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Bautätigkeit nimmt weltweit weiter leicht zu, Europa bleibt jedoch zurück

Die Ergebnisse des RICS Global Construction Monitor (GCM) für das zweite Quartal 2023 zeigen weiterhin eine leichte Zunahme der Bautätigkeit. An der Spitze steht nach wie vor der Bereich Infrastruktur, der in den meisten Ländern ein solides Wachstum verzeichnet. Demgegenüber zeigen sich die Bauaktivitäten im Wohn- und Gewerbebereich weltweit unterschiedlich. Die Kreditkonditionen haben sich weltweit verschlechtert, und die Befragten rechnen mit einer weiteren Verschärfung der Kreditvergabe in den nächsten drei Monaten, was die Aktivität zweifellos beeinträchtigt.

Der weltweite Bautätigkeitsindex (CAI) verzeichnete im zweiten Quartal einen Wert von +14,
der sich gegenüber dem Wert von +15 in der letzten Erhebung kaum verändert hat. Damit
deutet diese Kennzahl auf ein allgemein stetiges Wachstum der Bautätigkeit hin. Auf
regionaler Ebene zählen der Nahe Osten und Afrika (MEA) weiterhin zu den stärksten
Regionen weltweit, wobei der jüngste CAI-Wert von +25 identisch mit dem in den letzten
beiden Quartalen verzeichneten Wert ist. Parallel dazu hat sich der CAI in Nord-, Mittel- und
Südamerika im zweiten Quartal etwas weiter in den expansiven Bereich bewegt und ist von

+18 auf +23 gestiegen. Dennoch ist die Dynamik in der gesamten Region immer noch
deutlich schwächer als in der Anfangsphase des letzten Jahres. Für die Region APAC
bedeutet der jüngste CAI-Wert von +15 zwar immer noch einen allgemeinen
Produktionsanstieg, aber eine leichte Abschwächung gegenüber dem Wert des letzten
Quartals von +23. Während der Infrastrukturbereich sich weiterhin relativ lebhaft zeigt,
verschlechtern sich die Bedingungen im Bereich Wohnungs- und Gewerbeimmobilien. In
ganz Europa stagniert der CAI weiterhin, wobei der aktuelle Wert von -1 (-4 in Q1) das vierte
Quartal in Folge ist unter null liegt.
Eine Reihe größerer europäischer Märkte wiesen im zweiten Quartal entweder stagnierende
oder negative CAI-Zahlen auf. Dazu gehören Großbritannien, Deutschland, Frankreich,
Italien, Spanien und die Niederlande. In den meisten Fällen ging die Bautätigkeit im
Wohnungsbau deutlich zurück und stagniere im Bereich Gewerbeimmobilien. Dies spiegelt
sich auch in den gedämpften Zwölfmonatserwartungen außerhalb des Infrastruktursektors in
Europa wider.
Im Gegensatz dazu verzeichnen die Märkte im Nahen Osten, wie Saudi-Arabien, Vereinigte
Arabische Emirate und Oman eine steigende Bautätigkeit über alle Sektoren hinweg, was zu
besonders robusten CAI-Werten geführt hat. In der APAC-Region ist in Indien die stärkste
Dynamik zu sehen. Der aktuelle CAI-Wert von +59 ist demnach der positivste seit
Einführung der Erhebung im Jahr 2018. In China hat sich hingegen die Bautätigkeit
abgeschwächt, so dass der CAI von +10 auf -10 abrutschte.
Beschäftigtenzahl im Baugewerbe wird weltweit voraussichtlich weiterhin steigen
Der weltweite Nettosaldo von +2 % zeigt, dass die Zahl der Beschäftigten im Großen und
Ganzen stabil war. Die Befragten gehen weiterhin davon aus, dass das
Beschäftigungsniveau für das kommende Jahr einen Anstieg verzeichnen wird, hier lag der
Nettosaldo bei +23 % ähnlich wie im ersten Quartal mit +24 %. Auf Länderebene betrachtet
zeigt sich, dass Saudi-Arabien und Indien die stärksten Erwartungen bei der
Beschäftigtenzahl für das kommende Jahr aufweisen, wobei 78 % bzw. 75 % der Befragten
einen Anstieg des Personalbestandes erwarten. Im Gegensatz dazu erwarten die Befragten
in Italien, Sri Lanka, Katar, Ägypten und China in den nächsten zwölf Monaten einen
Rückgang der Beschäftigten. Dennoch ist das regionale Gesamtbild der
Beschäftigungserwartungen positiv.

Materialkosten bleiben akute Herausforderung, obwohl Druck etwas nachlässt
Die Materialkosten sind nach wie vor das am häufigsten genannte Hindernis, das die
Bautätigkeit auf globaler Ebene einschränkt. Allerdings ist der Anteil von 75 % auf 71 %
gesunken und ging somit in jedem der letzten fünf Quartale von einem Höchststand von 91
% zurück. Auch wenn die Prognosen für die Materialkosteninflation für das kommende Jahr
zwar weiterhin hoch bleiben, wurden sie in allen Weltregionen im Vergleich zu Anfang des
Jahres weiter reduziert. Insgesamt wird von 5 % erwartet, dass die Baukosten weltweit in
den nächsten zwölf Monaten steigen, der geringste Wert seit dem vierten Quartal 2020.
Europa: Bedingungen bleiben in vielen Ländern schwierig / Infrastrukturbereich
erneut ein Lichtblick
Die aktuellen Ergebnisse in Europa zeigen eine Bautätigkeit, die um Dynamik, mit
steigenden Materialkosten und einem sich verschlechternden Kreditumfeld kämpft. Beim
Ausblick für die kommenden 12 Monate zeigt sich ein ähnlich gedämpftes Bild mit
Ausnahme des Infrastrukturbereiches, in dem die Befragten ein anhaltendes Wachstum der
Aktivitäten auf europäischen Ebene erwarten.
Bautätigkeitsindex stagniert
Europaweit verzeichnet der Index für die Bautätigkeit einen Wert von -1 (Q1: -4). Damit zeigt
dieser Wert einen flachen Trend in der Bautätigkeit, eine Tendenz, die bereits in den letzten
drei Quartalen zu beobachten war. Auf nationaler Ebene verzeichnen Deutschland (von -14
auf -18), die Niederlande und Italien einen Rückgang sowie Frankreich, Großbritannien und
Spanien ein weitgehend stagnierendes Umfeld. Im Gegensatz dazu stieg der CAI in Irland
auf +24 nach einem bereits positiven Wert von +18 im letzten Quartal.

In Europa verzeichnete der Infrastrukturbereich mit einem Nettosaldo von +19 % der
Befragten einen Anstieg der Bautätigkeit, was sich auch in den meisten Ländern
widerspiegelte. Im Gegensatz dazu sank ist die Bautätigkeit im Wohnungsbau in Märkten
wie Frankreich, Deutschland (von -25 % auf -33 %), den Niederlanden und Großbritannien,
da steigende Zinssätze die Aussichten den Verkauf und die Preise belasten. Die Bautätigkeit
von Gewerbeimmobilien in Deutschland und den Niederlanden zeigt einen ähnlich
gedämpften Trend mit Nettosalden von -14 % (Q1: +12 %) bzw. -25 %. Im Frankreich und
Großbritannien blieb die Wohnungsbautätigkeit konstant, in Italien wurde sogar ein
bescheidener Anstieg verzeichnet. Auch hier stach Irland heraus, der einzige europäische
Markt, in dem die in dem die Bautätigkeit in allen Sektoren anstieg.
Ausblick angesichts des makroökonomischen Gegenwinds weiterhin gedämpft
Die Zwölfmonatserwartungen in Europa zeigen mit Nettosalden von -4 % und -5 % für die
Bautätigkeit im Bereich Wohnen und Gewerbe ein weitgehend stagnierendes Bild. Dagegen
bleiben die Aussichten für den Bereich Infrastruktur/öffentliche Bauten mit einem Nettosaldo
von +15 % positiv. In Deutschland zeigt sich ein negativeres Bild mit Nettosalden von -60 %
(Q1: -59 %) beim Wohnungsbau, -25 % (Q1: -15 %) im Gewerbebau und 0 % (Q1: +32 %)
im Bereich Infrastruktur/öffentliche Bauten.
Ein Nettosaldo von +5 % erwartet in den nächsten 12 Monaten europaweit einen
gleichbleibenden bis leicht positiven Ausblick für den Personalbestand. In Deutschland liegt
der Nettosaldo sogar bei +10 % (Q1: -9%). 68 % der Befragten in Europa und 67 % in
Deutschland bezeichnen die Materialkosten als Hemmnis für die Marktaktivität. Bei der
Entwicklung der Gewinnspannen im kommenden Jahr geht in Europa ein Nettosaldo von -11
% von einem weiteren Druck aus, auch wenn der Wert etwas weniger negativ ausfällt als in
Q1 mit -17 %. Für Deutschland geht hier ein Nettosaldo von -20 % von einem weiteren
Druck auf den Profit aus (Q1: -36 %).
Fazit: Europa schwächelt weiter bei der Bautätigkeit
Susanne Eickermann-Riepe FRICS, Vorsitzende des RICS European World Regional
Board (EWRB): „Global zeigt sich eine stabile Bautätigkeit, getrieben durch
Infrastrukturmaßnahmen in vielen Teilen der Welt. Im Gegensatz dazu zeigt sich Europa mit
einem sehr flachen Trend, der den negativen Bereich noch nicht verlassen hat. Der Ausblick
bleibt angesichts des makroökonomischen Umfelds gedämpft.“

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