendiges System nicht ersetzen. Rechtsfragen dürfen ohnehin nicht Thema eines DIN-Ausschusses sein. Selbst vermeintliche gesetzliche Regelungslücken sind das Ergebnis eines parlamentarischen Willensbildungsprozesses. Der Mehrwert eines DIN -Ausschusses gegenüber den durch die Verbände und Fachportale veröffentlichten Orientierungshilfen und Muster ist nicht erkennbar.

Änderungsanfälligkeit begrenzen. Planungssicherheit gewährleisten.

Durch die Inbezugnahme auf ca. 50 Vorschriften besteht eine erhebliche Änderungsanfälligkeit mit zeitlich eng getakteten Anpassungsbedarfen. Kontinuität und Planungssicherheit sind dadurch nicht gewährleistet.

Durch die Inbezugnahme auf ca. 50 Vorschriften ist es im Übrigen sehr wahrscheinlich, dass bereits der Normentwurf laufend durch sich aktualisierende gesetzliche Regelungen und technische Regelwerke überholt wird. Hinzukommt Rechtsprechung, die die gesetzlichen Regelungen einzelfallbezogen reflektiert und bewertet. Diesen Wettlauf mit Vorschriften und Rechtsprechung wird die DIN-Norm kaum gewinnen. Der laufende Anpassungsbedarf wird zum nicht kalkulierbaren Kostentreiber. 

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