Das Finanzsystem hat während der Pandemie gut funktioniert. Staatliche Stabilisierungsmaßnahmen haben die Realwirtschaft und indirekt das Finanzsystem vor den Folgen der Pandemie geschützt. Die Wirtschaft wurde weiter mit Krediten versorgt. Gleichzeitig bauen sich stetig Verwundbarkeiten gegenüber negativen makroökonomischen Entwicklungen und speziell Risiken aus der Immobilienfinanzierung auf. Zu diesem Ergebnis kommt der Finanzstabilitätsberichts 2021 der Deutschen Bundesbank. Der Bericht untersucht zudem die Auswirkungen von Klimarisiken. Das deutsche Finanzsystem scheint demnach nur moderat verwundbar zu sein gegenüber Bewertungsänderungen infolge steigender CO2-Preise.
Risiken am Markt für Wohnimmobilien nehmen zu
Im Jahr 2020 sind die Preise für Wohnimmobilien mit durchschnittlich 6,7 Prozent abermals stark gestiegen. Vielfach werden weiter steigende Preise erwartet. Die Wohnungsbaukredite nahmen mit einer ähnlichen Rate zu: Im dritten Quartal 2021 sind sie im Vergleich zum Vorjahr um 7,2 Prozent gestiegen. Derzeit werden Überbewertungen von Wohnimmobilien – gemessen an Fundamentaldaten – auf 10 bis 30 Prozent geschätzt. Dies trifft zunehmend auch auf Immobilien außerhalb der Ballungsräume zu. Entsprechend könnte die Werthaltigkeit von Kreditsicherheiten überschätzt werden. Ein hoher Anteil von lang laufenden Krediten und Kapitalanlagen macht das deutsche Finanzsystem verwundbar gegenüber Zinsänderungsrisiken. Beispielsweise hat rund die Hälfte der Bankkredite für Wohnimmobilien eine Zinsbindungsfrist von mehr als zehn Jahren.
Begrenzte Verwundbarkeit gegenüber klimabezogenen Transitionsrisiken
Das deutsche Finanzsystem scheint nur moderat verwundbar gegenüber Risiken zu sein, die sich aus einer höheren Besteuerung fossiler Energieträger auf dem Weg zu einer klimafreundlichen Wirtschaft ergeben. In einer Szenarioanalyse der Bundesbank wurde unterstellt, dass die globale Klimapolitik das 1,5°C-Ziel des Pariser Klimaabkommens verfolgt, der CO2-Preis erhöht und Klimaneutralität bis zum Jahr 2050 erreicht wird. Eine solche Erhöhung des CO2-Preises führt zu Neubewertungen von Finanzanlagen. Insgesamt liegen die hieraus folgenden Auswirkungen auf die Portfolios von Banken, Versicherern und Investmentfonds im einstelligen Prozentbereich. Sie sind relativ gering, da die meisten Anlagen Laufzeiten von weniger als zehn Jahren haben. Es besteht jedoch kein Grund zur Entwarnung, da insbesondere physische Risiken nicht betrachtet wurden und die Modellierung von Klimarisiken mit Unsicherheiten behaftet ist. Ein zielgerichtetes und glaubwürdiges Handeln im Klimaschutz mindert die Risiken für das Finanzsystem aus dem Übergang zu einer klimafreundlichen Wirtschaft. Die Offenlegung der CO2-Emissionen von Unternehmen würde maßgeblich dazu beitragen, Risiken besser einschätzen zu können.