Deutsche EU-Ratspräsidentschaft 2020

Am 1. Juli 2020 hat Deutschland turnusgemäß für ein halbes Jahr die EU-Ratspräsidentschaft übernommen. Gleichzeitig begann damit die sogenannte Triopräsidentschaft Deutschlands, Portugals und Sloweniens: Portugal übernimmt den Vorsitz im Januar 2021 von Deutschland und gibt ihn sechs Monate später an Slowenien ab. Damit soll gewährleistet werden, dass politisch bedeutsame Themen über einen längeren Zeitraum koordiniert und vorangebracht werden können.

Die Schwerpunktthemen der Triopräsidentschaft mit deutscher Beteiligung sind zunächst die Bewältigung der sozioökonomischen Folgen der Covid-19-Pandemie sowie die Verbesserung des europäischen Krisenmanagements.

Weitere relevante Themen sind unter anderem:

  • Der mehrjährige Finanzrahmen 2021 bis 2027 und das Aufbauinstrument („Next Generation EU“).
  • Die künftige Beziehung der EU zum Vereinigten Königreich.
  • Im Rahmen der Entwicklung der wirtschaftlichen Basis werden Energiethemen eine wichtige Rolle einnehmen: Der Dreiervorsitz möchte die Verwirklichung der Energieunion durch einen integrierten, vernetzten und einwandfrei funktionierenden europäischen Energiemarkt mit Schwerpunkt auf nachhaltiger Energie und dem Übergang zur Klimaneutralität verwirklichen. Dazu wird er überprüfen, inwieweit der Energiesektor nach der COVID-19-Pandemie die Erholung fördern kann.
  • Die Wiederherstellung und Weiterentwicklung des europäischen Binnenmarkts, insbesondere der Übergang zu einer grünen Wirtschaft, der digitale Wandel, die digitale Souveränität, eine dynamische Industriepolitik, Unterstützung von KMU und Start-ups, die Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen, widerstandsfähigere Infrastrukturen (vor allem im Gesundheitssektor) und die Verringerung der Abhängigkeit von Drittstaaten.

Für die Wohnungswirtschaft, Stadtentwicklung und Raumordnung sind folgende Bereiche von besonderer Bedeutung:

Die deutsche Ratspräsidentschaft wird sich auch auf die KMU-Strategie der Kommission konzentrieren, um die Politik der EU für kleine und mittlere Unternehmen zu stärken. Hier wird es für die Wohnungswirtschaft relevant sein, auf eine aktualisierte KMU-Strategie zu drängen. Ein weiteres Thema für die Wohnungswirtschaft wird die intelligente Sektorenintegration sein. Die Liberalisierung des Strommarktes im europäischen Kontext hat in Deutschland dazu geführt, dass Stromerzeugung, Stromnetz sowie Messwesen von einem marktlich organisierten Stromabsatz getrennt wurden. Damit die dringend notwendigen Investitionen in die lokale Stromerzeugung, insbesondere in Photovoltaik-Anlagen – aber auch für schlüssige Energiekonzepte in BHKW – und in die damit verbundenen Mieterstromprojekte sowie Beiträge zur Elektromobilität möglich werden, müssen Möglichkeiten gefunden werden, die Rechte von Letztverbrauchern soweit zu koordinieren, dass sie mit der Zielsetzung von lokaler Energieerzeugung in Einklang gebracht werden. Dies betrifft insbesondere die Definition des Letztverbrauchers und die Definition von Kundenanlagen. Darüber hinaus ist eine drastische Vereinfachung für die Erzeugung und Nutzung von Strom im lokalen Zusammenhang notwendig.

Die deutsche Ratspräsidentschaft unterstützt explizit die Initiative zur Klimaanpassungsstrategie und den Green Deal. Der „Green Deal“ ist eine der sechs politischen Leitlinien und Kernstück der wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Reform der neuen Europäischen Kommission. Mit dem Paket sollen Ziele wie die Klimaneutralität in der Europäischen Union bis 2050, die Abkopplung des Wirtschaftswachstums von der Ressourcennutzung und der Schutz des Naturkapitals verfolgt werden.

In die Zeit der deutschen Ratspräsidentschaft wird voraussichtlich auch die Umsetzung der Basel III-Verordnung fallen. Es ist für die Wohnungswirtschaft relevant, dass die Basel III-Verordnung die Finanzierung des sozialen und bezahlbaren Wohnraumes nicht zusätzlich erschwert. Für die Wohnungswirtschaft wird es elementar sein, die niedrige Risikogewichtung beizubehalten. Die Schaffung von einheitlichen Wettbewerbsbedingungen für die Kreditvergabe aus internationaler Sicht darf dabei nicht zu Lasten der deutschen Langfristkultur gehen. Die Benachteiligung durch die Einführung einer höheren Risikogewichtung würde sich, gerade vor dem Hintergrund der anstehenden Neubauaktivitäten, auf die Finanzierung der Wohnungs- und Immobilienunternehmen in Deutschland besonders stark auswirken.

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