Digitalisierung in der Immobilienwirtschaft

Dass das Thema Digitalisierung omnipräsent ist, braucht man eigentlich nicht mehr erwähnen. Auf jedem Forum, auf jeder Veranstaltung und in jeder Publikation, ob analog oder online, spiegelt sich das Thema aktuell wider. In der Theorie hat das Thema zumindest schon eine sehr hohe Durchdringung erreicht, das ist grundsätzlich positiv.

Diese thematische Omnipräsenz sagt aber dennoch wenig über die tatsächliche Durchdringung innerhalb der Branche aus, also die Frage, inwieweit die Unternehmen der Immobilienwirtschaft das Thema Digitalisierung in den jeweiligen Geschäftsbereichen bisher schon einsetzen bzw. inwieweit die Transformation innerhalb der Unternehmen und am Gebäude umgesetzt wird. Diesen Fragen hat sich der BFW-Digitalisierungsbeirat zu Beginn des vergangenen Jahres gestellt und versucht, mit Hilfe einer breit angelegten Umfrage Antworten zu finden, um erstmalig einen Status quo innerhalb der Branche ableiten zu können.

Unter dem Titel „Das Digitalisierungsparadoxon der Immobilienwirtschaft“ zeigen die Ergebnisse sehr eindeutig, wo sich die Unternehmen zurzeit bei der Umsetzung der Digitalisierung im Unternehmen selbst, aber auch bei der Umsetzung am Gebäude einordnen lassen.

Obwohl die Erwartungen der Unternehmen an die neuen Technologien und Innovationen, die mit der Digitalisierung verbunden sind, enorm hoch sind, steckt die Umsetzung, zumindest beim Gros der Unternehmen, noch in den Kinderschuhen. Bei der überwiegenden Zahl der Unternehmen werden bisher nur digitale Grundlagen umgesetzt. Der Abstand zu den digitalen Frontrunnern, also der Gruppe von Unternehmen, die sich bereits sehr intensiv mit der Digitalisierung auseinandersetzt, wird zurzeit eher größer als geringer. Ein zentrales Problem dabei ist laut Studienteilnehmern der mangelnde interne Know-how-Aufbau.

Gründe, die die Befragten dabei selbst identifizierten, sind fehlendes Fachpersonal, hohe Kosten und fehlende Zeit sowie unsichere zukünftige Mehrwerte. Zudem fehlt bei einem Großteil der Unternehmen eine digitale Roadmap. Im Gegenzug dazu sind die Unternehmen aber derzeit nicht bereit, mehr in die fehlenden identifizierten Ressourcen zu investieren. Widersprüche prägen also die Umsetzung, Chancen bleiben noch ungenutzt bzw. können gar nicht erst erkannt werden. Es fehlt oft der direkte Anwendungsbezug zu bereits allgemeinhin bekannten Technologien, im Unternehmen wie auch am Gebäude. In der Folge ist es für die Unternehmen dadurch schwierig, zusätzliches Geschäftspotential zu erkennen und vor allem den Nutzern der Immobilien einen Mehrwert zu schaffen.

Der Einfluss der Technologietrends auf die Nachfrage wird somit oftmals unterschätzt. Der Know-how-Aufbau muss federführend durch die Unternehmen selbst erfolgen, Investitionen in neue Technologien müssen getätigt und Innovationen verprobt werden, um Erfahrungen zu sammeln, daraus zu lernen und deren Erkenntnisse für das Unternehmen langfristig nutzbar zu machen, auch dahingehend, wie sich Geschäftsmodelle mittels digitaler Neuerungen verändern und Nutzerbedürfnisse stärker integrieren können. Die Herausforderungen sind groß, bergen aber auch viele Potenziale. Es gilt zusammenzuarbeiten, um gemeinsam neue Wege zu gehen.

Anwendungsbezug stärken

Der BFW-Digitalisierungsbeirat hat sich, basierend auf den durch die Umfrage erlangten Erkenntnissen, für das Jahr 2019 die Aufgabe gestellt, die Themen rund um die Digitalisierung mit einem deutlich höheren Anwendungsbezug zu erörtern, die digitale Praxis in den Mittelpunkt zu stellen, Erfahrungen zu teilen und als Ansprechpartner für Fragen rund um die Digitalisierung zur Verfügung zu stehen. Zudem sollen „digitale Tools und Skills“, die bereits heute für die Projektentwicklung und den Betrieb von Gebäuden immer wichtiger werden bzw. schon zur Verfügung stehen, in den Fokus der Betrachtung rücken.

Hier soll es vor allem darum gehen eine Plattform und ein Angebot zu schaffen, um Wissen zu teilen, über Probleme und Erfahrungen zu diskutieren und den Mitarbeitern in den BFW-Unternehmen, die für die Themen rund um Digitalisierung zuständig sind, neue Technologien aufzuzeigen. Dazu planen wir gerade ein entsprechendes Format. Zudem forciert der BFW-Digitalisierungsbeirat auch die Lobbyarbeit auf politischer Ebene, wie z. B. beim Glasfaserausbau und der digitalen Baugenehmigung, um die Rahmenbedingungen in diesem Feld für die Unternehmen weiter zu verbessern. Hier stehen wir in Kontakt mit den Bundes- und Landesministerien und wollen diesen Austausch in 2019 weiter intensivieren.

Die digitale Immobilie – Best Practice aus den Beiratsunternehmen

Als Auftakt einer Serie berichten die Mitglieder des Digitalisierungsbeirats aus der BFW-Mitgliedschaft in dieser Ausgabe der FWW in den folgenden fünf Artikeln über ihre eigene digitale Praxis mit Beispielen, Lösungen und Vorteilen rund um die digitale Immobilie. So zeigt das Unternehmen Drees & Sommer in seinem Beitrag „Intelligenten Gebäuden gehört die Zukunft“, wie bereits heute Planungs-, Gebäude-, und Nutzerdaten verknüpft werden können und in einem „Brain“ zusammengeführt werden, um einen größtmöglichen Mehrwert für die Nutzer der Immobilien zu generieren. Im Fokus steht dabei nicht der Selbstzweck der Immobilienunternehmen, sondern der Mensch mit seinen Bedürfnissen.

Interboden veranschaulicht anhand des neuen Quartiers BelleRü, wie der Mehrwert von digitalen Immobilienlösungen und die Vernetzung von Menschen, Immobilie und Services das tägliche Leben vereinfachen kann. Die Kombination aus Services, Digitalisierung und intuitiver Handhabung der Technik steigert das Wohnerlebnis der Bewohner. So ist jede Wohnung mit fest verbauten Smart Home-Elementen versehen, die in Verbindung mit Quartiers App und Serviceterminal eine Kombination bilden.

Das Beiratsmitglied BAUWENS weist in seinem Beitrag auf den gesamtheitlichen Unternehmensansatz einschließlich Kulturwandel im Sinne der Digitalisierung hin, inklusive der Weiterentwicklung der eigenen Produkte wie auch der daraufhin ausgerichteten innerbetrieblichen Prozesse. BAUWENS zeigt am Beispiel des Gleis Park in Berlin, wie die klassische Immobilie um die Dimension der Digitalität erweitert werden kann.

Im Beitrag der DORNIEDEN Gruppe beschreibt das Unternehmen die Herausforderung, gegenwärtige Trends und Tools zu nutzen, um langfristig gute Umsätze erwirtschaften zu können. Dazu gehört auch, sich den Bedürfnissen der Kunden anzupassen. DORNIEDEN zeigt dabei, dass Digitalisierung eine entscheidende Rolle spielt, aber auch ganz menschliche Aspekte nicht zu kurz kommen dürfen. Emotionen sind dabei von ganz zentraler Bedeutung. Digitale Anwendungen können dabei helfen, auch in der Kommune, bei Entscheidern und in der Politik Prozesse effizienter und schneller zu machen.

Auf dem Weg nach Hause per Smartphone die Heizung steuern oder schlüssellos die Tür öffnen – Smart-Home-Komfort ist bei Neubauimmobilien heutzutage nicht mehr wegzudenken. Die Strenger Gruppe setzt zudem auf eine konsequente digitale Kommunikation mit den Nutzern der Immobilien. Über Kunden- und Serviceportale können alle Dokumente rund um die Immobilie 24/7 abgerufen, Anliegen und Mängel geteilt, aber auch zusätzliche Services angeboten werden. Dadurch verringern sich Bearbeitungszeiten und Fehlerquellen bei gleichzeitiger Prozessoptimierung, die der Verwalter wieder in sein Kerngeschäft investieren kann.

Obwohl die Umsetzung bei den meisten Unternehmen noch von Hürden geprägt ist, gibt es gute Beispiele, wo digitale Systeme Mehrwerte schaffen. Unterstützen Sie uns mit Ihren Beispielen, treten Sie mit uns in Kontakt, teilen Sie Ihre Erfahrungen und Bedürfnisse und berichten Sie über Ihre digitale Strategie im Unternehmen und am Gebäude!

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