Colliers hat die Investmentjahrgänge 2018 bis 2021 des deutschen Marktes für Gewerbeimmobilien analysiert und auf dieser Basis eine Fremdkapitallücke für anstehende Refinanzierungen von 28 Milliarden Euro bis zum Jahr 2030 ermittelt. In Summe liegt die Fremdkapitallücke, die in den Jahren 2023 bis 2030 entstehen wird, bei rund 14 Prozent des 2018 bis 2021 investierten Kapitals.
Im Bürosegment sind es 17 Prozent, bei Highstreet-Retail-Investments sind es satte 29 Prozent. Die Kapitallücke bedeutet spürbaren Gegenwind für den Transaktionsmarkt, da Eigenkapital, das zur Refinanzierung eingesetzt werden muss, für Neuanlagen fehlen wird. In Folge wird sich das jährliche Transaktionsvolumen je nach Marktaktivität um 5-15 Prozent reduzieren. Gut zwei Drittel, in Summe rund 19 Milliarden Euro, der Finanzierungslücke werden sich bereits bis zum Jahr 2026 auftun.
„In den Jahren 2018 bis 2021 gab es auf dem deutschen Gewerbeimmobilienmarkt Transaktionsvolumina auf Rekordniveaus. Diese Transaktionen wurden aufgrund des damaligen Niedrigzinsumfelds in vielen Fällen mit hohen Fremdkapitalquoten finanziert, um die Gesamterträge zu verbessern. Bei marktüblichen Laufzeiten der Finanzierungen von fünf bis zehn Jahren werden viele dieser Finanzierungen in den kommenden Jahren auslaufen. Die Refinanzierungen erfolgen dann in einem Marktumfeld mit veränderten Rahmenbedingungen. So ist die große Fremdkapitallücke bis 2030 zu erklären“, sagt Tobias Dichtl, Co-Head of Market Intelligence & Foresight bei Colliers in Deutschland.
Bürofinanzierung hat den größten Einfluss
Bei Betrachtung der einzelnen Sektoren stechen der Büro- und der High Street-Einzelhandelsmarkt hervor. Auf den Büromarkt entfällt ein Großteil von rund 21 Milliarden Euro der Fremdkapitallücke, was auf den hohen Anteil am Transaktionsvolumen in den Jahren 2018-2021 sowie stärkere Wertkorrekturen zurückzuführen ist. Die hohen Fremdkapitallücken können neben Herausforderungen bei der Refinanzierung auch negative Auswirkungen auf das Asset Management haben, wenn ursprünglich für CapEx-Maßnahmen verplantes Kapital für die Refinanzierung genutzt werden muss.
Keine marktweite Bedrohung für den Investmentmarkt
Das Segment Highstreet Retail steht im Gegensatz zum Büromarkt schon seit mehreren Jahren unter Druck und weist eine Fremdkapitallücke von etwa 4 Milliarden Euro bis 2030 auf. In vielen Fällen dürften die aktuellen Verkehrswerte nahe oder bereits unter den ursprünglichen Fremdkapitalvolumina liegen. Dementsprechend tun sich in diesem Sektor große Lücken bei der Refinanzierung auf und die Risiken für Notverkäufe sind vergleichsweise hoch. In den weiteren Sektoren bewegen sich die Fremdkapitallücken auf einem moderaten Niveau und sollten keinen relevanten Einfluss auf den Transaktionsmarkt haben. Die Refinanzierungslücken bis 2030 liegen bei 1,2 Milliarden Euro für Logistik, 1 Milliarde Euro für Hotel und 0,7 Milliarden Euro für Fach- und Supermärkte.
„Die aktuell aufkommende Refinanzierungslücke auf dem deutschen Gewerbeimmobilienmarkt stellt insgesamt keine marktweite Bedrohung für das Investmentgeschäft dar. Sie ist aber ein wichtiger Faktor, der bei An- und Verkaufsplänen in den kommenden Jahren verstärkt berücksichtigt werden sollte. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass sich aus den Refinanzierungslücken am gesamten Markt diverse Opportunitäten für eigenkapitalstarke Investoren ergeben“, sagt Matthias Leube, CEO von Colliers in Deutschland.