Markt Bautätigkeit Baustelle Paar Diagramm Dachstuhl Rohbau (Copyright: istock.com/Chris Ryan)

BFW BaWü kritisiert fehlende Konzepte der Landesregierung

Strategiedialog brachte bisher keine brauchbaren Vorschläge der Politik

Mit deutlicher Kritik reagierte der Vorstandsvorsitzende des BFW Landesverband Freier Immobilien und Wohnungsunternehmen Baden-Württemberg, Dirk Graf, beim Neujahrsempfang seines Verbandes in Stuttgart auf die Wohnungspolitik der baden-württembergischen Landesregierung. „Die Regierung von Grünen und CDU hat bislang unzureichend auf die Krise im Wohnungsneubau reagiert. Der Strategiedialog und der Krisengipfel des Bauministeriums Baden-Württemberg waren wichtig, haben aber keine neuen Impulse für neue Wohnungen in der aktuellen Situation gebracht.“ Dafür seien vor allem drei Gründe verantwortlich, so Graf.

Erstens sei der Haus- und Wohnungsneubau für private Investoren zu teuer und nicht mehr lukrativ. Zweitens bremse die Politik in Bund und Land private Investoren weiterhin aus. Und drittens erschwerten unveränderte Forderungen vieler Kommunen gegenüber Investoren den Neubau zusätzlich.

Erstens: Private investieren nicht mehr in den Wohnungsneubau

Private Haushalte hätten 2021 und 2022 in Baden-Württemberg 62 Prozent der Investitionen in den Wohnungsneubau gestemmt und Millionen investiert. Diese Haushalte seien für den Wohnungsbau unverzichtbar. Mit steigenden Zinsen haben vermögende Haushalte aber auch andere Finanzanlagemöglichkeiten. Sie müssten nicht in den Wohnungsbau investieren. „Für diese Gruppe der privaten Haushalte muss die Politik Investitionen in den Wohnungsneubau wieder attraktiv machen“, betonte Graf.

Anstatt eine Eigentumswohnung zu erwerben, blieben diese meist einkommensstarken Haushalte in ihren Mietwohnungen oder suchten sich neue größere Mietwohnungen. Damit belasteten sie den ohnehin schon angespannten Mietwohnungsmarkt zusätzlich.

„Wir fordern daher von der Politik, dass sie nicht nur den sozial geförderten Wohnungsbau in ihren Fokus nimmt. Wir brauchen steuerliche Anreize für Investoren, wie die degressive Sonder-AfA, um private Investitionen in den Mietwohnungsneubau zu ermöglichen. Wir brauchen aber auch Anreize für Selbstnutzer, wie eine steuerliche Berücksichtigung der Finanzierungskosten. Damit wird der Selbstnutzer mit dem gewerblichen Vermieter gleichgestellt, denn der soziale Wohnungsneubau funktioniert nur, wenn das Gesamtpaket stimmt. Sozialer Wohnungsbau entsteht nur dort, wo auch freifinanzierter Wohnungsbau zu wirtschaftlichen Bedingungen möglich ist“, ergänzte Gerald Lipka, Geschäftsführer des BFW Baden-Württemberg.

Es sei notwendig, jungen Familien zu helfen, möglichst frühzeitig die Eigenkapitalhürde zu nehmen. Das Land könne über eigenkapitalersetzende oder ergänzende Bürgschaften der L-Bank nachdenken. Schon wiederholt habe der BFW Baden-Württemberg eine Absenkung der Grunderwerbsteuer ins Gespräch gebracht. Auf Bundesebene könnten die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, Ersterwerber oder gezielt den Neubau von der Grunderwerbsteuer ganz oder teilweise zu befreien. Davon würde auch das Land selbst profitieren. „Denn fünf Prozent Grunderwerbsteuer sind bei Null Euro Umsatz immer noch Null Euro Einnahmen“, gab Graf zu bedenken.

Zweitens: Politik in Bund und Land bremst private Investitionen aus

Leider hätten Bund und Land diese Vorschläge nicht aufgegriffen. Deshalb könnten Bauträger und Projektentwickler unter den bestehenden politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen immer weniger Neubauprojekte beginnen. Dies bedrohe ihre Liquidität und damit ihre Existenz. „Gehen weitere Unternehmen in die Insolvenz oder bauen Handwerk und Industrie weiter Personal ab, dann geht Manpower und Know-how dauerhaft verloren. Dann können wir die Wohnungen, die gebraucht werden, wegen der fehlenden Kapazitäten auch künftig nicht mehr bauen“, befürchtete Lipka.

Auch der Vorstandsvorsitzende wies auf mögliche soziale Probleme hin. „Schaffen es die demokratischen Parteien nicht, schnell mit klaren Strategien zu reagieren, so befürchten wir, dass davon die politischen Extreme profitieren“, so Graf. Denn noch immer steige die Nachfrage nach Wohnraum. Ohne Neubau könne der zusätzliche Bedarf aber nicht gedeckt werden. Es drohten massive gesellschaftliche Konflikte um Wohnraum. Dem müsse die Politik endlich entgegenwirken.

Drittens: Kommunen behandeln Bauprojekte wie zu Zeiten der Hochkonjunktur

Auf kommunaler Ebene seien die politischen Konstellationen sehr unterschiedlich. Fast überall würden jedoch nach wie vor preistreibende städtebauliche Verträge oder Konzepte aus der Zeit der Hochkonjunktur unverändert angewandt, auch wenn sich die konjunkturelle Lage grundlegend verändert habe.

Auch überzogene Quoten sozial geförderten Wohnungsbaus machten den Wohnungsneubau in vielen Fällen unwirtschaftlich. Denn meist sei eine Quersubventionierung durch den freifinanzierten Wohnungsbau am Markt nicht mehr durchsetzbar. Wenn Baurecht an Infrastrukturmaßnahmen geknüpft werde, wie beispielsweise den Bau einer Kita, müssten diese Kosten durch das Bauprojekt mitfinanziert werden. „Dies ist in deutlich schlechteren konjunkturellen Zeiten nicht mehr wirtschaftlich darstellbar,“ bedauerte Graf. Gerald Lipka erinnerte daran, dass der BFW diese Entwicklungen schon 2022 vorhergesagt habe, dass jedoch konkrete Maßnahmen weder durch Bund, Land oder Kommunen ergriffen worden seien.

Dennoch gaben sich beide hoffnungsvoll. „Wir sehen die Herausforderungen, die das Jahr 2024 für uns alle bringen wird, aber wir bleiben zuversichtlich, dass wir mit klugen unternehmerischen Entscheidungen und vielleicht auch mit politischer Unterstützung ein weiteres schwieriges Jahr meistern werden“, schlossen der Vorstandsvorsitzende Graf sowie Geschäftsführer Lipka.

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